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Ukraine-Invasion, Tag 1379: Rubikon-Einheit hebt Russlands Drohnenkrieg auf neues Niveau
Merz und Macron warnen Selenskyj offenbar vor möglichem US-Verrat, die EU legt Plan für eingefrorenes russisches Vermögen vor, 51 Prozent der Europäer sehen hohes Kriegsrisiko mit Russland. Der Überblick.
Stand:
Russland hat seine frühe Unterlegenheit im Drohnenkrieg offenbar überwunden – mit potenziell dramatischen Folgen für die ukrainische Front.
Der „Kyiv Independent“ berichtet über eine besorgniserregende Entwicklung: Im August 2024 schuf Verteidigungsminister Andrej Belousow das „Zentrum für fortgeschrittene unbemannte Technologien“ – genannt Rubikon. Die Einheit hat freiwillige Drohnenverbände wie „Judgement Day“ in ein zentralisiertes, professionelles System integriert, so der Bericht.
Rubikon spezialisiert sich darauf, ukrainische Drohnen abzuschießen und gezielt die Piloten selbst zu jagen. Mit starken Signalaufklärungsfähigkeiten lokalisiert die Einheit ukrainische Drohnen und zerstört in manchen Gebieten bis zu 70 Prozent der Stellungen. Bei den Zahlen beruft sich der „Kyiv Independent“ auf das Foreign Policy Research Institute.
Die technischen Details sind ernüchternd: Die Molniya-Drohne, weitgehend aus Sperrholz gefertigt, trägt sieben Kilogramm Nutzlast über 30 Kilometer hinter die Frontlinien und trifft dort Versorgungsrouten. Ukrainische Einheiten berichten von massivem Druck auf Versorgungslinien und Fahrzeuge bis zu 15 Kilometer hinter der Front.
Moskau ging nun noch einen Schritt weiter und gründete eigene „Streitkräfte für unbemannte Systeme“ als neue Teilstreitkraft. Militärexperte Samuel Bendett vom Center for a New American Security, einem Washingtoner Thinktank, nennt diese Professionalisierung „sehr gefährlich“.
Was hier geschieht, ist mehr als eine taktische Anpassung. Russland kopiert systematisch ukrainische Innovationen – und skaliert sie mit industrieller Macht. Für die Ukraine, die zu Kriegsbeginn durch improvisierte Drohnen-Innovationen punktete, schwindet der frühe Vorsprung. Während an Verhandlungstischen über Territorien und Nato-Beitritte gesprochen wird, verändert sich auf dem Schlachtfeld die Balance – mit direkten Folgen für Kiews Verhandlungsposition.
Die wichtigsten Nachrichten des Tages
- Europäische Staats- und Regierungschefs misstrauen den USA in den Friedensgesprächen mit Russland und der Ukraine offenbar. Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sollen in einer Telefonschalte mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj davor gewarnt haben, dass die USA die Ukraine und Europa hintergehen könnten. Mehr dazu hier.
- Die EU treibt den Plan für die Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine voran. Nun liegt dafür ein konkreter Vorschlag vor, den Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch in Brüssel vorgestellt hat. Mehr dazu.
- Der russische Präsident Wladimir Putin trägt einer Untersuchung zufolge die „moralische Verantwortung“ für den Tod der Britin Dawn Sturgess nach einem Anschlag mit dem Nervengift Nowitschok. Als Reaktion sanktionierte die britische Regierung am Mittag den russischen Militärgeheimdienst Gru. Mehr dazu.
- Zahlreiche Menschen in Europa sehen ein erhöhtes Risiko eines Krieges mit Russland in den kommenden Jahren. Nach einer Umfrage in neun Ländern schätzen 51 Prozent der Befragten das Risiko, dass Russland in den kommenden Jahren Krieg gegen ihr Land führen könnte, als hoch oder sehr hoch ein. Mehr dazu in unserem Newsblog.
- Russland zeigt nach Ansicht von Außenminister Johann Wadephul (CDU) bei den laufenden Ukraine-Gesprächen „keinerlei ernsthafte Absichten, seinen Angriffskrieg zu beenden“. Vielmehr sei das Gegenteil der Fall, sagte Wadephul am Donnerstag beim Ministerratstreffen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien.
- Das ukrainische Militär weist Informationen zurück, wonach russische Truppen das Dorf Dobropillja im Süden unter ihre Kontrolle gebracht hätten. Das Dorf liegt in der Nähe eines Frontabschnitts, an dem die russischen Streitkräfte kürzlich vorgerückt sind.
- Die Luftwaffe hat zum verstärkten Schutz der Nato-Ostflanke Kampfflugzeuge nach Polen verlegt. Vom Fliegerhorst Nörvenich aus starteten mehrere Eurofighter mit Kurs auf den polnischen Militärflugplatz Malbork, wie die Luftwaffe mitteilte.
- Die ukrainischen Truppen halten nach Angaben ihres Armeechefs Olexandr Syrskyj noch immer ihre Stellungen im Norden der erbittert umkämpften Stadt Pokrowsk im Osten des Landes. „Die Schlacht geht weiter. Ukrainische Einheiten halten weiterhin den nördlichen Teil von Pokrowsk“, teilt Syrskyj auf Facebook mit.
- Der jüngste „taktische Durchbruch“ der russischen Streitkräfte bei Huljajpole ist laut dem Institute for the Study of War (ISW) nicht auf einen unerwarteten Zusammenbruch der ukrainischen Verteidigung zurückzuführen, sondern auf eine langfristige Konzentration großer Truppenkontingente im Gebiet.
- Wegen seines Kampfeinsatzes an der Seite der ukrainischen Armee ist ein Tscheche von der russischen Justiz zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Der Mann, der auch die vietnamesische Staatsbürgerschaft hat, sei wegen „Söldnertums“ schuldig gesprochen worden, teilte das Gericht in der von Russland besetzten Region Luhansk am Mittwoch mit.
Hintergrund und Analyse
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