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Russische Soldaten in der Region Donezk

© Reuters/Alexander Ermochenko

Ukraine-Invasion, Tag 832: Wo Russland im Schatten der Charkiw-Offensive die größten Fortschritte macht

Macron verspricht Kiew Mirage-Kampfjets, Biden kündigt neue US-Militärhilfen an, EU könnte noch im Juni Beitrittsgespräche mit der Ukraine aufnehmen. Der Überblick am Abend.

Stand:

Der Fokus liegt im Ukraine-Krieg derzeit auf der Region Charkiw, wo Russland eine Offensive gestartet hat, aber nur langsam vorankommt. Das vorrangige Ziel Moskaus bleibt allerdings die Eroberung der Ostukraine, die der Kreml zynisch „Befreiung“ nennt. Und dort ist es auch, wo Putins Truppen weiterhin die größten Fortschritte machen.

Experten mutmaßten von Beginn an, dass die Offensive im Nordosten vor allem dazu dient, ukrainische Truppen dort zu bündeln und dadurch mehr Freiräume an der Front bei Awdijiwka im Donbass zu haben. Das war zum Teil auch erfolgreich.

Wie „Kyiv Independent“ und die „New York Times“ berichten, ist es der russischen Armee in den vergangenen Wochen gelungen, mehr als ein Dutzend Ortschaften einzunehmen.

Das führt so weit, dass sich Moskaus Truppen der bedeutenden Stadt Tschassiw Jar nahe Bachmut nähern. Sie sind offenbar darauf aus, die Stadt einzukreisen und eine Versorgungsroute – die Autobahn T0504 – zu unterbrechen, die die Ukrainer dringend benötigen.

Schon jetzt stehen die ukrainischen Einheiten vor dem Problem, dass die Frontlinie länger wird und die Zahl der Soldaten sinkt – wodurch die einzelnen Stellungen ausgedünnt werden. „Bislang scheint es nicht so, als ob die Russen Kapital daraus schlagen können. Aber sie haben weiterhin Reserven in der Hinterhand“, sagt ein ukrainischer Soldat zu „Kyiv Independent“.

Der Soldat und seine Kameraden fürchten, dass die russische Armee die Grenzdörfer um Tschassiw Jahr erobern, die Stadt erreichen – und dann weit in die Region Donezk vorstoßen. Die Ukrainer äußern sich nicht gerade zuversichtlich, wenn es um die Verteidigung der russischen Angriffe in der Ostukraine in den kommenden Monaten geht.

Der US-Militärexperte Rob Lee geht davon aus, dass entscheidend sein wird, ob die Ukrainer die Unterzahl hinsichtlich der Truppen kompensieren können – und ob die Russen ihre Ressourcen in naher Zukunft weiter bündeln. „Wir haben eine sehr hohe Anzahl an Panzern und anderen gepanzerten Fahrzeugen an der Awdijiwka-Front gesehen seit Oktober“, sagt Lee zur „New York Times“. „Und die Verlustrate wird auf lange Sicht vermutlich nicht nachhaltig sein.“

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick

  • Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat der Ukraine Mirage-Kampfjets zugesagt. Wie viele Jets des Typs Mirage 2000-5 Frankreich dem von Russland angegriffenen Land überlassen werde, teilte Macron zunächst nicht mit. Man sei dabei, eine Koalition mit Partnern zu bilden. Mehr dazu hier.
  • US-Präsident Joe Biden hat sich beim ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj für den monatelangen Stopp von Waffenlieferungen aus den USA entschuldigt. Biden kündigte zudem ein neues Militärpaket für Kiew im Umfang von 225 Millionen Dollar (rund 208 Millionen Euro) an. Mehr dazu hier.
  • Selenskyj hat den Abwehrkampf der Ukraine gegen die russischen Invasoren bei einer Rede im französischen Parlament in Paris mit dem Kampf der Alliierten gegen die Nazis im Zweiten Weltkrieg gleichgesetztMehr dazu im Newsblog.
  • Die Europäische Kommission wird der EU offenbar empfehlen, die Beitrittsgespräche mit der Ukraine noch im Juni aufzunehmen. Das berichtet die britische „Financial Times“ (FT) am Freitag. Der Grund: Am 1. Juli wird Ungarn die rotierende EU-Ratspräsidentschaft übernehmen. Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Präsident Selenskyj wird am kommenden Dienstag während seines Aufenthaltes in Berlin eine Rede im Bundestag halten. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Parlamentskreisen. Selenskyj kommt zur zweitägigen Ukraine-Wiederaufbaukonferenz am Dienstag und Mittwoch in Berlin. Mehr dazu hier.
  • Der ukrainische Militärgeheimdienst hat nach eigenen Angaben vor der Küste der von Russland annektierten Halbinsel Krim einen russischen Schlepper zerstört. Der GUR teilte mit, eine Spezialeinheit habe den Angriffsschlepper erfolgreich getroffen. Mehr dazu hier.
  • Bei einem ukrainischen Luftangriff in der von Moskau annektierten Region Luhansk sind russischen Angaben zufolge am Freitag drei Menschen getötet worden. Ein Wohngebäude in der gleichnamigen Regionalhauptstadt sei nach einem Angriff teilweise eingestürzt, erklärte das russische Ministerium für Katastrophenschutz im Onlinedienst Telegram.
  • Angesichts der verstärkten Kämpfe in der ostukrainischen Region Donezk haben ukrainische Behörden angeordnet, Kinder und ihre Eltern oder Betreuer aus mehreren Städten und Ortschaften verlegen zu lassen. Der Gouverneur von Donezk, Wadim Filaschkin, nannte unter anderem die Kleinstadt Lyman, das Dorf Prohres und weitere Ortschaften nahe der Front.
  • Der russische Präsident Wladimir Putin will sein Land wirtschaftlich zunehmend unabhängiger vom Westen machen. Russland müsse seine Importe verringern, im Handelsverkehr verstärkt nichtwestliche Währungen nutzen und die inländischen Finanzmärkte deutlich ausweiten, sagte Putin am Freitag auf dem internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg.

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