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„Wie Fake-News aufgezogen“: Russland weist Vorwürfe zu Anschlagsplänen auf Rheinmetall-Chef Papperger zurück
US-Geheimdienste sollen russische Mordpläne gegen den Rheinmetall-Chef aufgedeckt haben. Der Kreml reagiert kurz und knapp. Deutsche Politiker fordern harte Konsequenzen.
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Der US-Medienbericht über angebliche russische Anschlagspläne gegen Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat große Empörung ausgelöst. Der Kreml wies den Vorwurf eines russischen Mordkomplotts am Freitag zurück. „Solche Berichte können nicht ernst genommen werden“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau. „Das ist im Stil von Fake-News aufgezogen.“
Peskow war nach einem Bericht des US-Senders CNN gefragt worden, der sich auf westliche Behördenkreise berief. Demnach sollen die USA und Deutschland einen russischen Mordanschlag auf Papperger vereitelt haben. Der Rüstungskonzern Rheinmetall ist ein wichtiger Waffenproduzent für die Ukraine.
Das Putin-Regime trachtet nun auch deutschen Staatsbürgern nach dem Leben.
Marcus Faber (FDP), Vorsitzender des Verteidigungsausschusses
Der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marcus Faber (FDP), hat zuvor der „Bild“-Zeitung gesagt. „Es zeigt sich einmal mehr, dass Russland seinen Krieg und seinen Terror auch nach Europa trägt. Das Putin-Regime trachtet nun auch deutschen Staatsbürgern nach dem Leben.“
„Sollten Informationen darüber vorliegen, welche russischen Stellen in den Anschlagsplan verwickelt waren, müssen Ausweisungen von Diplomaten und gegebenenfalls die Ausstellung von internationalen Haftbefehlen folgen“, forderte Faber.
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), sagte dem Blatt, Kremlchef Wladimir Putin führe „nicht nur einen Vernichtungskrieg gegen die Ukraine, sondern auch gegen ihre Unterstützer und unsere Werte“. Die deutsche Antwort müsse „die Härte des demokratischen Rechtsstaates“ sein.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wollte sich beim Nato-Gipfel in Washington nicht im Einzelnen zu dem CNN-Bericht äußern. Es sei aber sehr genau bekannt, „dass wir uns auf vielfältige Weise Bedrohungen seitens russischer Aktivitäten ausgesetzt sehen und das auch sehr sorgfältig beachten“.
Papperger nach US-Warnung wohl besonders geschützt
US-Geheimdienste sollen laut CNN Anfang des Jahres Pläne der russischen Regierung zu Pappergers Ermordung aufgedeckt haben. Demnach wurde daraufhin die deutsche Seite informiert und der 61-Jährige in der Folge besonders geschützt.
Rheinmetall kommentierte den Bericht, der auch nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ zutrifft, nicht. „In regelmäßiger Abstimmung mit den Sicherheitsbehörden werden stets die erforderlichen Maßnahmen getroffen“, erklärte ein Unternehmenssprecher.
In der Vergangenheit gab es bereits einen Brandanschlag auf Pappergers Gartenlaube. Er soll schon seit längerem Personenschutz erhalten. Der Chef des Dax-Konzerns hat wiederholt mit deutlichen Worten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt.

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Rheinmetall ist einer der größten europäischen Lieferanten für Panzertechnik und Artilleriegeschosse für die Ukraine und nach eigener Darstellung der größte Hersteller von Artilleriemunition in der westlichen Welt. Im Juni hat Rheinmetall eine Reparaturwerkstatt für Schützenpanzer in der Westukraine eröffnet. Geplant ist auch die Produktion neuer Panzer.
Grünen-Sicherheitsexperte fordert hartes Durchgreifen
CNN beruft sich auf fünf mit der Situation vertraute Beamte aus den USA und anderen westlichen Staaten. Ein deutscher Regierungsbeamter bestätigte dem Sender demnach, dass man in Berlin entsprechende Warnungen aus den USA bekommen habe.
Der Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz fordert ein hartes Durchgreifen, falls sich der Bericht als wahr erweist. „Die Reaktion auf vergleichbare Vorfälle in der Vergangenheit waren oft zu zaghaft und unentschlossen“, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, das auch für die Geheimdienste zuständig ist, den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Bis heute wollen viele die Ernsthaftigkeit des Konflikts und die Entschlossenheit der anderen Seite nicht wahrhaben.
Grünen-Sicherheitsexperte Konstantin von Notz
„Bis heute wollen viele die Ernsthaftigkeit des Konflikts und die Entschlossenheit der anderen Seite nicht wahrhaben“, sagte von Notz mit Blick auf die russische Aggression. „Wir müssen verstehen, dass es sich längst nicht mehr um singuläre Vorfälle handelt, sondern unsere Demokratie und unser Rechtsstaat gezielt von verschiedenen autoritären Staaten ernsthaft bedroht und auch angegriffen werden.“
Auch andere Rüstungsmanager angeblich in Russlands Visier
Dem CNN-Bericht zufolge war das aufgedeckte Vorhaben Teil einer geplanten Mordanschlagsserie auf Führungskräfte von Rüstungskonzernen in ganz Europa, die mit ihren Waffen den ukrainischen Verteidigungskrieg gegen Russland unterstützen.
Der „Spiegel“ berichtete am Donnerstagabend unter Berufung auf Sicherheitskreise, westliche Nachrichtendienste hätten in den vergangenen Monaten auffällige Reisen mutmaßlicher Agenten beobachtet. Die Männer sollen demnach aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion stammen, mindestens einer aus Russland. Teils seien sie bereits im Schengen-Raum gewesen, teils hätten Einreisen bevorgestanden.
Unsere Reaktion darauf kann meines Erachtens nur eine verstärkte Unterstützung für die Ukraine sein.
CDU-Verteidigungsexpertin Serap Güler
Verdächtige seien sowohl in der Nähe der Rheinmetall-Zentrale als auch an Reisezielen von Papperger im Ausland festgestellt worden. Leitende Beamte mutmaßten dem „Spiegel“ zufolge, dass es sich um von Moskau angeheuerte Handlanger gehandelt haben könnte. Für Festnahmen hätten die Hinweise jedoch nicht gereicht.
Die CDU-Verteidigungsexpertin Serap Güler sagte der „Bild“: „Unsere Reaktion darauf kann meines Erachtens nur eine verstärkte Unterstützung für die Ukraine sein.“ Ihr Parteikollege Roderich Kiesewetter forderte ebenfalls Konsequenzen: „Wir müssen es sehr ernst nehmen und uns auch entsprechend wappnen“, sagte der Verteidigungspolitiker am Freitag im ZDF-„Morgenmagazin“.
„Es ist sehr wichtig, dass wir unsere Bevölkerung darauf vorbereiten, dass unser Land sich wehrt“, sagte Kiesewetter weiter. Kiesewetter sprach sich zudem für eine Stärkung der Nachrichtendienste aus. Konkret gehe es darum, „dass unsere Nachrichtendienste befähigt werden, besser aufzuklären“, sagte er. Sie müssten „auf Augenhöhe mit unseren Nachbarstaaten gebracht werden“.
Regierung will sich zu dem Vorfall im Einzelnen nicht äußern
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte am Rande des Nato-Gipfels in Washington, Russland führe einen „hybriden Angriffskrieg“. Es habe auch Anschläge auf Menschen auf europäischem Staatsgebiet gegeben sowie auf Fabriken. „Und das unterstreicht erneut, dass wir gemeinsam als Europäer uns bestmöglich schützen müssen und nicht naiv sein dürfen.“

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Konkret wollte sich die Bundesregierung nicht zu dem Bericht äußern. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums antwortete auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP: „Wir können den Bericht von CNN nicht kommentieren. Grundsätzlich gilt: Die Bundesregierung nimmt die Bedrohungen durch das russische Regime sehr ernst. Unsere Sicherheitsbehörden sind sehr wachsam und handeln entsprechend, in enger Zusammenarbeit mit unseren internationalen Partnern.“
Die Bundesregierung werde sich „durch die russischen Bedrohungen nicht einschüchtern lassen“, betonte der Ministeriumssprecher auch. Die Regierung werde „weiter alles daran setzen, mögliche Bedrohungen in Deutschland zu unterbinden“.
Stoltenberg spricht von einem „Muster“
Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats der USA, John Kirby, sagte Welt TV, dass Putin westliche Rüstungskonzerne für den Verlauf des Ukraine-Krieges mitverantwortlich mache – dabei könne ihn der Kremlchef selbst „morgen beenden“.
„Dies ist ein Mann, dessen eigene Verteidigungsindustrie stark erodiert ist, und der versucht, sie zu stärken“, sagte Kirby. Putin habe klargemacht, „dass die Unterstützung, die der Westen der Ukraine bietet, (...) allein dafür sorgen, dass der Krieg weitergeht.“

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Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte beim Gipfel der Allianz in Washington, es gebe ein „Muster“ in Russland, „feindliche Aktionen gegen Nato-Verbündete auszuführen“. Dazu zählten unter anderem Cyberangriffe und Giftanschläge. Im Einzelnen kommentierte er die CNN-Angaben nicht.
Bis 2026 will Rheinmetall seine jährliche Produktion von Artilleriegranaten auf 1,1 Millionen Schuss steigern, wie Papperger der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sagte. Vor dem russischen Krieg gegen die Ukraine waren es 70.000.
Papperger geht davon aus, dass der Krieg noch lange dauern kann. Dieser schade den Russen zwar auch. „Aber dauern kann er noch ewig, Russland hat seine Industrie komplett auf Kriegswirtschaft umgestellt“, sagte der Vorstandschef. (dpa/AFP)
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