
© REUTERS/KEVIN LAMARQUE
Wie mit Trump umgehen?: Die Araber machen es geschickter als die Europäer
Donald Trumps Gaza-Plan hat die arabische Welt geschockt. Doch durch Flexibilität und Pragmatismus wollen sie im Gespräch mit dem US-Präsidenten bleiben. Kann das funktionieren?
Stand:
Donald Trump hat nicht nur Europa verstört, sondern auch seine arabischen Verbündeten.
Sie lehnen Trumps Forderung ab, zwei Millionen Palästinenser aus dem Gaza-Streifen zu deportieren, beschlossen am Dienstag bei einem Gipfeltreffen der Arabischen Liga in Kairo einstimmig einen eigenen Gaza-Plan – und kommen Trumps Vorstellungen in einigen Details entgegen.
So sind zum Beispiel Einkaufszentren und Strandhotels für den heute durch den Krieg mit Israel weitgehend zerstörten Küstenstreifen vorgesehen.
Das zeigt: Pragmatisch halten sich die arabischen Staaten die Möglichkeit offen, mit Trump im Gespräch zu bleiben. Beim Umgang mit dem unberechenbaren US-Präsidenten haben sie den Europäern somit einiges voraus.
Der auf einer Vorlage von Gastgeber Ägypten basierende Plan zielt auf den Verbleib der Palästinenser in Gaza, den Wiederaufbau von Gebäuden und Infrastruktur in fünf Jahren sowie die Einsetzung einer Technokraten-Regierung vor einer späteren Machtübernahme der Palästinenser-Führung von Präsident Mahmud Abbas.
Woher soll das Geld für den Wiederaufbau kommen?
Die Hamas, die Gaza seit 2007 herrscht, ist demnach in einer neuen Verwaltung nicht mehr vertreten. Das Geld für den 53 Milliarden Dollar teuren Wiederaufbau soll in der Region und bei internationalen Geberkonferenzen eingesammelt werden. Vor dem Gipfel hatte es in Medienberichten geheißen, die reichen Golf-Staaten wollten 20 Milliarden beisteuern.
Zunächst sollen laut dem Plan in einer ersten Phase von sechs Monaten die Hauptdurchgangsstraßen in Gaza wieder benutzbar gemacht werden und Arbeiten zur Beseitigung von rund 50 Millionen Tonnen Schutt beginnen.

© AFP/-
In den anschließenden viereinhalb Jahren sollen 400.000 Wohnungen, Hafenanlagen, Hotels, Einkaufszentren, ein Technologie-Zentrum und ein Flughafen gebaut werden. Eine Friedenstruppe aus arabischen Ländern und UN-Soldaten könnte die Sicherheit in Gaza garantieren.
Der arabische Plan soll vor allem eines: Trump und Israel von der Massendeportation von Palästinensern abbringen und die Vision einer Zweistaatenlösung – einem friedlichen Nebeneinander von Israel und einem künftigen Palästinenserstaat – zumindest auf dem Papier erhalten.
Trump hatte gesagt, die USA wollten Gaza übernehmen und in eine „Riviera des Nahen Ostens“ ohne palästinensische Bevölkerung verwandeln.
Trumps radikale Abkehr von bisher gemeinsamen Grundsätzen habe die arabischen Staaten weniger überrascht als die Europäer, sagt Sebastian Sons, Experte für die Golf-Region bei der Bonner Denkfabrik Carpo. „Am Golf ist und war man auf Trump besser vorbereitet.“
Mit den vorgesehenen Strandhotels in Gaza und farbigen Darstellungen der Zukunft des Küstenstreifens, die mithilfe künstlicher Intelligenz entworfen wurden, orientiert sich der arabische Plan teilweise am Stil des US-Präsidenten. Das Weiße Haus reagierte zurückhaltend auf den arabischen Plan, erklärte sich aber zu Gesprächen bereit.
Die USA werden nicht mehr als der Partner wahrgenommen, der sie mal waren.
Sebastian Sons, Experte für die Golfregion
Die Araber hätten aus Trumps erster Amtszeit gelernt, glaubt Sons. Zu diesen Lehren gehöre, dass die Araber ihre Abhängigkeit von den USA reduzieren. Seit dessen erster Amtszeit „ist größerer Realismus eingekehrt“, sagt Sons. „Die USA werden nicht mehr als der Partner wahrgenommen, der sie mal waren.“
Amerika ist zwar nach wie vor beim militärischen Schutz der arabischen Staaten unverzichtbar; die USA haben Zehntausende Soldaten sowie starke Luftwaffen- und Marineverbände am Persischen Golf stationiert, um arabische Partner vor dem Iran zu schützen und die Schifffahrtsrouten des Welthandels offenzuhalten.
Trump demonstrierte zum Schrecken der Araber im Jahr 2019 jedoch, dass auf ihn nicht unbedingt Verlass ist. Damals blieben die USA untätig, als Ölanlagen in Saudi-Arabien von den iranisch unterstützten Huthi-Rebellen angegriffen wurden.
Saudi-Arabien reagierte, indem es seine Beziehungen zum Iran normalisierte, um Spannungen auch ohne die USA abbauen zu können.
Auf Distanz zum mächtigen Verbündeten
Diese Distanzierung ermöglicht es den Arabern heute, den USA in Gaza die Grenzen zu zeigen: Saudi-Arabien und andere US-Partner in der Region wiesen Trumps Deportations-Plan unmissverständlich zurück.
„Man ist aber auch offen, um mit Trump im Gespräch zu bleiben“, sagt Sons. „Dieser Pragmatismus ist etwas, was man am Golf sehr gut verstanden hat.“
Die arabischen Staaten wissen auch, dass Trump an Investitionen aus den reichen Golf-Staaten interessiert ist. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman verspricht Trump, er wolle 600 Milliarden Dollar in den USA anlegen.
Saudi-Arabien hat darüber noch einen politischen Hebel, den es im Umgang mit der US-Regierung ansetzen kann, wie Sons sagt: Trump strebt einen Friedensvertrag zwischen den Saudis und den Israelis an.
Thronfolger bin Salman ist grundsätzlich dafür, macht der US-Regierung aber deutlich, dass eine Aussöhnung mit Israel für ihn nur infrage kommt, wenn es eine Perspektive für die Gründung eines Palästinenser-Staates gibt. Trumps Partner am Golf verstehen etwas von Deals.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid:
- false