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Tiktok ist in den USA zum Streitfall geworden.

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Wird Tiktok in den USA verboten?: An diesem Freitag wird der Fall vor dem Obersten Gericht verhandelt

Schutz vor chinesischer Spionage oder Verletzung der Rede- und Meinungsfreiheit? Ein Gesetz zwingt Tiktok dazu, den Eigentümer zu wechseln. Auch Donald Trump findet das falsch.

Stand:

Für Amerikas Konservative ist dieser Fall ein Alptraum. Denn es stehen sich zwei Werte gegenüber, die ihnen, zumindest der Rhetorik nach, heilig sind. Da ist zum einen die Rede-, Meinungs- und Pressefreiheit, die von der Verfassung garantiert wird.

Da ist zum anderen die nationale Sicherheit, die Angst vor chinesischer Spionage und vor der Abschöpfung sensibler Daten amerikanischer Bürger. Wer soll in diesem Konflikt die Oberhand behalten? Showdown ist an diesem Freitag vor dem Obersten Verfassungsgericht.

Es geht um TikTok, eine äußerst populäre Kurzvideo-App, die zum chinesischen Mutterkonzern ByteDance gehört. Die Social-Media-Plattform hat nach eigenen Angaben 170 Millionen Nutzer allein in den USA. Bei vielen Abgeordneten im Kongress steht sie im Ruf, eine chinesische Spionagesoftware zu sein, die vor allem auf Amerikas Jugend einen zu großen Einfluss ausübt. Bei ihnen hat TikTok längst Instagram als erste Adresse überholt.

Es drohen hohe Strafen

Deshalb hatte das Repräsentantenhaus im März mit großer Mehrheit (360 zu 58) ein Gesetz verabschiedet, das ByteDance zwingen soll, seinen amerikanischen Ableger von TikTok zu verkaufen. Der Senat stimmte kurz darauf mit einer 80-19-Mehrheit zu, einen Tag später unterzeichnete Präsident Joe Biden das Gesetz.

170
Millionen Nutzer hat TikTok alleine in den USA

Falls ByteDance TikTok bis zum 19. Januar nicht verkauft, dürfen Anbieter wie Apple und Google sie nicht mehr in ihren App-Stores führen. Bei Verstößen drohen Strafen in Höhe von 5000 US-Dollar für jeden Nutzer, der weiterhin auf die App zugreifen kann.

Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit selbst versucht, TikTok zu verbieten, war aber an den Gerichten gescheitert. Seitdem hat er seine Meinung geändert. TikTok habe einen „besonderen Platz“ in seinem Herzen, schrieb er, für das Verbot sei „Crooked Joe Biden“ verantwortlich. Im Wahlkampf nutzte er die Plattform intensiv und warb dort vor allem um die Stimmen der jüngeren Generation. Inzwischen folgen ihm dort 14,7 Millionen Nutzer.

Den Gesinnungswandel bewirkt haben soll unter anderem der Milliardär Jeff Yass, ein Großspender der Republikaner und Groß-Investor bei TikTok. Yass soll mehrfach mit Trump über den Fall gesprochen haben. Shou Zi Chew, der Vorstandsvorsitzende von TikTok, traf Trump Mitte Dezember in dessen Mar-a-Lago-Anwesen.

Auch Elon Musk, der Eigentümer des Kurnachrichtendienstes X, ist gegen ein TikTok-Verbot, obwohl seine eigene Plattform davon profitieren würde. Ein Verbot stünde im Widerspruch zur Rede- und Meinungsfreiheit, sagte er. Es ginge um Zensur und Regierungskontrolle.

Trump will vor allem Zeit gewinnen

Nun ist der Fall vor dem Obersten Gericht gelandet. Die Frage lautet: Verstößt das Gesetz zum Schutz Amerikaner vor ausländischer App-Kontrolle („Protecting Americans from Foreign Adversary Controlled Applications Act“) gegen den ersten Verfassungszusatz, der die Rede- und Meinungsfreiheit garantiert?

Auf der einen Seite befinden sich die Biden-Regierung, unterstützt von einer großen Kongress-Mehrheit, sowie der Appell von republikanischen Generalstaatsanwälten aus 22 Bundesstaaten, die TikTok-Verbotsdrohung aufrechtzuerhalten. Auf der anderen Seite stehen ByteDance, diverse Bürgerrechtsorganisationen – darunter die „American Civil Liberties Union“ – und Donald Trump.

Der will vor allem erreichen, dass das Ultimatum über den 19. Januar hinaus verlängert wird, um ab dem 20. Januar als dann amtierender Präsident über das Justizministerium größeren Einfluss auf den Fall nehmen zu können. Trump hofft, dass das Oberste Gericht entweder das Gesetz für verfassungswidrig erklärt oder einen zeitlichen Aufschub dessen Inkrafttretens beschließt.

Je näher das Ultimatum rückt, desto intensiver wird über mögliche Käufer spekuliert. Im Gespräch ist eine Übernahme von TikTok durch zwei Investoren, Kevin O’Leary und Frank McCourt. Im März 2024 hatte sich bereits Steven Mnuchin, Ex-Finanzminister unter Trump, interessiert gezeigt. Als mögliche Käufer gelten auch Unternehmen wie Amazon, Walmart oder Microsoft. Laut „Washington Post“ würde ByteDance lieber ein Verbot riskieren, als TikTok zu verkaufen.

Wann der Supreme Court mit seiner konservativen Sechs-zu-Drei-Mehrheit sein Urteil verkündet, steht nicht fest. Beobachter werten indes den früh gesetzten Anhörungstermin als Indiz dafür, dass es schnell gehen könnte, laut „Forbes“ womöglich bereits innerhalb der nächsten Tage.

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