
© Norman Reichelt
Start der Brandenburgischen Sommerkonzerte: Festlicher Auftakt zu 37 Konzerten im Brandenburger Dom
Das Eröffnungskonzert der Stettiner Philharmoniker im Brandenburger Dom setzt ein Zeichen für die deutsch-polnische Freundschaft.
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Warum am Wochenende nicht mal einen Ausflug nach Polen wagen? Seit dem Fall der Mauer sind die Brandenburgischen Sommerkonzerte spezialisiert darauf, für Berliner Hemmschwellen einzureißen und Menschen aus Stadt und Land zusammenzubringen.
So wurde die Eröffnung der diesjährigen Saison im Brandenburger Dom zu einer Feier der Vorfreude auf einen großen Musiksommer.
Für die meisten Konzerte gibt es bequeme Bustransfers vom Fehrbelliner Platz aus, die zusammen mit den Tickets gebucht werden können. Ausnahme ist das Konzert am kommenden Samstag, dem 7. Juni, weil die Biosphäre Potsdam auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Berlin aus gut zu erreichen ist.
Glanzvolle Traditionen im Kloster Chorin
Dort kombiniert der Violinsolist Linus Roth gemeinsam mit dem brasilianischen Orquestra Johannes Sebastian Rio Werke von Johann Sebastian Bach mit feurigen südamerikanischen Klassikern unter dem Titel „Tropenheißer Samba-Bach“.
Pfingstsonntag geht es zurück zu den Wurzeln nach Kloster Chorin. Hier organisierten der Gründer der Landpartien, Werner Martin, und sein Berliner Freundeskreis das erste Konzert im Sommer 1990. Der Titel des Tages, an dem die Kammersymphonie Berlin unter anderem Schuberts 5. Sinfonie aufführt, liegt also nahe: „Glanzvolle Traditionen“.
Junge Künstler im Carl-Bechstein-Saal in Spandau
In Kooperation mit Hartmut Rhode, Professor für Bratsche an der Universität der Künste Berlin, geht es am Pfingstmontag in der Kulturkirche Neuruppin weiter mit der neuen Komposition von Jan Müller-Wieland „A Golden Room, das Brandenburg Konzert für Solo Viola und Ensemble“. Am 14. Juni treten junge Preisträgerinnen aus Berlin und Brandenburg im Carl Bechstein Saal in Spandau auf.
Einen Tag später spielt das Berolina Ensemble um die Berliner Klarinettistin Friedrike Roth in der Bibliothek der Technischen Hochschule Wildau. Am 22. Juni ist das Trio Tempestoso um den Solo-Bass-Klarinettisten der Berliner Philharmoniker, Andraž Golob, in Altlandsberg zu hören.
Stiftung Zukunft Berlin bei Nachbarn in Bärenklau
Am 29. Juni tritt der Poznaner Knabenchor im der Stiftskirche St. Marien in Neuzelle auf. Am 20. Juli wird in Bärenklau im Vorprogramm ein Line-Dance-Schnupperkurs in der Reihe „Nachbarn bei Nachbarn“ der Stiftung Zukunft Berlin geboten. So werden viele Bande ins Umland und darüber hinaus geknüpft.
Vertrauter Saisonauftakt
Stammgäste, und davon gibt es viele, wissen, dass als Saisonauftakt immer Mendelssohn Bartholdys Ouvertüre zu „Ein Sommernachtstraum“ gespielt wird.
Die Leidenschaft, mit der diesmal die Stettiner Philharmoniker das Werk intonieren, weckt Erinnerungen an traumhafte Heimfahrten früherer Jahre, wenn Klatschmohn und Kornblumen Wiesenränder zieren und weiße Wölkchen sich sanft auf die Felder betten.
Einleuchtende Hausaufgabe
Klar, erst muss das Redenprogramm überstanden werden. Wobei Heilwalt Kröner, der Vorstandsvorsitzende der Sommerkonzerte, den Gästen im bis auf den letzten Platz gefüllten Dom eine einleuchtende Hausaufgabe mit auf den Weg gibt. Im Laufe der Saison, solle doch bitte jeder einmal einen Gast mitbringen, der noch nie dabei war.
Das hilft nicht nur, die Finanzen des privat organisierten Festivals stabil zu halten, sondern mag auch manchem eine Horizont erweiternde Alternative zur Gestaltung eines Sommerwochenendes eröffnen. Im Jahr 80 nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt Kröner aber auch der Hoffnung Ausdruck, dass dieses Festival außerdem als Aufruf zur Friedensfähigkeit verstanden werden möge.
Menschen kommen zusammen und entdecken gemeinsam Orte, die sie noch nie gesehen haben.
Kathrin Schneider
„Menschen kommen zusammen und entdecken gemeinsam Orte, die sie noch nie gesehen haben“, lobt Ministerin Kathrin Schneider anschließend, die „tolle Leistung“ des Festivals über die Jahre und vergisst auch die vielen Ehrenamtlichen nicht, die für die Berliner Gäste ein ganzheitliches Programm kreiert haben, „in dem man wirklich viel über Brandenburg erfährt“.
Gerade dieses Konzert sei zudem ein Zeichen für die gute Nachbarschaft und Freundschaft, die sich zwischen Polen und Deutschen entwickelt haben. Das hören im Publikum einige Mitorganisatoren der ersten Stunde wie Detlev U. Fricke und Gerhard Stamm. Auch der frühere Bischof Wolfgang Huber ist mit Frau Cara gekommen, die sich in diesem Rahmen einst zu einem Buch über die brandenburgischen Dorfkirchen inspirieren ließ.
Bravorufe für Brahms
Wobei vom Dom in Brandenburg aus das Christentum ja nicht nur in den Dörfern, sondern auch in Berlin verbreitet wurde. Der ehemalige Berliner Kultursenator Volker Hassemer ist ebenso gekommen, wie Landtagspräsidentin Ulrike Liedke und Polens Botschafter Jan Tombinski, der zwar aus Krakau stammt, sich aber diese Gelegenheit nicht entgehen lassen will, die Stettiner Philharmoniker zu erleben.
Brahms‘ Doppelkonzert a-Moll wird am Ende mit Bravorufen gefeiert. Die Solisten Marie-Elisabeth Hecker am Violoncello und Stephen Waarts an der Violine zeigen ausdrucksstark ganz in der Tradition der Landpartien, wie internationales Renommee, höchste Präzision und sichtbare Freude an der Musik sich am historischen Ort zu einem ganz besonderen Erlebnis vermählen.
Nach der Pause führt das Orchester Schumanns 4. Sinfonie d-Moll mit einer Kraft auf, die auch die Geschichte dieses besonderen Ortes zum Klingen bringt, als könnten die Noten mit den Wänden in einer uralten Sprache kommunizieren, die alles versteht. Knapp 600 Zuhörer erklatschen sich noch eine Zugabe, bevor es beim Sektempfang draußen im Hof mit weiteren Reden in den Ausklang geht.
Brandenburgs Europa-Minister Robert Crumbach (BSW) erzählt noch ein bisschen über die offenen Räume zwischen märkischen Wäldern und Seen, in denen Menschen sich begegnen könnten. Und Irena Stróżyńska, die deutsche Honorarkonsulin in Stettin, wirbt für das Polen-Mobil, das mit vielen Infos über das Nachbarland hier vor dem Konzert zum Einsatz kam, aber auch von Schulen angefordert werden könne.
Bevor die Glocke zur Heimfahrt der Busse ertönt, gibt es reichlich Gelegenheit, Pläne zu schmieden für die nächsten Ausflüge, auch zum Kammermusikfestival Fliessen, das im Juli Künstler aus aller Welt in den Spreewald und die Niederlausitz lockt, um gemeinsam zu musizieren und die Natur zu genießen.
Im September wird zudem eine Konzertreise nach Polen geboten. Aber mancher wird vielleicht vorher individuell die neue Stettiner Philharmonie besuchen, die 2025, wie hier zu erfahren war, den wichtigsten Architekturpreis Europa gewann.
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