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Ingrid (Vicky Krieps, links) ist für Sofia (Emma Mackey) willkommene Abwechslung. Oder doch mehr?

© Mubi/Nikos Nikolopoulos

Romanverfilmung „Hot Milk“ im Kino: Giftige Quallen, fiese Mutter

Drehbuchautorin Rebecca Lenkiewicz erzählt in ihrem Regiedebüt eine Familiengeschichte mit dunklen Untertönen. „Hot Milk“ überzeugt vor allem wegen seiner beiden Hauptdarstellerinnen.

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Erbarmungslos knallt die Sonne vom Himmel, die karge Landschaft bietet keinerlei Zuflucht und im glitzernden Meer lauern giftige Quallen. Almería in Südspanien ist kein netter Urlaubsort, sondern das Tor zur Hölle – zumindest in Rebecca Lenkiewicz‘ Regiedebüt „Hot Milk“.

Sofia (Emma Mackey) ist aber auch nicht zum Urlaub machen hier, sie will ihre Mutter unterstützen. Rose (Fiona Shaw) leidet an einer mysteriösen Knochenkrankheit, die sie an den Rollstuhl fesselt, und hat extra eine Hypothek auf ihr Haus aufgenommen, um in Spanien eine experimentelle Form der Therapie zu beginnen. 25.000 Euro zahlt sie an Dr. Gómez (Vincent Perez), von dem nicht klar ist, ob er Wunderheiler oder Quacksalber ist.

Derweil piesackt Rose ihre Tochter, die einfach nichts richtig machen kann und als „ewige Studentin“ der Anthropologie eine einzige Enttäuschung zu sein scheint. Oder täuscht Rose ihre Krankheit womöglich nur vor, um ihre Tochter an sich zu fesseln – und ist deswegen so erbost, als Dr. Gómez tief in ihrer Vergangenheit wühlt, um die Ursache für ihr Leiden zu finden?

Rebecca Lenkiewicz hat sich mit Theaterstücken wie „Her Naked Skin“ und dem Drehbuch zu Maria Schraders „She Said“ über die Harvey-Weinstein-Recherchen einen Namen gemacht. Für ihr Regiedebüt hat die Britin den gleichnamigen Roman von Deborah Levy adaptiert, im Wettbewerb der diesjährigen Berlinale feierte ihr Film Weltpremiere.

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In „Hot Milk“ kreiert sie gekonnt eine bedrohlich-bedrückende Atmosphäre. Die Landschaft wirkt feindselig, der Region geht es auch wirtschaftlich nicht gut. Auf dem Weg zum Strand läuft Sofia an heruntergekommenen Gebäuden vorbei, in ihrer kleinen Wohnung fällt ständig der Strom aus – eine „Primitivität“, die sie an ihr Elternhaus erinnere, wie Rose anmerkt – und ununterbrochen bellt ein Hund, der auf dem Dach des Hauses angekettet ist. Etwas Schlimmes bahnt sich an.

Was allerdings weitgehend im Dunklen bleibt, ein bekanntes Problem bei Romanverfilmungen, ist das Innenleben der Protagonistinnen. Insbesondere Sofia ist ein Enigma. Emma Mackey, toll in „Sex Education“, hat starke Momente, aber vermag es nicht, ihrer Sofia Tiefe zu verleihen.

Fiona Shaw ist gewohnt großartig als fiese Mutter. Niemand spielt Schreckschrauben so gut, das hat sie schon in den Harry-Potter-Filmen oder der zweiten Staffel von „Bad Sisters“ bewiesen, aber sie bekommt erst gegen Ende des Films richtig was zu tun.

Trotzdem bleibt die Mutter-Tochter-Dynamik spannend. Deutlich schwächer ist die zweite Storyline des Films, eine Liebesgeschichte zwischen Sofia und Ingrid (Vicky Krieps). Die taucht eines Tages am Strand auf, hoch zu Ross, und um Sofia ist es sofort geschehen.

Ingrid, eine deutsche Aussteigerin, die stets einen Schal um den Kopf gewickelt trägt, ist ein Free Spirit, hat jede Menge Weisheiten auf Lager und scheinbar mit dem halben Dorf was am Laufen – ein Charakter, so überzeichnet, dass einige Szenen mit den beiden unfreiwillig komisch wirken. Und natürlich hütet auch Ingrid noch ein dunkles Geheimnis aus ihrer Vergangenheit.

So richtig versteht man nicht, worauf die Geschichte eigentlich hinauslaufen soll. Als Rose sich endlich öffnet und Sofie die Initiative ergreift, ist es zu spät, um den Film noch zu retten. Dabei ist die letzte halbe Stunde von „Hot Milk“ eigentlich die mit den stärksten Momenten. Die finale Szene wird in ihrer Kompromisslosigkeit noch lange nachhallen.

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