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Richard Lutz, CEO der Deutschen Bahn, spricht auf der Bilanz-Pressekonferenz für das Jahr 2023.

© dpa/Hannes P Albert

Exklusiv

Bahnchef sieht großen wirtschaftlichen Schaden: Verspätungen kosten Konzern 700 Millionen Euro Umsatz

Verspätungen, Streiks und immer mehr Baustellen: 2024 war ein Horrorjahr für die Deutsche Bahn. Bahnchef Lutz benennt nun die wirtschaftlichen Folgen. An Weihnachten soll es besser laufen.

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Verspätungen, Streiks und immer mehr Baustellen im maroden Schienennetz haben bei der Deutschen Bahn 2024 einen enormen wirtschaftlichen Schaden verursacht. Den daraus folgenden Umsatzverlust beziffert Bahnchef Richard Lutz allein im Fernverkehr auf 700 Millionen Euro.

„Von den Streiks im ersten Halbjahr mal abgesehen, waren die Hauptgründe unpünktliche Züge, ungeplante Baumaßnahmen und eine dadurch bedingt stärkere Kaufzurückhaltung, insbesondere bei Geschäftskunden“, sagte Lutz dem Tagesspiegel.

Hinzu kommen die Entschädigungen für Fahrgäste wegen mehr als einer Stunde verspäteter Fernzüge. „Das wird ein deutlich dreistelliger Millionenbetrag“, sagte Lutz. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters führen allein diese Zahlungen dazu, dass die Fernverkehrssparte 2024 einen Verlust von 70 Millionen Euro erwirtschaften wird.

Lutz verspricht pünktliche Züge zum Fest

70 Prozent pünktliche Fernzüge hatte sich Lutz für 2024 vorgenommen. Nun zeichnet sich ab, dass nicht mal 65 Prozent von ihnen mit weniger als sechs Minuten Verspätung ihr Ziel erreichen werden. Auch für 2025 will Lutz nicht 70 Prozent Pünktlichkeit versprechen.

Zumindest an den Festtagen erwartet er aber pünktliche Züge: „Wir haben im Weihnachtsverkehr traditionell alles auf den Schienen, was rollt. Wir reduzieren auch unsere Bautätigkeit“, sagte Lutz. Dadurch erhole sich die Pünktlichkeit in den beiden letzten Dezemberwochen. „Insofern muss sich niemand Sorgen machen.“

Elf weitere Generalsanierungen bis Ende 2027

Um die Misere bei der Pünktlichkeit zu beheben, hat der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn am Freitagmorgen die Generalsanierung von elf weiteren Hauptstrecken bis Ende 2027 beschlossen. Die seit langem geplanten Projekte waren wegen der Haushaltsprobleme des Bundes zuletzt fraglich.

Am vergangenen Mittwoch bewilligte der Haushaltsausschuss des Bundestages dann die Rückzahlung von 2,7 Milliarden Euro, mit denen die Bahn unter anderem die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt vorfinanziert hatte.

Zudem einigten sich der Bahnvorstand und die Bundesregierung nach Tagesspiegel-Informationen darauf, dass der Bahnkonzern im ersten Halbjahr 2025 trotz der vorläufigen Haushaltsführung 8,5 Milliarden Euro zusätzliches Eigenkapital erhält. Das Geld soll unter anderem die neunmonatige Sanierung der Strecke Berlin-Hamburg ab dem kommenden August teilweise finanzieren.

Eine Vollsperrung einer zentralen Strecke wie der Riedbahn wurde früher als Teufelszeug betrachtet.

Richard Lutz, Bahnchef

Bahnchef Lutz zeigte sich erleichtert. „Die Zuspitzung der Krise hat auch bei uns im Unternehmen Denkblockaden gelöst und radikal neue Lösungen ermöglicht“, sagte Lutz. „Eine Vollsperrung einer zentralen Strecke wie der Riedbahn wurde früher als Teufelszeug betrachtet.“ Nun sei sie die Blaupause für die Sanierung von 1500 Kilometern im Kernnetz bis Ende 2027.

Der Aufsichtsrat bewilligte zudem die weitere Planung von zwei Zukunftsprojekten: die dritte Baustufe der Digitalisierung des Stuttgarter Bahnknotens und die Anbindung des Fehmarnbelttunnels zwischen Lübeck und Kopenhagen. Beide Projekte lagen wegen der Haushaltskrise der Bundesregierung seit über einem Jahr auf Eis.

Nun wird die Bahn die weitere Planung in Auftrag geben. Der spätere Bau steht allerdings weiter unter Finanzierungsvorbehalt. Michael Donth, der verkehrspolitische Sprecher der Union im Bundestag, kritisierte das: Er sehe weiterhin erhebliche Unsicherheiten und langfristig auch Verzögerungen, sagte der CDU-Politiker aus Baden-Württemberg.

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