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Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, spricht während des Landesparteitages der Grünen Schleswig-Holstein.

© dpa/Frank Molter

Update

„Beweisen Handlungsfähigkeit“: Grüne begrüßen Haushaltseinigung – Mützenich behält sich Ausnahme von Schuldenbremse vor

Nach langem Ringen haben sich die Koalitionsspitzen über einen Haushalt für 2025 verständigt. Aus der Ampel kommen unterschiedliche Reaktionen, die Union übt Kritik.

Stand:

Die Grünen haben die Haushaltseinigung zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) grundsätzlich begrüßt. „Ich glaube, es ist gut, dass wir in der geopolitischen Lage jetzt Handlungsfähigkeit beweisen“, sagte Parteichefin Ricarda Lang der Deutschen Presse-Agentur vor Beginn einer Sitzung der Grünen-Bundestagsfraktion in Berlin.

Bei dem Treffen, das um 7.00 Uhr begann, erläuterte Habeck den Abgeordneten die Einzelheiten der Vereinbarung mit Scholz und Lindner. Zu den Details äußerten sich Teilnehmer vorab nicht, einige drangen aber dennoch durch.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge geht nach der Nachtsitzung zum Bundeshaushalt von einem Ergebnis aus, dass ihre Fraktion mittragen könne. Die Grünen hätten immer die Erwartung gehabt, am Ende keinen Haushalt vorzustellen, der das Land „kaputtspart“, sagte sie dem Deutschlandfunk. Themen wie Familien und Kinder sowie der Klimaschutz hätten für ihre Fraktion bei den Verhandlungen eine „starke Priorität“ gehabt. Das müsse sich auch im Endergebnis darstellen.

FDP äußert sich erfreut

Gleichzeitig bedauerte Dröge es, dass sich eine Reform der Schuldenbremse bei den Gesprächen nicht durchgesetzt habe. „In der Haushaltspolitik hat sich Christian Lindner sehr stark in bestimmten Fragen eingemauert und die aus meiner Sicht über andere notwendige Themen gestellt“, sagte Dröge kurz vor der Sitzung ihrer Fraktion zu den Ergebnissen der Haushaltsberatungen. Die Einhaltung der Schuldenbremse „über Sicherheit und Verteidigung“ zu setzen, sei „keine vernünftige Prioritätensetzung“, betonte Dröge.

Die Spitzen der Koalition hatten sich nach Angaben aus Regierungskreisen zuvor nach einer Nachtsitzung auf den Bundeshaushalt für das kommende Jahr geeinigt. Die Einigung sieht vor, dass die Schuldenbremse eingehalten und keine Notlage festgestellt wird.

Das Wachstumspaket könne im nächsten Jahr zu einem zusätzlichen Wachstum von mehr als einem halben Prozent führen, das seien 26 Milliarden Euro zusätzliche Wirtschaftsleistung, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur aus Koalitionskreisen. So sind beschleunigte Abschreibungen von Investitionen und eine verbesserte Forschungszulage geplant. Daneben soll es Anreize für mehr Beschäftigung geben.

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai zeigte sich erfreut. „Der Haushalt steht und die Wirtschaftswende kommt: Mit Einhaltung der Schuldenbremse, Entlastung der hart arbeitenden Mitte und deutlichen Impulsen für mehr Wachstum“, teilte Djir-Sarai am Freitag in Berlin mit. Er erklärte: „Dafür hat sich das lange Verhandeln gelohnt.“

FDP-Fraktionschef Christian Dürr erklärte: „Die Schuldenbremse wird eingehalten. Außerdem haben die Spitzen der Koalition eine Wirtschaftswende verabredet, die unser Wachstumspotenzial deutlich erhöht. Beides ist ein sehr gutes Ergebnis für unser Land.“

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, kritisiert Finanzminister Christian Lindner (FDP). Dieser habe es auch in diesem Jahr nicht geschafft, selbstständig einen Haushalt aufzustellen. „Eine aktive Rolle von Olaf Scholz (SPD) war notwendig. Unser Bundeskanzler hat damit erneut staatstragende Verantwortung gezeigt.“

Mützenich will Notlagebeschluss nicht ausschließen

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sieht in der Haushaltseinigung der Ampelspitzen vor allem eine Leistung von Bundeskanzler Olaf Scholz. Scholz sei zwei Monate lang eingesprungen, um für Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit den Ressortchefs zu verhandeln, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Andere Bundeskanzler, würde ich mal sagen, wären sich dafür zu schade gewesen. Nicht Olaf Scholz, der hat das jetzt auf die Reihe gekriegt.“

Die SPD-Fraktion habe von der Regierung erwartet, vor der parlamentarischen Sommerpause Klarheit zu schaffen. „Andere schienen daran wenig Interesse zu haben, leider auch innerhalb der Koalition“, meinte er. Als wichtige Eckpunkte der Ergebnisse nannte Mützenich nun unter anderem, dass Investitionen gesichert seien, aber auch die Steigerung des Kindergeldes um fünf Euro. Die Fraktion werde sich den Haushaltsentwurf jetzt genau ansehen.

Zugleich stellte er klar, dass die Debatte um die Schuldenbremse für ihn noch nicht vom Tisch ist. Er behalte sich das Instrument vor, über einen Notlagenbeschluss eine Ausnahme von der Schuldenbremse zu ermöglichen, sagte Mützenich am Freitag nach einer Sondersitzung seiner Fraktion mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin. Denn es seien „eine Menge Kunstgriffe nötig“ gewesen, um die Milliardenlücke im Bundeshaushalt 2025 zu schließen.

Auch SPD-Fraktionsvize Achim Post äußerte sich im Deutschlandfunk „zufrieden“ über die Einigung. Er sagte allerdings auch: „Ich glaube nicht, dass die Diskussion um die Schuldenbremse aufhört.“

Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dennis Rohde, kritisierte indes Finanzminister Christian Lindner (FDP). Dieser habe es auch in diesem Jahr nicht geschafft, selbstständig einen Haushalt aufzustellen. „Eine aktive Rolle von Olaf Scholz (SPD) war notwendig. Unser Bundeskanzler hat damit erneut staatstragende Verantwortung gezeigt.“

Sehr zufrieden ist Bundesinnenministerin Nancy Faeser mit dem, was für ihren Etat bei den Haushaltsverhandlungen beschlossen wurde. „Der nächste Haushalt ist ein echter Sicherheitshaushalt“, schrieb die SPD-Politikerin auf der Plattform X. Der Schutz der Menschen in Deutschland werde mit starken Investitionen in die innere Sicherheit gestärkt. Aus Regierungskreisen hieß es, auch im kommenden Jahr werde es 1000 zusätzliche Polizistinnen und Polizisten bei der Bundespolizei geben. 

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Für CDU-Chef Friedrich Merz zeigt die Haushaltseinigung der Ampel-Regierung, dass eine Reform der Schuldenbremse nicht notwendig ist. „Die Schuldenbremse, so wie sie im Grundgesetz angelegt ist, ist richtig“, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. „Sie hat bis heute dafür gesorgt, dass wir eben nicht zu hohe Schulden machen. Sie gibt viele Spielräume.“

Später zeigte sich CDU-Chef Friedrich Merz aber unzufrieden mit der Haushaltseinigung. Es handle sich lediglich um den „Burgfrieden einer erschöpften Koalition für wenige Tage“, sagte Merz am Freitag in Berlin. Bei der nun anstehenden Ausarbeitung der Etatpläne im Detail werde es neue Konflikte in der „Ampel“ geben, sagte Merz voraus. „Dann geht der Streit erst richtig los.“

Der „große Verlierer“ der Haushaltspläne sei die Bundeswehr, sagte der CDU-Chef. Der anvisierte Zuwachs im Wehretat von 1,25 Milliarden Euro decke noch nicht einmal die steigenden Kosten bei Personal und Betriebskosten. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), der sich einen deutlich höheren Zuwachs gewünscht hatte, sei abermals von der Regierung „düpiert“ worden. Pistorius arbeite „offenbar ohne Rückendeckung des Kanzlers“, sagte Merz. Das werfe Fragen nach der Glaubwürdigkeit des Ministers auf.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt kritisierte die Haushaltspläne der Koalitionsspitzen als „misslungenes Dilettantenstück“. Was die Ampel-Spitzen vorgelegt hätten, sei „kein Haushaltsentwurf, sondern ein Haushaltsfragment“. Die Einigung könne zu einem „Zündfunken für den nächsten explodierenden Haushaltsstreit in der Koalition“ werden, sagte Dobrindt.

Söder: Ampel hat letzte Kräfte mobilisiert

CSU-Chef Markus Söder sieht den Ampel-Durchbruch beim Haushalt 2025 als nicht ausreichend für eine grundlegende Wende in Deutschland. „Die Koalition scheint offensichtlich den Matchball des Niedergangs abgewendet zu haben gestern Nacht“, sagte der bayerische Ministerpräsident in Berlin.

Die Ampel habe sich „noch mal zusammen gerappelt, hat noch mal letzte Kräfte mobilisiert, um eine Einigung zu finden“. Er fügte hinzu: „Ob das reichen wird, glaube ich nicht. Der K. o. ist nur verschoben worden.“ Söder sprach von einem „Schauspiel des schleichenden Niedergangs“.

Es fehle der Ampel-Regierung eine langfristige Perspektive, die sich nicht nur in Teilmaßnahmen zeige, „sondern durch eine gemeinsam getragene Philosophie“, sagte Söder. „Die drei Partner sind nach wie vor unendlich weit auseinander“, ergänzte er mit Blick auf SPD, Grüne und FDP. Er fügte hinzu: „Es braucht jetzt mehr. Es bräuchte wirklich eine umfassende Fitnesskur, es bräuchte umfassende Medikamente und nicht nur eine Rheumadecke und Notfallpflaster.“

Unions-Haushälter skeptisch

Die Union werde sich nun die Verhandlungsergebnisse im Detail genau ansehen, sagte Söder. „Was davon aber Wirklichkeit wird und Realität wird nach Fraktionen und Parlamentsberatung, wird sich dann zeigen. Wir glauben nicht, dass das am Ende reicht. Es reicht nicht zu einer grundlegenden Wende.“ Dass die Bundeswehr offenbar keinen großen Schritt nach vorne mache, sei eine Gefährdung der Sicherheitslage Deutschlands.

Der Unions-Chefhaushälter Christian Haase zeigte sich entsprechend skeptisch: „Die Einigung mag gut für den Fortbestand der Koalition sein, dass sie jedoch gut für Deutschland ist, darf ernsthaft bezweifelt werden. Allein der monatelange Prozess war ein einziges politisches Gewürge mit fast täglichen Dissonanzen und weit entfernt von einem geräuschlosen Regieren. Man wird sehen, wie lange die Einigung trägt“, sagte er.

Die anstehenden Landtagswahlen mit vermeintlich schlechten Wahlergebnissen für die Ampelfraktionen würden zeigen, ob die Einigung dann noch immer Bestand haben und die Schuldenbremse weiterhin stehen werde. „Es scheinen eher halbherzige bis gar keine Lösungen das Ergebnis zu sein - etwa bei der Migration, der Bundeswehr oder dem Bürgergeld.“ (dpa, AFP)

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