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Weiter provisorisch untergebracht: Frauen und Kinder aus dem abgebrannten Lager Moria auf Lesbos

© Reuters/Alkis Konstantinidis

Update

Merkel will Entscheidung bis Mittwoch: Bundesregierung kündigt „substanziellen Beitrag“ für Flüchtlinge aus Moria an

Die Kanzlerin empfindet die Lage auf Lesbos als „menschliche Tragödie“. Binnen 48 Stunden soll nun entschieden werden über die Aufnahme weiterer Flüchtlinge.

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will bis zur Sitzung des Bundeskabinetts an diesem Mittwoch über die Aufnahme weiterer Migranten aus dem abgebrannten griechischen Flüchtlingslager Moria entscheiden. Sie sei in diesem Zusammenhang in Abstimmungen mit Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), sagte Merkel am Montag nach Angaben von Teilnehmern in der CDU-Präsidiumssitzung in Berlin. Die Bundesregierung strebe weiterhin eine europäische Lösung an.

Merkel plant nach diesen Angaben auch ein Treffen mit Bürgermeistern aus Deutschland, die sich für die Aufnahme von Geflüchteten einsetzen. Einen Termin gebe es aber noch nicht, machte sie demnach deutlich. Mehrere Teilnehmer der CDU-Sitzung hätten erklärt, einige Städte und Landkreise wollten Migranten aufnehmen, dann fänden Bürgermeister aber keine Unterkünfte für die Asylbewerber. Hier gebe es Widersprüche.

Nach Informationen der „Bild“-Zeitung von Teilnehmern sagte Merkel zur Lage aus Lesbos: „Das ist eine menschliche Tragödie.“ Die Zustände seien unwürdig. Es gebe keine funktionierende europäische Migrationspolitik und unterschiedliche Auffassungen in der Koalition. Ein wichtiger Punkt wäre demnach aus ihrer Sicht eine Europäisierung der Aufnahmezentren.

Regierungssprecher Steffen Seibert kündigte einen „substanziellen Beitrag“ Deutschlands an. Nach der Aufnahme unbegleiteter Jugendlicher werde es nun einen zweiten Schritt geben, in dem Familien mit Kindern im Vordergrund stünden.

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SPD-Chefin Saskia Esken hatte am Sonntagabend im ZDF gefordert, noch am Montag über die Aufnahme einer hohen vierstelligen Zahl von Migranten aus dem Lager Moria zu entscheiden.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wies die Forderung Eskens zurück. „Ultimative Forderungen sind nie gut in einer Koalition“, sagte Laschet am Montag vor Beginn von Beratungen der CDU-Spitze in Berlin. Es gehe hier um eine humanitäre Frage und eine Gesamtlösung. Das lasse sich nicht in drei- oder vierstelligen Zahlen messen.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), sagte der Deutschen Presse-Agentur: „Die Übernahme von Migranten und Flüchtlingen von den europäischen Außengrenzen muss aber eine Ausnahme in der aktuellen Notsituation bleiben.“ Auch wäre ein nationaler deutscher Alleingang politisch ein falsches Signal. „Eine Situation wie 2015 darf sich nicht wiederholen“, betonte er. Die anderen Europäer dürften nicht den Eindruck gewinnen, Deutschland kümmere sich um die Flüchtlinge schon allein.

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt forderte Seehofer auf, aktiv zu werden: „Vielleicht muss man ihn einmal daran erinnern, dass wir gerade die EU-Ratspräsidentschaft haben. Es geht nicht um einen Alleingang, es geht um Vorangehen“, sagte Göring-Eckardt dem Sender Bayern 2 des Bayerischen Rundfunks.

Griechischer Minister warnt Migranten

Der griechische Migrationsminister Notis Mitarakis rief alle obdachlosen Migranten auf Lesbos auf, umgehend das neue, provisorische Zeltlager zu beziehen. Es sei ihre Pflicht, sagte Mitarakis. „Ab kommenden Montag werden Asylverfahren nur für jene bearbeitet, die im Lager sind“, sagte er im griechischen Radio.

Mitarakis warnte abermals Migranten, die andere daran hinderten, das provisorische Zeltlager zu beziehen, das die Behörden in den vergangenen Tagen gemeinsam mit Hilfsorganisationen errichtet haben. „Wir wissen genau, um wen es sich handelt“, sagte er mit Blick auf einen kleinen Teil der Migranten, die als Unruhestifter gelten. Sie hätten vergangene Woche das Feuer gelegt, dass das Lager Moria zerstört habe. Griechenland lasse sich aber nicht erpressen.

Das neue Zeltlager könne jetzt mehr als 5000 Migranten aufnehmen, sagte Mitarakis. In den kommenden Tagen solle es weiter ausgebaut werden, bis alle 12.000 Migranten, die jetzt obdachlos sind, untergebracht werden. Das Deutsche Rote Kreuz (DRK) schickte am Sonntag und Montag nach eigenen Angaben insgesamt vier Flugzeuge mit großen Zelten nach Lesbos.

Am Montag gingen zahlreiche Migranten erneut auf die Straßen von Lesbos und forderten, dass sie nach Westeuropa gebracht werden. Die überwiegend aus Afghanistan stammenden Demonstranten skandierten „Azadi! Azadi!“ (Freiheit-Freiheit) berichtete das Staatsfernsehen (ERT). (dpa, AFP)

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