zum Hauptinhalt
Journalisten beobachten das TV-Duell von ARD und ZDF mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD, l) und Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat, am Studio Berlin-Adlershof.

© dpa/Kay Nietfeld

Das TV-Duell war nur Wahlkampf-Zusammenfassung: Jetzt muss es um Deutschlands Zukunft gehen!

Kanzler Scholz und CDU-Chef Merz haben im TV-Duell ihre bekannten Positionen vorgetragen. Doch Deutschlands zentrale Probleme kamen kaum zur Sprache. Das muss sich ändern.

Caspar Schwietering
Ein Kommentar von Caspar Schwietering

Stand:

Langweilig fand am Sonntagabend so mancher Beobachter das TV-Duell zwischen Kanzler Olaf Scholz und seinem wichtigsten Herausforderer, CDU-Chef Friedrich Merz. Das ist erst mal eine gute Nachricht. Denn vor der Sendung konnte man befürchten, es werde ähnlich krawallig zugehen wie zeitgleich im Dschungelcamp von RTL.

Ende Januar hatte Merz seinen Antrag für eine Asylwende mit den Stimmen der AfD durch den Bundestag gebracht. Danach lieferten sich die demokratischen Parteien im Parlament an zwei Tagen hämische, teils hasserfüllte Debatten.

Dagegen stritten Scholz und Merz bei ARD und ZDF geradezu manierlich miteinander. Das lässt ein wenig hoffen, dass die Parteien der Mitte nach der Wahl doch noch halbwegs geräuschlos zu einer demokratischen Koalition zusammenfinden.

Inhaltlich ließ dieses Duell dagegen vieles vermissen. Angenehm unaufgeregt moderiert von Maybrit Illner und Sandra Maischberger tauschten Scholz und Merz ihre bekannten Positionen aus – zu den Themen Migration, Wirtschaftskrise und zur Bedrohung durch US-Präsident Donald Trump sowie Russlands Kriegsherrn Wladimir Putin.

Die zentralen Herausforderungen wurden am Sonntag bestenfalls en passant erwähnt.

Caspar Schwietering

Für noch Unentschlossene, die den Wahlkampf bisher kaum verfolgt haben, war das eine gute Zusammenfassung. Für alle anderen bot der Abend kaum Neues. Das muss sich ändern.

Wohlstand und Zusammenhalt stehen infrage

Vier Mal werden Scholz und Merz in den kommenden zwei Wochen noch zusammen mit Robert Habeck, dem Kanzlerkandidaten der Grünen, und AfD-Spitzenfrau Alice Weidel diskutieren. Zwei Mal treten sie noch zu zweit auf. Dabei muss es fundierter um Deutschlands Zukunft gehen.

Klimakrise, Wohnungsnot, eine alternde Gesellschaft und eine stürmische Weltlage – Deutschlands Wohlstand und sozialer Zusammenhalt stehen massiv infrage. Die Politik muss in den kommenden Jahrzehnten Gewaltiges leisten. Doch die zentralen Herausforderungen wurden am Sonntag bestenfalls en passant erwähnt.

So klangen etwa Scholz‘ und Merz‘ Vorschläge zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise hohl. Die beiden wollen unter anderem mit unterschiedlichen steuerlichen Anreizen erreichen, dass Unternehmen wieder mehr investieren und die Konjunktur in Gang kommt. Dabei leidet Deutschlands Wirtschaft unter zwei strukturellen Krisen, weshalb derzeit kaum Wachstum zu erwarten ist.

Deutschland leidet unter weniger Globalisierung

Da ist zum einen der zunehmende weltweite Protektionismus. In den vergangenen Jahrzehnten sorgte ein Globalisierungsschub für einen Boom der deutschen Wirtschaft. Weltweit – und insbesondere in China – konnten deutsche Konzerne und Mittelständler immer mehr Industriegüter absetzen. Doch dieses goldene Zeitalter ist zu Ende. Chinas Präsident Xi Jinping und US-Präsident Donald Trump drohen damit, ihre Märkte immer mehr abzuschotten.

Neben der Besänftigung von Trump müsste Deutschland deshalb mehr auf Wachstum mit neuen Technologien wie der Künstlichen Intelligenz setzen. Doch darüber wird in diesem Wahlkampf bisher gar nicht gesprochen.

Keine Antwort auf das Demografie-Problem

Deutschlands zweites Strukturproblem hat noch dramatischere Folgen: die Bevölkerung wird immer älter. In den nächsten zehn Jahren gehen die Babyboomer in Rente und es rücken nur wenige Junge nach.

Um eine dauerhafte Stagnation der Wirtschaft wie in Japan zu verhindern, braucht Deutschland künftig pro Jahr 400.000 neue Arbeitskräfte aus dem Ausland. Angesichts dessen ist es absurd, dass in diesem Wahlkampf vor allem über die Begrenzung der Migration gesprochen wird.

Zugleich ist klar, dass diese Zuwanderung nur funktionieren wird, wenn es ausreichend Wohnungen und eine gute Infrastruktur gibt. Deshalb muss die Schuldenbremse reformiert werden.

Der Abschied der Babyboomer aus den Büros sorgt auch für eine Krise bei der Rente. Schon heute fließt rund ein Fünftel des Bundeshaushalts in die Rentenkasse.

Um zu verhindern, dass die Erwerbstätigen über Steuern und Sozialbeiträge immer mehr für die Renten zahlen, muss die Politik entweder das Renteneintrittsalter erhöhen, das Rentenniveau absenken oder mehr auf eine Aktienrente setzen. Nichts davon versprechen Union und SPD.

Schon deshalb ist es gut, dass in den kommenden Gesprächsrunden auch Grüne und Liberale mitdiskutieren. Es kommt ja nicht nur auf den nächsten Kanzler an.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })