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In den USA wächst das Unverständnis darüber, dass Bundeskanzler Olaf Scholz seine zögerliche Haltung nicht besser erklärt.

© Imago/Björn Trotzki

Unmut über Olaf Scholz: Deutsches Zögern verärgert Washington

Der Unmut über die deutsche Haltung und die Bedingungen an eine mögliche Auslieferung an die Ukraine wächst. Kritik kommt auch aus dem Weißen Haus.

Es wäre wohl fast verharmlosend zu sagen, dass der Unmut über die deutsche Haltung in der Frage von Panzerlieferungen an die Ukraine wächst. Die Presseschau am Wochenende zeigte in den USA das Ausmaß des kommunikativen Desasters. „Wladimir Putin hat seine illegale Invasion der Ukraine vor elf Monaten nicht nur in dem Glauben begonnen, dass er die Ukraine schnell unterwerfen könne, sondern auch in der Annahme, dass die westliche Allianz zu schwach und zerstritten sei, um sich ihm vereint entgegenzustellen“, schreibt die „Washington Post“.

Laut der Meinungsredaktion der liberalen Zeitung haben sich „beide Erwartungen als katastrophal falsch herausgestellt – bis zum Freitag, als Deutschlands Weigerung, der Lieferung Dutzender schwerer Kampfpanzer an die Ukraine den ersten ernsthaften Riss zeigte in einer bis dahin soliden Nato-Front“, schreibt das Blatt.

Das konservative „Wall Street Journal“ meint: „Die gängige Meinung über Wladimir Putins Krieg in der Ukraine ist, dass er den Westen wie nie zuvor geeint hat. Aber ein langlebiges Nato-Bündnis hängt von politischem Durchhaltevermögen und amerikanischer Führung ab, und das Unvermögen in dieser Woche, Panzer in die Ukraine zu schicken, ist die falsche Botschaft an Mr. Putin über die Entschlossenheit des Westens.“

Öffentlich gestellte Bedingungen verärgern das Weiße Haus

Wurde Kritik an der zögerlichen Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz, trotz einer drohenden Winteroffensive Russlands Kiew auch weiterhin keine Leopard-Panzer zuzusagen, bisher vor allem in der Experten-Welt und im US-Kongress laut, so wird inzwischen auch aus dem Weißen Haus vermeldet, dass man über Berlin verärgert sei.

Ein Panzer des Typs Leopard 2 A4.
Ein Panzer des Typs Leopard 2 A4.

© dpa/AP/MTI/Csaba Krizsan

Der Ärger entzündet sich vor allem an dem in Deutschland erweckten Eindruck, die Bundesregierung stelle öffentlich Bedingungen nicht nur für die Lieferung von „Leopard 2“-Panzern aus Deutschland direkt, sondern auch für Exportfreigabe für bereits in andere Länder gelieferte Panzer.

Berichten von „Wall Street Journal“ und „Süddeutscher Zeitung“ zufolge sei Scholz nur dann dazu bereit, wenn die USA ihrerseits Abrams-Kampfpanzer an die Ukraine abgeben würden. Dies lehnt Washington ab mit der Begründung, eine Verlegung dieser Panzer sei kurzfristig nicht machbar.

Wir setzen niemanden unter Druck, und niemand setzt uns unter Druck.

 John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus

Zwar dementierten sowohl das Weiße Haus als auch die Bundesregierung die Berichte, die sich auf eine deutsche Quelle bezogen. Aber bei einer Konferenz der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Stützpunkt in Ramstein in Rheinland-Pfalz am Freitag kam es zu keiner Übereinkunft auf eine Lieferung der Kampfpanzer, was nicht nur von der Ukraine, sondern unter anderem auch von den drei baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen scharf kritisiert wurde.

Wie die „Süddeutsche Zeitung“ am Wochenende berichtete, habe sich Verteidigungsminister Lloyd Austin in Ramstein ein „heftiges Wortgefecht“ mit Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt geliefert. Schmidt diene als „Schlüsselfigur für die deutsche Haltung“, da Verteidigungsminister Boris Pistorius gerade erst sein Amt angetreten hat und Scholz über die Panzerfrage selbst entscheide.

Scholz will „keinen Alleingang“ in der Panzerfrage

Washington weist die Argumentation, deutsche und amerikanische Panzerlieferungen hingen zusammen, seit Monaten zurück. Offiziell betont die Regierung von US-Präsident Joe Biden weiter, jedes Land entscheide selbst, welche Waffen es liefere. Gefragt nach dem Frustrationsgrad über die deutsche Haltung, sagte John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, am Freitag: Dies seien Entscheidungen, die jedes Land „souverän“ treffe.

„Wir setzen niemanden unter Druck, und niemand setzt uns unter Druck.“ Man arbeite im Rahmen einer „Koalition der Willigen“, so Kirby weiter, um der Ukraine die notwendige militärische Unterstützung zukommen zu lassen. „Deutschland – ganz offensichtlich ein starker Nato-Partner – hat seine Anstrengungen erhöht.“

Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Druck auf Deutschland und das Unverständnis darüber, dass Bundeskanzler Scholz seine zögerliche Haltung nicht besser erklärt, wächst. Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos hatte er bekräftigt, dass Berlin „keinen Alleingang“ in der Panzerfrage wolle.

In der Vergangenheit stand Deutschland immer wieder in der Kritik, zu wenig zur gemeinsamen Verteidigung beizutreten. Besonders Ex-Präsident Donald Trump hatte Berlin ständig dafür kritisiert, seine Zusagen an die Nato nicht einzuhalten. Nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine und der sogenannten „Zeitenwende“ war diese Kritik weitgehend verstummt. Nun dreht sich die Stimmung wieder, nicht nur in den Medien, sondern auch im Kongress.

Der republikanische Senator Lindsey Graham erklärte nach der Ramstein-Konferenz, er sei die „Shitshow“ leid, wer Panzer wann schicken werde. Den Deutschen sage er: „Schicken Sie Panzer in die Ukraine. Es ist in Ihrem Interesse, dass Putin verliert.“

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