zum Hauptinhalt
Kai Wegner mit Franziska Giffey und Raed Saleh (r.).

© IMAGO/Political-Moments/imago

Bundespartei nach Chaos-Wahl fassungslos: „Die Berliner SPD hatte schon immer einen Schatten“

Die Bundes-SPD übt heftige Kritik an ihren Genossen. Selbst krisenerprobte SPDler blicken mit Entsetzen nach Berlin angesichts der chaotischen politischen Zustände.

In der SPD hat Axel Schäfer schon allerhand erlebt. Schäfer ist seit 1969 SPD-Mitglied, seit über 25 Jahren Abgeordneter, erst im Europäischen Parlament, nun im Bundestag. Das Büro von Willy Brandt hat der Mann aus Bochum auch mal geleitet.

So krisenerprobt man als Sozialdemokrat sein muss, so entsetzt blickt Schäfer auf das Chaos rund um die Berliner Regierungsbildung. Dabei hatte er sogar damit gerechnet, dass Kai Wegner (CDU) nicht sogleich zum Regierenden Bürgermeister gewählt wurde.

„Fassungslos“ ist Schäfer, dass CDU und SPD ihre Kabinettsliste bereits vor der Wahl des Regierungschefs präsentiert hatten: „Man muss doch wahnsinnig sein, die Namen der Regierungsmitglieder zu nennen, bevor man selbst gewählt ist.“ Das offenbare einen „Mangel an Respekt“.

Die Berliner SPD hatte schon immer einen Schatten.

Stimme aus der Parteispitze

Die miserablen Stimmenergebnisse, drei Wahlgänge inklusive des taktischen Spiels der AfD – über dieses Chaos kann Schäfer nur den Kopf schütteln. Er ist da in der Bundestagsfraktion und der Parteispitze der SPD in bester Gesellschaft: Allenthalben herrscht Entsetzen über die Berliner Genossen, wieder einmal. Enorm ist der Verdruss über SPD-Fraktionschef Raed Saleh, noch größer als über die erfolglose Spitzenkandidatin Franziska Giffey.

„Verrücktester Landesverband“ der SPD

Nicht alle Ausdrücke, die im Gespräch über Berlins SPD und ihre Protagonisten fallen, sind zitierfähig. „Idioten“ ist da noch ein eher freundliches Wort. Etliche reden, wollen aber ihren Namen nicht in der Zeitung lesen. Die Berliner SPD ist kein Wohlfühl-Thema.

„Die Berliner SPD hatte schon immer einen Schatten, war immer schon speziell“, sagt einer aus der Parteispitze. Schon vor Jahren war im Willy-Brandt-Haus vom „verrücktesten Landesverband“ der SPD die Rede. Von „Regierungsverantwortung und Rechthaberei“ sei die Partei geprägt, sagt ein Spitzen-Genosse. Dies sei eine „explosive Mischung“. Berlins SPD erlebe seit Jahren eine „Jusoisierung“.

Die aktiven Berliner SPD-Mitglieder arbeiteten meist im öffentlichen Dienst, für Abgeordnete und Ministerien. Sie bildeten nicht die Stimmung unter den inaktiven Mitgliedern ab, geschweige denn die ihrer Wähler oder der Gesamtbevölkerung, sagt ein anderer erfahrener Sozialdemokrat. Mit dem Lebensgefühl in Deutschland habe dieses Milieu kaum etwas gemein.

Von einer „gewissen Fassungslosigkeit“ spricht einer aus der Führung der SPD-Bundestagsfraktion. Dabei gerate die Bildung von Koalitionen generell immer schwieriger. Auch im Bund laufe nicht alles rund.

Franziska Giffey und Raed Saleh haben null Autorität und es gibt keine Disziplin mehr.

SPD-Bundestagsabgeordneter

Dabei gelten die persönlichen Beziehungen zwischen den Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP im Bundestag als belastbar. Fachpolitiker schwärmen teilweise von ihren Kollegen aus den anderen Parteien.

In Berlin aber ist alles anders. Von einem „Selbstzerstörungstrieb“ der Berliner SPD ist immer wieder die Rede. „Auf dieser Koalition lag und liegt kein Segen“, sagt ein SPD-Bundestagsabgeordneter. Angesichts ihrer Situation hätte die SPD nach der Wahl im Februar in die Opposition gehen müssen, sagt er.

Das eigentliche Problem sei die SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. „Mir fehlt angesichts dieses Personals, dieser schweren Belastungen und des fehlenden Vertrauens die Fantasie, wie die SPD aus dieser Koalition gestärkt herauskommen kann“, sagt der SPD-Abgeordnete, der sich namentlich nicht nennen lassen will: „Franziska Giffey und Raed Saleh haben null Autorität und es gibt keine Disziplin mehr.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false