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Brandenburgs Ministerpräsident und Spitzenkandidat Dietmar Woidke (SPD).

© dpa/Michael Bahlo

Woidke plädiert für Diplomatie: Die Russlandpolitik der SPD ist ignorant und naiv

Mit mehr deutscher Diplomatie will Brandenburgs Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Dietmar Woidke Russlands Krieg gegen die Ukraine beenden. Doch wer soll da verhandeln? Woidkes Strategie ist leicht durchschaubar.

Daniel Friedrich Sturm
Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

Stand:

„Dieser Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden“, forderte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) am Sonntag im Landtagswahlkampf in Schwedt: „Ich erwarte, dass die Bundesregierung schneller alle diplomatischen Bemühungen ergreift, die möglich sind.“

Nanu, Olaf Scholz soll Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine „so schnell wie möglich beenden“? Es muss erstaunen, welch magische Kräfte Landesfürst Woidke der deutschen Bundesregierung zuspricht.

Am Tag, an dem Wladimir Putin seinen Feldzug gegen die Ukraine begonnen hatte, klang Woidke noch ganz anders. Emotional gerührt appellierte Woidke an jenem 24. Februar 2022: „Herr Präsident Putin, stoppen Sie die Aggression!“

Es wäre wünschenswert, diesen Appell von Woidke und anderen demokratischen Spitzenpolitikern weiter zu hören. Doch während die rechtsradikale AfD und das links- und rechtspopulistische Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) seit jeher eine Unterwerfung der Ukraine in Kauf nehmen, bröckelt es in der politischen Mitte.

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Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ließ bis 2022 wenig unversucht, sich Putin anzudienen. Schon lange spricht er sich öffentlich dafür aus, dass die Ukraine Teile ihres Staatsgebietes aufgeben soll. Mit Sachsens CDU und BSW könnte nach der Wahl am 1. September zusammenwachsen, was zusammen gehört. Wladimir Putin gefiele das – ausgerechnet in Dresden, wo er einst als KGB-Mann spionierte.

Woidke redet AfD- und BSW-Anhängern nach dem Mund

Dietmar Woidkes Strategie hinter seinem Appell an die Bundesregierung, Russlands Krieg gegen die Ukraine „so schnell wie möglich zu beenden“, ist leicht durchschaubar. Er redet den Brandenburgern, zumal den AfD- und BSW-geneigten, nach dem Mund.

Drei Tage vor seinen eindringlichen Worten hatte Woidke erklärt, er bleibe nur in der Politik, sofern seine SPD bei der Wahl am 1. September auf Platz Eins liegen werde. Sonst sei er „weg“. Weil Woidke bisher im 19-Prozent-Umfragekeller sitzt, spielt das Schicksal der Ukraine für ihn keine Rolle mehr.

Die Irrungen der SPD-Russlandpolitik, man denke an die ignoranten und naiven Vorstellungen, von Schröder, Steinmeier, Gabriel, Platzeck, Schwesig und, jawoll, Woidke liegen auf der Hand. Der Systemgegensatz zur Diktatur Putins wurde vernebelt.

Daniel Friedrich Sturm

Woidkes Wortmeldung reiht sich ein in andere Forderungen nach deutscher „Diplomatie“, nach „Frieden“, einer Besänftigung Putins.

So hatte es schon SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich im März im Bundestag gehalten, indem er appellierte, dass „wir“ darüber reden, wie „man“ den Ukraine-Krieg „einfrieren und später auch beenden kann“. Beifall bei SPD, BSW, Linken. Selbst SPD-Chef Lars Klingbeil, der doch eigentlich die schweren Fehler der SPD-Russlandpolitik aufarbeiten wollte, applaudierte emsig.

Überhaupt, Mützenich. Der SPD-Fraktionschef prägt zu guten Teilen Kurs und Bild der SPD. Er stößt in jenes Machtvakuum, das ihm Olaf Scholz und die SPD-Spitze (von Führung mag man nicht reden) lassen.

Unter der Anleitung Mützenichs wiederholt die SPD die schweren Fehler ihrer Ostpolitik in den 1980er Jahren und im Umgang mit Putin bis 2022. Muss man eigentlich ein drittes Mal mit demselben Kopf gegen dieselbe (Kreml-)Wand rennen? Die Mützenich-SPD ist entschieden dafür.

In den 1980er Jahren, in der Opposition, kungelte die SPD, allen voran der Links-Nationalist Egon Bahr, mit den kommunistischen Staatsparteien von SED bis KPdSU. Was deren Völker dachten, fühlten, sagten war zweitrangig. Frieden war alles, Freiheit nachrangig.

Die Irrungen der SPD-Russlandpolitik, man denke an die ignoranten und naiven Vorstellungen, von Schröder, Steinmeier, Gabriel, Platzeck, Schwesig und, jawoll, Woidke liegen auf der Hand. Der Systemgegensatz zur Diktatur Putins wurde vernebelt, über die Esten, Letten, Litauer, Polen, Ukrainer hinweggesehen. Etwa bei Nordstream 2, wo man selbst die Bedenken der USA und Frankreichs in den Wind schlug.

Lässt sich nicht aus der Geschichte, zumal aus selbst gemachten Fehlern lernen? Dies würde heißen, dem Diktator Putin und seinem Schutzpatron Xi mit Härte und Klarheit zu begegnen. Sich engstens mit Partnern wie Balten, Polen und Ukrainer abzustimmen. Die eigene Resilienz gegen autokratische Aggressoren zu stärken, wie von Olaf Scholz in der „Zeitenwende“-Rede angekündigt.

Stattdessen wickelt die SPD diese Politik gerade ab. Man ist fassungslos über so viel Naivität, wenn nicht gar Fahrlässigkeit.

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