zum Hauptinhalt
Lars Klingbeil und Saskia Esken im Bundestag

© IMAGO/Bernd Elmenthaler/IMAGO/ESDES.Pictures, Bernd Elmenthaler

Ein würdeloses Spektakel: Die SPD demütigt Esken und sie lässt es geschehen

SPD-Chef Lars Klingbeil ist so mächtig wie lange kein Sozialdemokrat vor ihm. Seine Co-Vorsitzende Saskia Esken dagegen hat nichts mehr zu melden. Ihr selbst ist das offenbar egal.

Daniel Friedrich Sturm
Ein Kommentar von Daniel Friedrich Sturm

Stand:

Jetzt kann Friedrich Merz Kanzler werden. Jetzt müssen am Dienstag „nur“ noch die Abgeordneten von CDU, CSU und SPD ihn dazu wählen.

Im ersten Wahlgang ist die „Kanzlermehrheit“ erforderlich, mindestens 316 Stimmen der 630 Abgeordneten. Alle neun Bundeskanzler seit 1949 wurden im ersten Wahlgang gewählt. Misslingt Merz dies, wäre es ein kapitaler Fehlstart für Schwarz-Rot.

Mit ihrem Ja zur Regierung mit der Union, und, ja, zu Merz als Bundeskanzler hat die SPD den Weg dazu frei gemacht. Abermals haben sich die Sozialdemokraten als vernunftbegabt und staatstragend erwiesen. Wenn es darauf ankommt, ist auf diese SPD Verlass.

Mit 84 Prozent ist die Zustimmung der Sozialdemokraten etwas größer als bei den Mitgliedervoten über die großen Koalitionen 2013 und 2018. Die SPD-Mitglieder zwischen Flensburg und Garmisch-Partenkirchen wissen, was in Deutschland auf dem Spiel steht.

Die geringe Beteiligung von nur 56 Prozent der Mitglieder aber sollte der Parteispitze zu denken geben. Sie zeigt eine hohe Unzufriedenheit. Nonchalant und mit vernebelnden Worten ging SPD-Generalsekretär Matthias Miersch bei der Präsentation des Ergebnisses über das laue Interesse an der Abstimmung hinweg. Transparenz und Selbstreflexion sehen anders aus.

Gleiches gilt für eine zahnlose Kommission, die die SPD eingesetzt hat, um Konsequenzen aus ihrem historischen Wahldebakel vom 23. Februar zu erarbeiten.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Hat die SPD dafür nicht einen einzigen erfolgreichen Oberbürgermeister finden können? Die Besetzung durch Altgediente und Wahlverlierer, oft auch in Personalunion, lässt keinen Aufbruch erwarten. Sie passt zu Mierschs Rhetorik: Es geht alles weiter seinen sozialdemokratischen Gang.

Der Fraktionsvorsitz war für SPD-Chef Lars Klingbeil, wie wir seit Mittwoch wissen, nur eine Art Praktikum, das Sprungbrett ins Kabinett. Dabei war es politisch vernünftig und machtstrategisch klug, dass Klingbeil das Finanzministerium für die SPD beanspruchte, und dass er dieses Ressort, verbunden mit dem „Vizekanzleramt“, übernehmen wird.

Klingbeil scheint nach außen so mächtig wie lange kein Sozialdemokrat vor ihm. Doch Vorsicht! Die offenbar extrem knifflige Aufgabe, die Minister-Riege zu benennen, hat er noch nicht gelöst. Als „gesetzt“ gilt, neben Klingbeil, allein Verteidigungsminister Boris Pistorius. Konsequenterweise kündigte Arbeitsminister Hubertus Heil seinen Abschied aus dem Amt an. Drei niedersächsische Männer – das wäre dann doch zu viel gewesen.

In der SPD wird gerätselt, welche Lösung Klingbeil für seine Co-Partei-Vorsitzende Saskia Esken finden mag. Sollte sie Ministerin werden, würde es zeigen, dass Klingbeils Machtfülle eben doch begrenzt ist. Aufschlussreich wird sein, ob es Klingbeil, wie Merz, gelingt, mindestens einen Kopf von außen für die SPD zu gewinnen.

Von der SPD-Spitze ließ sich Klingbeil, wenn auch spät, die Prokura geben, die Ministerliste zu konzipieren. Er also sucht die Minister aus, Esken darf nicht mitentscheiden. So viel zum Thema „Doppelspitze“.

Die Art und Weise, wie die SPD mit Esken umspringt und wie Esken mit sich umspringen lässt, hat etwas Würdeloses. Die Partei demütigt sie, niemand steht ihr zur Seite, und Esken selbst scheint all das egal zu sein. Das offene Wort mit ihr wird gemieden, wohl aus Angst vor lautem Türenknallen. Im Fernsehen muss sie „Pechmarie“-Vergleiche über sich ergehen lassen.

Es ist ungerecht, was mit ihr geschieht. Gewiss, beide, Esken wie Klingbeil verantworten das Wahldebakel. Sie aber hat dem SPD-Wahlkampf regelrecht geschadet, mit diversen verpatzten Auftritten und dem öffentlichen Appell, „nicht zu viel über das Thema Migration zu reden“.

Entkoppelt von der Bevölkerung, getragen allein von der Funktionärsschicht, holte Esken im heimischen Wahlkreis nur 12,9 Prozent der Erststimmen. Der populäre Klingbeil hingegen war mit 42,1 Prozent bundesweiter SPD-Erststimmenkönig.

Es wäre Saskia Esken, der SPD und dem Land zu wünschen, dass sie selbst die Konsequenzen zieht und dieses würdelose Spektakel schnellstmöglich beendet.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })