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Agrarminister Cem Özdemir (links) und Gesundheitsminister Karl Lauterbach am Mittwoch in Berlin.

© picture alliance / photothek/Janine Schmitz

Cannabis-Clubs, Eigenbedarf, Modellversuche: So funktioniert die „Legalisierung light“ der Ampel

Die geplante Cannabis-Legalisierung der Ampel fällt kleiner aus als zunächst geplant. 25 Gramm Cannabis für den Eigenbedarf sollen künftig straffrei bleiben.

Die Ampel-Koalition schraubt wegen Bedenken der EU-Kommission ihr Projekt, in Deutschland einen flächendeckenden kontrollierten Handel mit Cannabis zu ermöglichen, deutlich zurück. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Agrarminister Cem Özdemir (Grüne) stellten am Mittwoch in Berlin neue Eckpunkte für die Freigabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken vor.

Demnach soll in einem ersten Schritt der Anbau in „Cannabis-Clubs“ bundesweit ermöglicht werden. Die Abgabe von Cannabis in Fachgeschäften soll aber – anders als ursprünglich geplant – in einem zweiten Schritt nur in regional begrenzten und befristeten Modellversuchen umgesetzt werden.

Bereits im vergangenen Oktober hatte das Bundeskabinett Eckpunkte für die geplante Cannabis-Legalisierung beschlossen. Darin hatte es geheißen, dass der Erwerb und der Besitz bis zu einer Höchstmenge bis 30 Gramm Genusscannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum straffrei ermöglicht werden sollen.

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Legalisierung noch in diesem Jahr

Stattdessen ist nun geplant, den Schwarzmarkt zurückzudrängen, indem sich Kiffer legal in nicht gewinnorientierten Vereinen – den „Cannabis-Clubs“ – mit maximal 500 Mitgliedern mit Cannabis versorgen können. Geplant ist nun eine maximale Abgabemenge von 25 Gramm pro Tag und 50 Gramm pro Monat. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll noch im April kommen, kündigte Özdemir an.

Laut Özdemir soll der Konsum innerhalb der begrenzten Mengen „noch in diesem Jahr“ legal werden. Lauterbach zufolge soll der Besitz von 25 Gramm Cannabis zum Eigenbedarf künftig straffrei bleiben.

Geplant hatte die Ampel in ihren im Oktober vorgestellten Eckpunkten zudem, dass die Produktion, die Lieferung und der Vertrieb von Cannabis innerhalb eines lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmens bundesweit zugelassen werden sollen. In informellen Gesprächen zwischen Berlin und Brüssel ist aber Ende des vergangenen Jahres deutlich geworden, dass die EU-Kommission die ursprünglichen Pläne Lauterbachs für eine flächendeckende Freigabe – wenn auch in kontrollierter Form – nicht ohne Weiteres durchwinken würde.

Um die Bedenken der EU-Kommission zu zerstreuen, sollen kommerzielle Lieferketten beim Cannabis-Handel nur in regionalen Modellversuchen, die über fünf Jahre laufen, getestet werden. Diese Modellversuche wolle die Bundesregierung „ergebnisoffen“ angehen, erläuterte Lauterbach. Er könne nicht ausschließen, dass am Ende nur der erste Schritt mit einer Freigabe in nicht gewinnorientierten Vereinen dauerhaft umgesetzt werde, sagte er. Für den Test der Cannabis-Freigabe in Modellregionen soll es nach der Sommerpause einen eigenen Vorschlag geben, kündigte Lauterbach an.

Kritik aus der Union

Die politischen Reaktionen teilen sich in Zustimmung und Forderung nach proaktiven Schritten zur vollständigen Legalisierung aus den Regierungsfraktionen einerseits und Ablehnung seitens der Union andererseits. Simone Borchardt, die in ihrer Fraktion zur Legalisierung berichterstattet, bezeichnete das Vorhaben als „gefährlich“ und „Rohrkrepierer“, weil Jugendschutz und Versorgung mit Medizinalcannabis gefährdet würden.

„Vage Andeutungen werden den Kinder- und Jugendschutz nicht stärken, es braucht konkrete Maßnahmen“, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja. „Wir lehnen deshalb die jetzt vorgelegten Vorschläge zur Freigabe der Cannabis-Droge entschieden ab.“ Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) nannte das Vorhaben auf Twitter einen Irrweg.

Die Cannabis-Industrie reagierte derweil verhalten erfreut und hoffnungsvoll auf die aktualisierten Eckpunkte – auch wenn die flächendeckende Legalisierung wesentlich höhere Umsatzmöglichkeiten gebracht hätte. „Samen und Stecklinge sind sicher ein interessanter Markt für die deutsche Cannabiswirtschaft“, sagte Jürgen Neumeyer, Sprecher des Branchenverbandes der deutschen Cannbiswirtschaft (BvCW).

Man habe sich einen „größeren Wurf“ gewünscht, zeige aber auch Verständnis für Hindernisse im EU-Recht. Nun müsse die Zeit genutzt werden, auf Änderungen auf europäischer Ebene hinzuarbeiten. Bei der Ausgestaltung der Modellregionen hofft Neumeyer auf möglichst großzügige und flächendeckende Regelungen in allen Bundesländern.

„Die Bundesregierung bleibt mit den heute vorgestellten überarbeiteten Eckpunkten für die geplante kontrollierte Abgabe von Cannabis zu Genusszwecken an Erwachsene weit hinter den Erwartungen und dem im Koalitionsvertrag festgehaltenen Ziel zurück“, heißt es dagegen von Finn Hänsel, CEO der Sanity Group, die medizinische und kosmetische Cannabisprodukte vertreibt. „Die neuen Pläne eines Zweisäulenmodells beinhalten zu wenig Detailtiefe; anstelle eines Gesetzesentwurfs wurden nur angepasste Eckpunkte präsentiert“, meinte Hänsel.

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