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Was vom Militärstützpunkt übrig blieb. Ein malischer Soldat zeigt Akten, die er in den von Islamisten befreiten Kasernen in Diabali gefunden hat.

© REUTERS

Krise in Mali: „Eine schwierige Mission“

Deutschland gibt keine weitere Militärhilfe für Mali. Im besten Fall gelingt die Zerstörung schwerer Waffen. Die Versorgung der Soldaten im Norden Malis wird eine logistische Herausforderung.

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Deutschland hat bei der gemeinsamen Sitzung mit der französischen Regierung in Berlin keine weiteren Zusagen über konkrete Militärhilfe in Mali gemacht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte in Berlin den französischen Einsatz im Norden Malis. „Dies ist eine Aufgabe, die uns allen in Europa und in der Welt hilft.“ Deutschland wisse, „dass das eine schwierige militärische Mission ist, die Frankreich im Augenblick erfüllt, für uns alle“, sagte Merkel. Sie erklärte, dass der Einsatz gegen die Islamisten ein „sehr schwieriger Kampf“ sei, „und wir wünschen allen erdenklichen Erfolg“. Auf die Frage, ob die deutsch-französische Brigade zum Einsatz kommen könne, sagte sie, dafür gebe es keine konkreten Pläne. „Vom Grundsatz her ist das möglich, für Mali sehe ich das nicht.“

Ägyptens Präsident Mohammed Mursi hat den Militäreinsatz kritisiert. „Wir werden eine Militärintervention in Mali unter keinen Umständen akzeptieren“, sagte er im saudi-arabischen Riad.

Offenbar erwartet Frankreich vor allem Geld. Außenminister Laurent Fabius wies im Deutschlandfunk auf die geplante Geberkonferenz hin. Die 5500 Soldaten der westafrikanischen Regionalorganisation Ecowas müssten finanziert werden: „Deutschland wird seinen Beitrag nach eigenem Ermessen leisten“, sagte er, Großbritannien Aufklärung und Logistik anbieten.

Bisher hat Deutschland wie Großbritannien zwei Transportflugzeuge zugesagt. Auch die USA haben Transportflüge für die französische Armee in Mali begonnen. Mit deutschen Transallmaschinen sollen westafrikanische Soldaten in die malische Hauptstadt Bamako gebracht werden. Merkel erklärte, dass der Transport der Ecowas-Soldaten „dringend notwendig“ sei.

Allerdings werden die Ecowas-Soldaten nicht in Bamako gebraucht. Die Offensive spielt sich gute 600 bis 800 Kilometer nördlich ab. „Wir planen, jede Woche rund 100 Kilometer weiter vorzurücken“, sagte ein malischer Militärsprecher der dpa. Derzeit bewegten sich die Soldaten auf Hombori zu, sagte der Sprecher.

Markus Kaim, Leiter der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), warnt die deutsche Politik davor, die Schwierigkeiten zu unterschätzen. Es könne alles gut gehen: Der Norden Malis wird befreit, die Islamisten werden verdrängt, es entsteht ein politischer Raum und die einheimischen Sicherheitskräfte werden in die Lage versetzt, ihre Aufgabe zu erfüllen, Flüchtlinge können re-integriert, gute Regierungsarbeit befördert werden. Es könne aber auch ganz anders kommen, sagt Kaim. Angenommen, die Franzosen verzettelten sich, die Offensive komme zum Stillstand, es stelle sich ein militärisches Patt ein, die Islamisten blieben, dem UN-Auftrag würde keine Geltung verschafft und im schlimmsten Fall das Entstehen eines islamistischen Terrorstaates nicht verhindert – dann, sagt Kaim, gebe es theoretisch drei Möglichkeiten: Die Franzosen brechen die Mission ab, sie legen militärisch nach mit ausschließlich eigenen Kräften, oder aber sie bitten ihre Verbündeten um stärkere Unterstützung. Auf diesen Fall sollte sich, so Kaims Rat, die Bundesregierung so früh wie möglich gedanklich einstellen: „Was kann Deutschland dann anbieten?“. Eine Antwort sollte Berlin nicht erst formulieren können, wenn die Anfrage Frankreichs tatsächlich eingehe, sagte er.

Die Kämpfer mischen sich unter Zivilisten

Mit 2500 französischen, rund 5500 Ecowas- und je nach Schätzung zwischen 5000 und 12 000 malischen Soldaten, die zum Teil erklärte Regierungsgegner sind, soll ein Wüstengebiet unter Kontrolle gebracht werden, das so groß ist wie Frankreich und Spanien zusammen. Die islamistischen Kämpfer von Al Qaida im islamischen Maghreb (Aqim), Ansar Dine (Bewahrer des Glaubens) und Mujao (Bewegung für Einheit und Dschihad in Westafrika) hatten das Gebiet seit April 2012 unter ihrer Kontrolle. Wer nicht geflohen ist, ist entweder eingeschüchtert von den neuen Herren, die eine Art Steinzeit-Scharia durchgesetzt und eine Religionspolizei bestehend aus Islamisten aus verschiedenen Nachbarländern eingesetzt haben. Und dann sind da noch diejenigen, die mit den neuen Herren Geschäfte machen oder mehr oder minder gut von ihnen leben. Das ermöglicht es den Kämpfern, sich unter Zivilisten zu mischen. Das Risiko, verraten zu werden, existiert zwar, aber der Terror der vergangenen Monate macht es für die Islamisten beherrschbar, zumal es Berichte gibt, nach denen die Islamisten in malische Familien eingeheiratet haben. Außerdem haben die Kämpfer Verstecke in der Wüste, die von ausländischen wie malischen Soldaten nur schwer zu finden sein dürften.

Im besten Fall gelingt es durch den Militäreinsatz, einen Großteil der schweren Waffen aus den geplünderten malischen wie libyschen Magazinen zu zerstören. Im schlechtesten Fall finden die Besatzungssoldaten diese Waffen in der Wüste einfach nicht. Dann hätten die Islamisten, die je länger der Einsatz dauert, mit umso mehr Zulauf rechnen dürfen, jederzeit wieder die Möglichkeit, in Richtung Hauptstadt zu marschieren. Die Versorgung der ausländischen Soldaten ist eine schwer lösbare Aufgabe. Neben dem Flughafen in Bamako gibt es lediglich einen weiteren, auf dem große Flugzeuge landen können: der Militärflughafen in Sévaré, knapp 60 Kilometer nördlich der gerade zurückeroberten zentralmalischen Stadt Konna. Außer in Bamako gibt es nur zwei weitere Brücken über den Niger, eine bei Markala in Zentralmali und ein bei Gao – die im von Islamisten kontrollierten Gebiet liegt. Auch von den Nachbarländern Mauretanien, Algerien, Burkina Faso oder Niger ist die Region nur schwer erreichbar. Weil es Wüste ist, müssen Wasser, Lebensmittel, Munition ständig geliefert werden. Das wird nicht nur deshalb schwer, weil es fast nur unbefestigte Straßen und Brücken gibt. Von Juni bis September gibt es eine Regenzeit, vor allem im Juli und August regnet es genug, um alles im Schlamm versinken zu lassen. Es hatte einen guten Grund, warum die Ecowas-Soldaten erst im September in den Krieg gegen die Islamisten im Norden Malis geschickt werden sollten.

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