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Aus den Reihen der Grünen hieß es, die Initiative sei von Baerbock ausgegangen, die Schuldenbremse nach Möglichkeit noch in alter Zusammensetzung des Bundestages zu reformieren.

© dpa/Sören Stache

Eine Zwei-Drittel-Mehrheit wird benötigt : Grüne wollen Schuldenbremse mit alten Mehrheiten ändern

Die Grünen planen eine Korrektur der Schuldenbremse und Beschlüsse zu möglichen Sondervermögen. Für sie stelle es eine außen- und sicherheitspolitische Notwendigkeit dar.

Stand:

Die Grünen dringen nach ihrer Niederlage bei der Bundestagswahl darauf, dass der Bundestag noch in alter Zusammensetzung mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit die Schuldenbremse reformiert.

„Wir haben noch die Möglichkeit, mit dem bestehenden Bundestag, wenn wir sehr schnell sind, finanzielle Hilfen oder Unterstützung durch eine Reform der Schuldenbremse jetzt zu beschließen“, sagte ihr Kanzlerkandidat und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montag in Berlin. Das gelte sowohl für Militärhilfen für die Ukraine als auch für Wirtschaftshilfen.

Außenministerin Annalena Baerbock sagte in der gemeinsamen Pressekonferenz, damit setze man sich nicht über den Wählerwillen hinweg. Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz sei aufgefordert, die nächsten Wochen verantwortungsvoll zu nutzen.

Initiative soll von Baerbock gekommen sein

Aus den Reihen der Grünen hieß es, die Initiative sei von Baerbock ausgegangen, die Schuldenbremse nach Möglichkeit noch in alter Zusammensetzung des Bundestages zu reformieren. Baerbock verwies vor Journalisten wie Habeck auf die Notwendigkeit, mit Blick auf den Ukraine-Krieg und größere Verteidigungsausgaben in Europa mehr Geld aufzubringen. Es sei „keineswegs so, dass man sich über irgendwelchen Wählerwillen hinwegsetzt“. Die Wählerinnen und Wähler hätten vor drei Jahren eine Bundesregierung gewählt, die geschäftsführend im Amt sei.

Deutschland trage Verantwortung für den Frieden in Freiheit in Europa, sagte wiederum Baerbock. „Wir müssen in diesem Moment die Kraft dafür finden“, rief sie zu einem gemeinsamen Handeln der demokratischen Parteien auf. In diesem entscheidenden Moment brauche es ein Deutschland, „das ohne Zögern und Zaudern für diesen Frieden in Freiheit einsteht“.

Baerbock verwies dabei auf den außenpolitischen Kurswechsel der USA unter Donald Trump und in Verbindung damit auf die Lage der Ukraine. Daraus ergebe sich eine Verantwortung, die größer sei als Parteipolitik. Es sei unter anderem wegen des Wahlkampfs schon viel Zeit versäumt worden. Es sei keine Option, jetzt bis zu einer Regierungsbildung „nach Ostern oder Pfingsten“ zu warten.

Merz habe das Mandat, die künftige Bundesregierung zu führen, sagte Habeck. Er müsse sich die finanziellen Mittel besorgen, um die Regierung vernünftig zu führen. „Die Möglichkeiten sind da, aber man muss die Möglichkeiten auch ergreifen wollen oder sie sich auch schaffen“, sagte Habeck. Dies gelte nicht nur für den Bereich Verteidigung, sondern „auch um die Wirtschaft resilienter zu kriegen“. Auch Merz müsse erkennen, dass hierfür wie auch für die Infrastruktur Geld erforderlich sei.

Özdemir brachte Schuldenbremse wieder ins Gespräch

Zuvor hatte bereits der Grünen-Politiker und Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir einen Beschluss des alten Bundestages zur Schuldenbremse ins Gespräch gebracht. Im ARD-„Morgenmagazin“ verwies auch er darauf, dass dieser noch bis zur konstituierenden Sitzung des neu gewählten Parlaments voll arbeitsfähig bleibt.

„Wir können mit Bündnis90/Die Grünen, CDU/CSU und SPD dafür sorgen, dass wir mehr ausgeben können für die Landesverteidigung“, sagte Özdemir. Später sei es nicht mehr ohne weiteres möglich, „mehr zu tun für die Bildung, für die Infrastruktur, für die Bundeswehr“, warb der Grünen-Politiker für diesen Vorschlag.

Linken-Parteichef Jan van Aken erklärte sich zwar grundsätzlich zur Mitwirkung seiner Partei zu Verfassungsänderungen bereit, allerdings nur bei bestimmten Themen. „Natürlich sind wir gesprächsbereit, ist doch gar keine Frage“, sagte van Aken ebenfalls im ARD-„Morgenmagazin“. Einen Blankoscheck wolle seine Partei der künftigen Regierung aber nicht ausstellen.

Die Auffassung der Linken sei: „Die Schuldenbremse muss natürlich weg“, sagte van Aken. Eine deutliche Erhöhung der Verteidigungsausgaben lehnte er aber in diesem Zusammenhang ab. Auch militärische Unterstützung für die Ukraine hat die Linke bislang nicht mitgetragen. Zu einem neuen Sondervermögen für die Bundeswehr dürfte sie ebenfalls kaum bereit sein

Im neugewählten Bundestag gibt es voraussichtlich keine Zwei-Drittel-Mehrheit, die für eine Änderung der Schuldenbremse oder ein neues schuldenfinanziertes Sondervermögen der Bundeswehr erforderlich wäre. Die Partei Die Linke hatte am Sonntagabend deutlich gemacht, dass sie höhere Verteidigungsausgaben nicht mittragen werde. Union, SPD und Grüne kommen alleine nicht auf die notwendige Mehrheit. Die FDP ist im neuen Bundestag nicht mehr vertreten.

Der neugewählte Bundestag tritt spätestens am 25. März zusammen. Dann erlischt die Amtszeit des alten Bundestages, in dem Union, SPD, Grüne und FDP zusammen noch eine Zwei-Drittel-Mehrheit aufbringen könnten. Die Grünen hatten bei der Bundestagswahl rund drei Prozentpunkte verloren und kamen auf 11,6 Prozent. Ihnen bleibt künftig nur die Rolle der Opposition. (AFP/Reuters)

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