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„Erhöht Wahrscheinlichkeit, dass Grüne regieren“: FDP-Chef Lindner warnt vor Stimmen für die AfD
Die FDP dümpelt in Umfragen seit Monaten um die fünf Prozent. Lindners Liberalen droht, den Wiedereinzug in den Bundestag zu verpassen. Der Parteichef sagt nun, wie die Strategie aussehen soll.
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Die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP ist gescheitert, die ehemaligen Partner streiten erbittert darüber, wer für das Aus des Bündnisses verantwortlich ist. FDP-Chef Christian Lindner, dessen Entlassung als Bundesfinanzminister durch Kanzler Olaf Scholz (SPD) das Ende der Regierung offiziell auf den Weg brachte, gilt insbesondere den Sozialdemokraten als Schuldiger: Lindner habe das Scheitern gezielt provoziert. Die FDP dümpelt in Umfragen seit Monaten um und unter fünf Prozent.
Der FDP-Chef, der eine Neuauflage des Ampelbündnisses nach den geplanten vorgezogenen Bundestagswahlen am 23. Februar gerade kategorisch ausgeschlossen hatte, sagte nun, wie er seine Partei davor bewahren will, den Wiedereinzug ins Parlament zu verpassen: Lindner hofft, im Wahlkampf Wähler von der AfD zurückgewinnen zu können.
„Es müsste für Union und FDP eine gemeinsame Aufgabe sein, von der AfD erreichbare Wähler für die Mitte zurückzugewinnen. Anders gesagt, wer die AfD wählt, der erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Grünen regieren“, sagte Lindner den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In allen Umfragen gebe es eine Mitte-Rechts-Mehrheit. „Da wäre eine Mitte-Links-Regierung wie Schwarz-Grün kein guter Rat. Ich kämpfe jedenfalls für eine Regierung, die das Land in die Mitte rückt“, sagte Lindner.
Unter deren Wählerinnen und Wählern sind Menschen, die eine andere Politik wollen, aber kein anderes System.
Christian Lindner, FDP-Chef, über potenzielle Wähler der AfD
„Mitte“ heiße für ihn mehr Vertrauen auf die Eigenverantwortung der Menschen, Respekt vor ihren freien Entscheidungen, Eintreten für Eigentum und einen Staat, der Menschen bei Lebensrisiken nicht im Stich, im Alltag aber in Ruhe lasse. Bei der AfD unterscheide er zwischen den Funktionären der Partei und deren Wählern.
„Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass man von der AfD Stimmen zurückgewinnen kann. Unter deren Wählerinnen und Wählern sind Menschen, die eine andere Politik wollen, aber kein anderes System“, sagte Linder. „Die regen sich auf, dass es Gendersternchen gibt und eine von ihnen als linksgrün empfundenen Medienöffentlichkeit, während bei Migration, Bürokratismus und Wirtschaft die Probleme nicht gelöst werden.“
Auf die Frage, ob es Überschneidungen zwischen der FDP und der AfD gebe, antwortete Lindner, dass das Gute im AfD-Programm von anderen abgeschrieben sei. „Zum Beispiel die Abschaffung des Solidaritätszuschlags von der FDP. Was aber die AfD exklusiv vertritt, wie den Austritt Deutschlands aus der EU, das wäre fatal für unser Land.“
Dass die Chefs der Union, Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) nicht mit der FDP in einer von ihnen geführten Bundesregierung planen, sondern auf eine große Koalition ohne Scholz setzen, ficht Lindner offenbar nicht. Der Unionskanzlerkandidat Merz hatte am vergangenen Wochenende gesagt: „Es wird keine Zweistimmen-Hilfe von uns für die FDP geben.“
Und der bayerische Ministerpräsident hatte Lindner vorgeworfen, „auch er hat in der Ampel viele Fehler gemacht“. Söder riet dem FDP-Chef gar zu einer politischen Auszeit.
Das lehnte Lindner nun entschieden ab. „Ich bin erst 45 Jahre. Ich habe noch viel vor. Ich vertrete ja mein eigenes Lebensgefühl in der Politik, wenn ich für die Freiheit, das Aufstiegsversprechen, die Freude an Leistung und Technologie eintrete“, sagte er. „Würde ich weichen, dann hätten auch die ganzen linken Trolle nichts mehr zu tun, die mich in Social Media als kapitalistisches Feindbild brauchen und mit Spott begleiten.“
Ein Ministeramt sei aus seiner Sicht „nichts für Jahrzehnte“, da die Aufgabe zwar „großartig“ sei, aber einen Preis verlange. „Es ist kaum möglich, neben dem Ministeramt die eigene Familie, Freundschaften und private Vorlieben so zu pflegen, wie ich mir das wünsche“, sagte Lindner. „Aber in der jetzigen Lebensphase ist noch mit mir zu rechnen.“
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