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„Es gab keine Denkverbote“: Habeck weist Täuschungsvorwurf beim Atomausstieg zurück
Union und FDP werfen Minister Habeck vor, im Jahr 2022 einen Weiterbetrieb der Atomkraftwerke nicht ergebnisoffen geprüft zu haben. Der Grünen-Politiker widerspricht.
Stand:
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat im Untersuchungsausschuss des Bundestags zum Atomausstieg Vorwürfe zurückgewiesen. Der Grünen-Politiker sagte mit Blick auf die Energiekrise im Jahr 2022 nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, ein Weiterbetrieb der verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland sei ohne ideologische Vorfestlegungen und ergebnisoffen geprüft worden.
„Es gab keine Denkverbote.“ Die einzige Frage sei gewesen, ob es der Versorgungssicherheit helfe und umsetzbar sei.
Im März 2022 hatte eine gemeinsame Prüfung von Wirtschafts- und Umweltministerium ergeben, dass eine Verlängerung der Laufzeiten der noch verbliebenen Atomkraftwerke nur einen „sehr begrenzten Beitrag zur Lösung des Problems leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten, verfassungsrechtlichen und sicherheitstechnischen Risiken“.
Union und FDP werfen Habeck sowie Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne) vor, den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke nicht „ergebnisoffen“ und „unvoreingenommen“ geprüft, sondern aus ideologischen Gründen entschieden zu haben.
Union und FDP sehen Täuschungsmanöver
Die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland liefen letztlich ein paar Monate länger als ursprünglich geplant – der Atomausstieg verschob sich vom 31. Dezember 2022 auf den 15. April 2023. Davor lag nach einem Streit innerhalb der damaligen Ampel-Koalition ein Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) im Herbst 2022.
Der Streit im Herbst 2022 drehte sich darum: Die Grünen wollten die beiden süddeutschen Atomkraftwerke Isar 2 und Neckarwestheim 2 bis zum 15. April in Reserve halten und bei Bedarf weiter für die Stromerzeugung nutzen. Das dritte noch verbleibende AKW Emsland hingegen sollte zum 1. Januar 2023 endgültig abgeschaltet werden. Die FDP verlangte angesichts der stark gestiegenen Energiepreise dagegen einen Weiterbetrieb aller drei Kraftwerke bis ins Jahr 2024 und gegebenenfalls die Reaktivierung bereits stillgelegter AKW.
Der Ausschuss-Vorsitzende Stefan Heck (CDU) warf Habeck vor Beginn der Sitzung vor, es habe nie eine ergebnisoffene Prüfung gegeben. „Im Gegenteil: Es war ein großangelegtes Täuschungsmanöver.“ Es habe im Wirtschafts- sowie Umweltministerium immer wieder Hinweise und fachliche Einschätzungen von Referenten und Referatsleitern zu der Frage gegeben, ob Kernkraftwerke länger am Netz bleiben sollen. Diese positiven Voten seien, als sie die politische Ebene erreicht haben, so abgeändert worden, dass sie der politischen Richtung, der Ideologie von Habeck entsprochen hätten.
Der FDP-Politiker Frank Schäffler sagte, es sei deutlich geworden, dass die Grünen das Land „hinter die Fichte“ geführt hätten. Sie hätten immer wieder Sand ins Getriebe gestreut, sagte er mit Blick auf Prüfungen zum Weiterbetrieb der Atomkraftwerke.
Von Notz kritisiert „Geraune“ von Zeuge Lindner
Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz warf wiederum Christian Lindner nach dessen Aussagen im Ausschuss unbelegte Behauptungen vor. „Das kann man, wenn man es freundlich sagen will, als unsubstantiiertes Geraune bezeichnen“, sagte von Notz im Deutschlandfunk. Er sitzt als Obmann für die Grünen im Ausschuss.
„Man sagt nämlich: „so unser Eindruck“, „meine Meinung“, „mein Gefühl ist, dass da irgendwie was nicht stimmt“.“ Solche Aussagen seien der Wahrheitsfindung nicht zugänglich, fügte von Notz hinzu.
Der Grünen-Politiker verteidigte erneut die umstrittenen Entscheidungen, die dem deutschen Atomausstieg im April 2023 vorausgingen. „Da sind alle zu Wort gekommen“, betonte von Notz. „Die Fakten, die Akten, die Zeugenaussagen, die belegen eindeutig: Es ist ergebnisoffen damals geprüft worden, wie man durch diese Krise kommt.“
In den vergangenen Wochen und Monaten wurden bereits zahlreiche Zeugen im Ausschuss befragt. Nach Angaben Hecks werden es mit Scholz und Habeck seit dem Beginn der Befragungen im Oktober 2024 am Ende 40 Zeugen gewesen sein. Dass dies trotz verkürzter Legislaturperiode möglich gewesen sei, sei eine „beachtliche Leistung“, sagte Heck.
Auch ein Abschlussbericht sei in den kommenden Wochen geplant - wenn auch abweichend vom regulären Verfahren. Der Bericht, der dann Stellungnahmen aus allen Fraktionen enthalten soll, soll noch im Februar vor der Bundestagswahl der Bundestagspräsidentin vorgelegt werden. (dpa)
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