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Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg: Steffi Lemke muss sich kaum relevanten Fragen stellen
Trotz Energiekrise stieg Deutschland aus der Atomenergie aus. CDU und FDP werfen Umweltministerin Steffi Lemke Ideologie vor. Untermauern können sie das am Mittwoch nicht.
Stand:
Das erste Wort im Untersuchungsausschuss zum Atomausstieg hatte an diesem Mittwochmorgen Umweltministerin Steffi Lemke. Und diese Gelegenheit nutzte die Grünen-Politikerin intensiv.
Seite für Seite ihres Redemanuskripts las sie mit ruhiger Stimme vor. Eine gute halbe Stunde lang legte sie dar, warum ihr Ministerium eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Atomkraftwerke trotz Energiekrise auch 2022 als zu riskant einstufte.
Die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit ist nicht verhandelbar.
Umweltministerin Steffi Lemke (Grüne)
CDU und FDP werfen Lemke – und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) - vor, entgegen der Einschätzung ihrer Fachbeamten eine längere Laufzeit über den geplanten Atomausstieg Ende 2022 hinaus ausgeschlossen zu haben. Argument für Argument trug Lemke nun vor, um diesen Vorwurf zu entkräften.
Warum schloss Lemkes Staatssekretär den Streckbetrieb aus?
„Die Gewährleistung der nuklearen Sicherheit ist nicht verhandelbar“, sagte Lemke. Das 1986 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl gegründete Umweltministerium dürfe sie nicht zugunsten kurzfristiger Überlegungen zurückstellen oder sie dem russischen Neoimperialismus opfern.
Zwei Varianten für eine Laufzeitverlängerung standen damals öffentlich zur Debatte: ein Streckbetrieb der drei verbliebenen Kernkraftwerke ins Frühjahr 2023 hinein, um einen Blackout wegen der Gasmangellage zu vermeiden, oder eine mehrjährige Verlängerung der Laufzeit.
In einem Prüfvermerk hatten Lemkes Beamten in der Abteilung für Reaktorsicherheit 2022 festgehalten, dass eine mehrjährige Laufzeitverlängerung aus Sicherheitsgründen nicht infrage komme. Denn die drei letzten aktiven AKWs – Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 – waren wegen des anvisierten Atomausstiegs seit 2009 nicht mehr einer grundlegenden Sicherheitskontrolle unterzogen worden. Außerdem gab es keine passenden neuen Brennstäbe für die AKWs mehr.
Lemkes Chef der Atomaufsicht, Gerrit Niehaus, schloss es daraufhin grundsätzlich aus, dass die AKWs länger als bis Ende 2022 am Netz bleiben. Auch ein mehrmonatiger Streckbetrieb mit den bestehenden Brennstäben wäre damit unmöglich gewesen.
Kann man daraus schließen, dass Niehaus und Lemke einen Streckbetrieb – der nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) schließlich kam – nicht ergebnisoffen geprüft haben? Lemke hält diesen Vorwurf für weltfremd.
Es sei völlig normal, dass Papiere in Ministerien mehrere Stufen durchlaufen und überarbeitet würden, um sie auch verständlicher zu machen, sagte sie. Herr Niehaus habe den Vermerk aber nicht umgeschrieben, betonte Lemke. „Das hätte ich auch nicht toleriert.“ Die Argumente der Fachabteilung blieben also nachvollziehbar.
Bereits 2011 habe der Gesetzgeber beim Atom-Ausstieg festgelegt, dass das Restrisiko beim Betrieb der betroffenen Atomkraftwerke nur bis Ende 2022 tragbar sei, erklärte Lemke. Sie sah damals keinen Grund von dieser Einschätzung abzuweichen, da die Meiler nicht sicherer geworden seien.
CDU-Befrager verzettelt sich
Zugleich sagte sie, dass sich im Verlauf des Jahres 2022 erst nach und nach herausgestellt habe, dass ein Streckbetrieb mit den bestehenden Brennstäben möglich sei.
Den Abgeordneten von Union und FDP gelang es danach mit ihren Fragen nicht, Lemke in Bedrängnis zu bringen. So verzettelte sich der CDU-Abgeordnete Dietrich Monstadt in Fragen dazu, warum Lemke laut einer Notiz im Schriftverkehr ihres Ministeriums lieber von Atomkraft als von Kernkraft sprechen wollte.
Danach fragte Monstadt Lemke mehrmals, warum Mitarbeiter des Umweltministeriums einige E-Mails zur Laufzeitverlängerung an Lemkes private Mail geschickt haben. „Dass Sie hier Runde um Runde drehen“, sagte Grünen-Obmann Konstantin von Notz, erwecke den Eindruck, dass die Union zum eigentlichen Untersuchungsgegenstand nichts Relevantes vorzutragen habe.
Vielleicht sparten die Abgeordneten der Opposition ihre Kraft aber nur auf für die am Mittwoch noch folgenden Befragungen von Ex-Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD).
Am Donnerstag werden dann Kanzler Olaf Scholz und sein Vize Robert Habeck als letzte Zeugen vor den Untersuchungsausschuss treten.
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