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„Es ist ein klares Zeichen“: Scholz sieht in Abschiebungen nach Afghanistan Warnung an alle Straftäter
Deutschland hat erstmals seit drei Jahren verurteilte Kriminelle nach Afghanistan ausgeflogen. Der Kanzler zeigt sich zufrieden. Die Grünen dämpfen Erwartungen an weitere Flüge.
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Abschiebeflug nach Afghanistan als Signal an alle Straftäter bezeichnet. „Es ist ein klares Zeichen: Wer Straftaten begeht, kann nicht darauf rechnen, dass wir ihn nicht abgeschoben kriegen, sondern wir werden versuchen, das zu tun, wie man in diesem Fall sieht“, sagte der SPD-Politiker bei einem Wahlkampftermin in der Nähe von Leipzig.
„Wir haben angekündigt, dass wir auch Straftäter nach Afghanistan wieder abschieben werden. Das haben wir sorgfältig vorbereitet, ohne groß darüber zu reden, weil solches Vorhaben ja nur gelingt, wenn man sich da Mühe gibt, wenn man es sorgfältig und sehr diskret macht. Heute ist das erfolgt“, sagte der Bundeskanzler. Scholz kündigte im „Spiegel“ zudem „harte Gespräche“ mit europäischen Partnern an, damit diese Flüchtlinge zurücknehmen, deren Asylverfahren dort laufen sollten.
Am Morgen war erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren ein Abschiebeflug von Deutschland nach Afghanistan gestartet. Nach Angaben von Bundesinnenministerin Nancy Faeser waren 28 Straftäter an Bord der Maschine.
Mörder, Islamisten, Vergewaltiger, Schwerkriminelle, die unseren Schutz missbrauchen, müssen das Land verlassen.
Robert Habeck, Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister (Grüne)
Bundesinnenministerin Nancy Faeser hatte den Flug zuvor auf der Plattform X bestätigt. Die SPD-Politikerin schrieb: „Unsere Sicherheit zählt, unser Rechtsstaat handelt.“ Faeser dankte der Bundespolizei und den Ländern für die enge Zusammenarbeit.
Auch Bundeswirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck begrüßte die Abschiebung von afghanischen Straftätern aus Deutschland in ihr Heimatland. „Mörder, Islamisten, Vergewaltiger, Schwerkriminelle, die unseren Schutz missbrauchen, müssen das Land verlassen“, sagte der Grünen-Politiker am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. „Daher ist das konsequent.“
Zugleich mahnte Habeck, das Asylrecht müsse unangetastet bleiben, damit unbescholtene Menschen, Verfolgte sowie Opfer von Gewalt und Terror, die vor Islamisten geflohen seien, Schutz fänden. „Diesen Unterschied zu machen, ist wichtig“, unterstrich Habeck.
Bei den Grünen waren Vorbehalte geäußert worden, dass dafür Abmachungen mit den in Afghanistan herrschenden Islamisten getroffen werden müssten. Co-Parteichef Omid Nouripour erklärte am Freitag, es sei stets klar gewesen, „dass es technische Möglichkeiten geben kann, in wenigen Fällen Menschen nach Afghanistan zu fliegen“. Der nun durch das Emirat Katar vorgenommene Flug sei ein solcher Weg.
Grüne halten Abschiebungen im großen Stil für nicht möglich
„Allerdings sind so Abschiebungen im großen Stil nicht möglich“, sagte Nouripour. „Dafür bräuchte es eine direkte staatliche Zusammenarbeit, die mit den Steinzeit-Islamisten der Taliban nicht möglich ist.“ Abschiebungen von Straftätern nach Afghanistan sind umstritten. Kritiker halten Abschiebungen in das Land für nicht vereinbar mit dem Grundgesetz und dem Völkerrecht, denn in Afghanistan drohen Menschenrechtsverletzungen.
Nach dem tödlichen Anschlag auf einen Polizisten in Mannheim Ende Mai hatte Scholz angekündigt, dass man Straftäter auch nach Afghanistan und Syrien abschieben wolle. Die tödliche Messe-Attacke von Solingen, bei der Ende vergangener Woche auf einem Volksfest drei Menschen getötet und acht verletzt wurden, hatte dann eine breite Debatte über Gesetzesverschärfungen in Gang gesetzt. Für die Tat verantwortlich gemacht wird ein 26-jähriger Syrer, der eigentlich nach Bulgarien hätte abgeschoben werden müssen.
Die Ampelkoalition legte deshalb am Donnerstag ein Maßnahmenpaket vor, das unter anderem eine Verschärfung der Waffengesetze und die Streichung von Leistungen für Personen vorsieht, die eigentlich von einem anderen Schengen-Staat betreut werden müssten. Zudem sollen Besuche von Afghanen und Syrer in ihrer Heimat dazu führen, dass sie hier ihren Schutzstatus verlieren.
An der Aktion beteiligte Bundesländer begrüßten den Abschiebeflug. Vertreter der Union in den Landesregierungen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg verlangten von der Bundesregierung gleichzeitig weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien. Länderangaben zufolge wurden aus Hessen sechs, aus Bayern drei, aus Baden-Württemberg fünf und aus Thüringen ein Straftäter nach Afghanistan abgeschoben.
„Flüchtlinge und Ausländer, die bei uns schwere Straftaten begehen, müssen unser Land verlassen“, erklärte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). „Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie weitere Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien möglich macht.“ Der hessische Innenminister Roman Poseck (CDU) erklärte, perspektivisch müssten „auch Rückführungen von ausreisepflichtigen Syrern unabhängig von Straftaten möglich werden“.
„Es wurde auch höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich in die Gänge kommt“, erklärte Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU). Wegen „Bedenken insbesondere der Grünen“ seien Abschiebungen nach Afghanistan lange nicht möglich gewesen.
„Ich hoffe, dass es sich hierbei nicht um ein reines Strohfeuer der Bundesregierung handelt. Es müssen nun zügig weitere Rückführungen sowohl nach Afghanistan als auch nach Syrien folgen.“ (dpa, AFP, Reuters)
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