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Ex-DFB-Spieler provoziert in Wolfsgruß-Debatte: Özil schaute gemeinsam mit Erdogan das EM-Viertelfinale der Türkei im Berliner Olympiastadion
Der ehemalige Deutschland-Kicker suchte auf der Tribüne die Nähe zum türkischen Präsidenten. Dieser hatte für das Spiel einen Staatsbesuch sausen lassen. Nach dem EM-Aus traf er das Türkei-Team in der Kabine.
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan ist wie angekündigt nach Berlin gereist, um nach dem Wolfsgruß-Eklat seinem Team im EM-Viertelfinale gegen die Niederlande den Rücken zu stärken. Im dunklen Anzug und mit roter Krawatte saß der 70-Jährige am Samstagabend zusammen mit Ehefrau Emine im Berliner Olympiastadion auf der Tribüne.
Ebenfalls dabei war der frühere deutsche Fußball-Nationalspieler Mesut Özil. Der 35-Jährige nahm bei der hochbrisanten Partie hinter dem Präsidentenehepaar Platz.
Zuvor hatte Özil mit einem Bild Instagram für Aufsehen gesorgt und die aufgeladene Wolfsgruß-Debatte weiter angeheizt. Er teilte ein Foto des umstrittenen Jubels des türkischen Nationalspielers Merih Demiral. Versehen war es mit einer Anfeuerung für die Türkei.
Demiral war für die Geste von der UEFA für zwei Spiele gesperrt worden. Der 26-Jährige hatte beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Treffer mit beiden Händen das Handzeichen und Symbol der „Grauen Wölfe“ geformt. Als „Graue Wölfe“ werden die Anhänger der rechtsextremistischen „Ülkücü-Bewegung“ bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird.

© IMAGO/Shutterstock/Kieran McManus
Özil hatte bereits mehrmals mit Fotos für Aufsehen gesorgt, die ihn mit einer Tätowierung auf der Brust mit drei Halbmonden und einem heulenden Wolf zeigen. Diese Symbole werden den „Grauen Wölfen“ zugeordnet.
Erdogan besucht türkische „Champions“ in der Kabine
Nach dem Aus im EM-Viertelfinale besuchte Präsident Erdogan das türkische Team in der Kabine. „Ich gratuliere euch allen. Auch wenn wir heute hier dieses Ergebnis erzielt haben, seid ihr unsere Champions“, sagte Erdogan Medien zufolge zu den Nationalspielern.
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In der Kabine schüttelte Erdogan den Fußballern die Hände, auch dem gesperrten Merih Demiral. Erdogan hatte zuvor die Kritik an der Geste abgetan, der Spieler habe damit nur sein „Begeisterung“ ausgedrückt.
Trotz der Niederlage sieht Erdogan eigenen Angaben zufolge in der türkischen Mannschaft viel Potenzial. „Das hat Zukunft, wir werden diese Arbeit auch in Zukunft fortsetzen“, sagte der Präsident.
Erdogan sagte Staatsbesuch kurzfristig für Türkei-Spiel ab
Nach Informationen des Tagesspiegels aus Sicherheitskreisen war Erdogan am Samstagabend um 18.15 Uhr am Flughafen BER gelandet. Wie die „Berliner Morgenpost“ berichtete, soll die Wagenkolonne des türkischen Präsidenten gegen 20.30 Uhr, rund eine halbe Stunde vor Anpfiff, das Stadion erreicht haben.
Für den Kurzbesuch hatte Erdogan extra seine geplante Reise nach Aserbaidschan abgesagt, wie die Deutsche Presse-Agentur aus informierten Kreisen erfahren hatte. Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt (SPD) wollte auch an dem Spiel teilnehmen und Erdogan begrüßen, wie er auf Tagesspiegel-Anfrage bestätigte.
Laut Teammanager Hamit Altintop hatte der Erdogan-Besuch nichts mit der Wolfsgruß-Debatte zu tun. „Das war schon vorher abgesprochen, dass unser Staatschef zu diesem Spiel kommen wollte. Das hat mit dem Vorfall oder der Entscheidung der UEFA gar nichts zu tun“, sagte der ehemalige Bundesligaprofi bei MagentaTV.
Fans der Türkei zeigen in Berlin den Wolfsgruß
In der Türkei hatte die Entscheidung der Uefa, Demiral zu sperren, teilweise Empörung ausgelöst. Als „Skandal“ bezeichnete der türkische Sender TRT die Entscheidung, der Präsident des Fußballverbands, Mehhmet Büyükeksi, nannte sie „inakzeptabel, illegal und politisch“. Türkische Fußball-Ultras riefen die Fans auf, im Berliner Olympiastadion den Wolfsgruß zu zeigen – viele taten das dann auch.
Die Torjubel-Affäre hatte zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Berlin und Ankara geführt. Am Mittwoch hatte die türkische Regierung den deutschen Botschafter in Ankara einbestellt, nachdem die Bundesregierung Kritik an Demirals Wolfsgruß-Geste geäußert hatte. Das Auswärtige Amt bestellte darauf am Donnerstag seinerseits den türkischen Botschafter in Deutschland ein.
Beim Wolfsgruß repräsentieren Zeige- und kleiner Finger die Ohren, die restlichen das Maul. Dieser sogenannte Wolfsgruß ist das Erkennungszeichen der vom deutschen Verfassungsschutz beobachteten, rechtsextremistischen türkischen „Ülkücü“-Bewegung, auch bezeichnet als Graue Wölfe. In der Türkei wird er etwa von der ultranationalistischen Partei MHP genutzt, die Partner der Regierung unter Erdogan ist.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte die türkischen Fans zum Verzicht auf den Wolfsgruß auf. „Politik hat keinen Platz auf dem Spielfeld“, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende, Jochen Kopelke, am Samstag. Dies gelte erst recht, „wenn in ihrem Zentrum menschenverachtende Symbolik zum Ausdruck gebracht wird.“
Es sei es dringend notwendig zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen diese Geste verboten werden könne, forderte Kopelke. Auch müssten aufgebrachte türkische Fans Maß finden. „Es handelt sich um ein Hochrisiko-Spiel. Das stellt unsere Kolleginnen und Kollegen vor besondere polizeiliche Herausforderungen.“ (dpa, AFP, epd)
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