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„Löst kein Problem“: Deutschland schickt trotz Kritik Flugzeuge nach Nahost
Deutschland beteiligt sich an einer Luftbrücke für die Hungernden in Gaza. Damit akzeptiere man Israels Politik, heißt es aus der SPD-Fraktion.
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Die Bundeswehr hat zwei Transportflugzeuge nach Jordanien entsandt, die notleidende Menschen im Gazastreifen mit Hilfsgütern versorgen sollen. Die beiden Maschinen vom Typ A400M seien auf dem Weg, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Dienstag in einer Pressekonferenz mit dem jordanischen König Abdullah II..
In Jordanien würden die Flugzeuge aufgetankt und ausgerüstet. Sie würden ihre Einsätze, bei der sie Hilfsgüter über dem Gazastreifen abwerfen sollen, möglicherweise schon am Mittwoch, spätestens aber ab dem Wochenende fliegen.
Mit Blick auf den Abwurf humanitärer Güter aus der Luft stimme sich Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit seinem jordanischen Kollegen ab. Deutschland „mag mit dieser Arbeit humanitär nur einen kleinen Beitrag leisten, aber sie ist ein wichtiges Signal“, sagte Merz: „Wir sind da, wir sind in der Region, wir helfen.“
Jordanien beteiligt sich seit dem Wochenende an Hilfslieferungen für die Bevölkerung im Gazastreifen. Merz hatte am Montagabend nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts angekündigt, dass Deutschland „in Zusammenarbeit mit Jordanien umgehend eine Luftbrücke humanitärer Hilfsgüter“ für den Gazastreifen einrichten werde.
Israel verspricht „taktische Pausen“
Der Abwurf von Hilfsgütern aus der Luft ist umstritten. Kritiker fordern stattdessen, die Einfuhr mit Lastwagen massiv auszuweiten. Nach schwerer Kritik wegen der katastrophalen humanitären Lage in Gaza hatte die israelische Armee am Sonntag „taktische Pausen“ ihres Militäreinsatzes in Teilen des Gazastreifens angekündigt, um eine sichere Durchfahrt von Hilfskonvois zu ermöglichen.
Frankreich will sich in den kommenden Tagen ebenfalls an der Luftbrücke beteiligen. Die Hilfslieferungen aus der Luft sollten den „dringendsten Bedürfnissen der zivilen Bevölkerung“ entsprechen, hieß es am Dienstag aus diplomatischen Kreisen in Paris. Parallel dazu setze sich Frankreich für Hilfslieferungen per Lastwagen ein, „die mit Abstand effizienteste Lösung“. Beim Abwurf der Hilfsgüter aus der Luft sollte größte Vorsicht gelten, um die Bevölkerung nicht zu gefährden.
Deutschland akzeptiert, dass Netanjahu das Völkerrecht bricht.
Isabel Cademartori, SPD-Bundestagsabgeordnete
In der SPD wurde Kritik an der Luftbrücke laut. „Deutschlands Beteiligung an einer Luftbrücke ist ineffizient und löst kein Problem. Im Gegenteil: Damit akzeptieren wir Israels Politik, wonach nicht genug Nahrung in den Gaza-Streifen kommen darf“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori dem Tagesspiegel: „Deutschland akzeptiert, dass Netanjahu das Völkerrecht bricht.“

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Kanzler Merz sei in seiner Analyse klar, „aber sein Handeln ist inkonsequent“, sagte die SPD-Politikerin. Deutschland stehe „in einer schlechten Gesellschaft“ mit Italien und Ungarn auf der Bremse, wenn es darum gehe, „Israel zur Verantwortung zu ziehen“. Dabei könne Deutschland eine Aussetzung von Israels Assoziierungsabkommens mit der EU durch eine Enthaltung möglich machen, sagte Cademartori: „Den von der EU-Kommission geplanten Sanktionierungen sollte Deutschland nicht im Wege stehen.“
EU-Kommission für Sanktionen
Die EU-Kommission hatte zuvor wegen der katastrophalen humanitären Lage im Gazastreifen Sanktionen gegen Israel vorgeschlagen. Wie die Behörde unter der Leitung von Präsidentin Ursula von der Leyen am Montagabend mitteilte, empfiehlt sie den Mitgliedstaaten, die Teilnahme Israels am Forschungsförderungsprogramm Horizon Europe teilweise auszusetzen.
„Während Israel eine tägliche humanitäre Pause der Kämpfe im Gazastreifen angekündigt und einige seiner Verpflichtungen im Rahmen der gemeinsamen Vereinbarung über humanitäre Hilfe und Zugang erfüllt hat, bleibt die Lage weiterhin ernst“, hieß es zur Begründung.
Für die Umsetzung des nun vorgelegten Sanktionsvorschlags ist nach Angaben der EU keine einstimmige Entscheidung der Mitgliedstaaten notwendig. Es reicht demnach aus, wenn ihm 15 der 27 EU-Staaten zustimmen, die zusammen mindestens 65 Prozent der Bevölkerung der teilnehmenden Mitgliedstaaten repräsentieren.
Der britische Premierminister Keir Starmer rief derweil sein Regierungskabinett für eine Krisensitzung zur Situation im Gazastreifen aus dem Urlaub zurück. Wie der britische „Telegraph“ berichtete, wollte Starmer seine wichtigsten Minister bei dem Treffen am Dienstag darüber informieren, in welchem Rahmen er die Anerkennung eines palästinensischen Staates plane. (mit Agenturen)
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