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Geld für Verteidigung, Infrastruktur und Klimaschutz: Bundesrat stimmt mit großer Mehrheit für schuldenfinanziertes Milliardenpaket
Drei Tage nach dem Bundestag billigt auch die Länderkammer das Schuldenpaket von Union und SPD. Damit kann die Schuldenbremse im Grundgesetz aufgeweicht werden.
Stand:
Der Bundesrat hat der Lockerung der Schuldenbremse zugunsten höherer Verteidigungsausgaben und dem Sondervermögen Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro zugestimmt. 100 Milliarden davon entfallen auf die Länder. Außerdem wird die Schuldenregel für die Länder gelockert, die bisher strenger ist als die für den Bund.
Für die Änderung des Grundgesetzes gab es im Bundesrat 53 der 69 Stimmen. Nötig wären 46 gewesen. Nur die Länder Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Rheinland-Pfalz enthielten sich, alle anderen Länder stimmten zu. Enthaltungen gelten im Bundesrat wie ein Nein.
Wie schon im Bundestag kam damit auch in der Länderkammer die nötige Zweidrittelmehrheit für die entsprechende Änderung des Grundgesetzes zustande. Das Gesetz muss noch von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf sein verfassungsgemäßes Zustandekommen geprüft und unterschrieben werden.
Vor der Abstimmung hatten die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Alexander Schweitzer und Mario Voigt, angekündigt, dass sich ihre Länder im Bundesrat bei der Abstimmung über das Finanzpaket enthalten werden.
Damit folge er dem Wunsch des Koalitionspartners FDP, obwohl er das Paket begrüße, sagte der SPD-Politiker Schweitzer. Der CDU-Politiker Voigt wiederum regiert mit dem BSW, das Vorbehalte hat.
„Ich respektiere diesen Wunsch des Koalitionspartners und betone gleichzeitig, dass dieses Investitionspaket zu Recht eine Mehrheit im Bundesrat bekommen wird, denn es ist eine Chance für Länder und Kommunen“, sagte Ministerpräsident Alexander Schweitzer der Deutschen Presse-Agentur.
„Für Rheinland-Pfalz bedeutet das Investitionspaket 500 Millionen Euro jährlich für die nächsten zwölf Jahre“, sagte der SPD-Politiker. „Damit können wir in Kindertagesstätten, Schulen, Hochschulen, Verkehrsinfrastruktur und Klimaschutz investieren.“
Schweitzer betonte, das Finanzpaket „kann der Startschuss für ein Modernisierungsjahrzehnt sein, das unsere Wirtschaft ankurbelt und wovon die Menschen in Rheinland-Pfalz nachhaltig profitieren werden“. Es sei eine Investition in die Zukunft - „und damit auch eine Investition in unsere nachfolgenden Generationen“.
Im Bundesrat rechtfertigte Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann das Aufweichen der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse mit der sich dramatisch ändernden Weltlage. „Es geht um nicht weniger als die Selbstbehauptung Europas - sicherheitspolitisch, wirtschaftlich und technologisch“, sagte der Grünen-Politiker.
Es gehe auch um die Selbstbehauptung unserer Werte von Frieden, Freiheit und Demokratie. „Auf so eine außergewöhnliche Herausforderung kann man nicht mit gewöhnlichen Mitteln reagieren.“
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sagte, mit Geld allein ließen sich die Probleme Deutschlands nicht lösen. Der CDU-Politiker mahnte Strukturreformen an. „Dieser zweite Schritt muss kommen.“ Nötig sei eine neue Dynamik. „Wir müssen Wachstumsbremsen lösen.“
Finanzpaket ist kein Selbstbedienungsladen für irgendwelche Projekte.
Markus Söder
Bremens Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) forderte, für die nun möglichen Investitionen in die Infrastruktur rasch die nötigen Ausführungsgesetze zu beschließen. „Was nutzt uns das schönste Sondervermögen, wenn wir es in der Praxis nicht hinbekommen?“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) betonte, dass „jeder einzelne Euro klug gewogen und überlegt ausgegeben werden muss“. Das Finanzpaket sei „kein Selbstbedienungsladen für irgendwelche Projekte, die immer nochmal gemacht werden sollen“. Es müsse genau belegt werden, wofür das Geld ausgegeben werde. Söder forderte zudem einen langfristigen Rückzahlungsplan.
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) betonte die Notwendigkeit, eine „Balance der Generationengerechtigkeit“ zu wahren. Es gehe darum, der nachfolgenden Generation keine unnötigen Schulden, aber auch der jetzigen und nachfolgenden Generation keine Infrastrukturschulden zu hinterlassen. Diese türmten sich besonders bei Schiene, Straßen, Brücken, Kitas, Schulen und Krankenhäusern auf. Zugleich betonte Schwesig, dass das Finanzpaket dazu beitrage, ein „gefährliches Gegeneinander“ zwischen Ausgaben für Sicherheit und notwendige Infrastrukturinvestitionen zu vermeiden.
CDU-Chef Friedrich Merz hatte zuvor die Geschwindigkeit bei der Verabschiedung des Schuldenpaktes verteidigt. Angesichts der außenpolitischen Herausforderungen müsse man schnell handeln, hatte Merz am Freitagmorgen in Frankfurt am Main während des F.A.Z.-Kongresses gesagt.
AfD scheitert in Karlsruhe mit Eilantrag
Die Zweidrittelmehrheit im Bundesrat hatte lange als unsicher gegolten, weil unklar war, wie Landesregierungen abstimmen würden, in denen Linke, FDP, Freie Wähler und BSW mitregieren. Am Montag hatte allerdings Bayern ein Ja angekündigt. Am Freitagmorgen teilten auch Mecklenburg-Vorpommern und Bremen mit, dass sie zustimmen werden. In beiden Ländern gibt es SPD-Linke-Regierungen. Die Zustimmung der Landesregierungen mit ausschließlicher Regierungsbeteiligung von SPD, Union und Grünen galt ohnehin als sicher.
Das Bundesverfassungsgericht wies zuvor erneut einen Eilantrag der AfD-Fraktion gegen das Schuldenpaket von Union und SPD ab. Diesmal wollte die Fraktion in Karlsruhe erreichen, dass das Gericht dem Bundesrat vorläufig untersagt, den entsprechenden Grundgesetzänderungen zuzustimmen. Der Zweite Senat lehnte den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ab. (Az. 2 BvE 10/25)
Zuvor hatte das Gericht bereits mehrere Anträge - darunter auch zwei der AfD-Fraktion - abgelehnt, mit der die Antragssteller die Verabschiedung des Finanzpakets im Bundestag verhindern wollten. Sie hatten sich darauf berufen, dass der alte Bundestag nicht zu Sondersitzungen hätte einberufen werden dürfen, sowie dass die Beratungszeit nicht ausreiche. (Agenturen)
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