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Ein Flüchtling versucht, im Mittelmeer auf das Boot einer deutschen Nichtregierungsorganisation zu gelangen.

© AFP/ALESSIO PADUANO

Grenzschutz und Abschiebung: EU verschärft Kurs in der Migrationspolitik

Die Gemeinschaft der 27 Staaten hat weiter keine Lösung für eine Umverteilung von Flüchtlingen. Dagegen dient den EU-Staaten eine verstärkte Abschottung als kleinster gemeinsamer Nenner.

Die EU verschärft ihre Migrationspolitik. Beim EU-Gipfel in Brüssel einigten sich die Staats- und Regierungschefs nach schwierigen Verhandlungen in der Nacht zum Freitag auf den Ausbau des Grenzschutzes. In der Abschlusserklärung des Treffens hieß es, dass EU-Gelder unter anderem für „Infrastruktur“ an den Grenzen mobilisiert werden sollen. Die EU-Finanzierung von Zäunen wird hingegen nicht genannt. Zur Verschärfung der gemeinsamen Asyl- und Migrationspolitik gehören auch schnellere Abschiebungen und der verstärkte Kampf gegen Menschenschmuggler.

Die EU-Kommission hat sich über Jahre dagegen gewehrt, dass Grenzzäune aus dem Budget der Union finanziert werden. Wie Kommissionschefin Ursula von der Leyen nun aber erklärte, sollen zwei Pilotprojekte in den EU-Ländern Rumänien und Bulgarien zur Eindämmung der illegalen Migration beitragen. Die Grenze zwischen Bulgarien und der Türkei soll mit Fahrzeugen, Kameras, Straßen und Wachtürmen gesichert werden.

Diese Infrastruktur soll aus EU-Mitteln, dem bulgarischen Haushalt und Beiträgen der EU-Staaten finanziert werden. Bei dem zweiten Projekt soll es von der Leyen zufolge um die Registrierung von Migranten, ein schnelles Asylverfahren sowie um Rückführungen an der Außengrenze gehen.

Die Zahl der Asylanträge ist in der EU 2022 im Vergleich zum Vorjahr um fast 50 Prozent auf 924.000 gestiegen. Hinzu kamen EU-weit rund vier Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine, die nicht Asyl beantragen müssen. In den vergangenen Jahren wurde in der Asyl- und Migrationspolitik vor allem über die Frage gestritten, ob und wie Schutzsuchende auf die Staaten der EU verteilt werden können.

Länder wie Ungarn, Polen und Österreich lehnten solchen Quoten kategorisch ab. Der EU-Gipfel in Brüssel hat nun gezeigt, dass sich die EU-Staaten inzwischen eher auf den stärkeren Schutz der Außengrenzen konzentrieren, bei dem es mehr Gemeinsamkeiten gibt.

Vor dem Ende des EU-Gipfels hatte der Luxemburger Regierungschef Xavier Bettel noch betont: „Es wäre eine Schande, wenn eine Mauer in Europa gebaut würde mit den europäischen Sternen drauf.“ Neue Mauern würden Europa zu einer „Festung“ machen. Allerdings wird von Ländern wie Griechenland, Ungarn oder auch Österreich ein besserer Schutz der Grenzen gefordert. Nach dem Ende des Treffens in Brüssel sehen sie sich als Sieger. Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer äußerte sich zufrieden: „Wir haben eingefordert, dass die Asylbremse europaweit angezogen wird, und das hat dieser Gipfel auch tatsächlich gebracht.“

Mehr Druck auf Herkunfts- und Transitländer

Einig sind sich die EU-Staaten darin, dass mehr Druck auf Länder gemacht werden sollte, die bei der Rücknahme abgelehnter Asylbewerber nicht kooperieren. Das soll etwa durch eine verschärfte Visa-Politik, die Handelspolitik und die Entwicklungshilfe geschehen. Ziel ist es, dass mehr Menschen ohne Bleiberecht die EU verlassen und so die teils stark überlasteten Asylsysteme entlastet werden. Zugleich sollen aber auch Möglichkeiten für legale Migration geschaffen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte nach dem Gipfel die Bedeutung des Asylrechts. Allerdings müsse es auch gelingen, „diejenigen, die nicht bleiben können, zurückzuführen“. Dies werde aber nur mit „fairen Vereinbarungen“ mit den Herkunfts- und Transitländern gelingen. Dazu gehöre auch, „dass man sich um eine möglichst gute Grenzsicherung bemüht“. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vertrat hingegen die Auffassung, dass es nicht zu vermitteln sei, wenn Drittstaaten, die sich gegen die Rücknahme von Migranten sperren, gleichzeitig Entwicklungshilfe erhielten.

Sowohl Scholz als auch Macron betonten, dass das Thema der Migration für die Gemeinschaft weniger Spaltpotenzial bereithalte als in vergangenen Jahren. Nach den Worten des Kanzlers führten die EU-Staaten im Gegensatz zur Flüchtlingskrise von 2015 eine „eher lösungsorientierte, pragmatische Diskussion“. Zudem hätten fast alle EU-Staaten einen großen Bedarf an Fachkräften, so Scholz. Deshalb müsse es gleichzeitig legale Wege zur Migration geben, um den Bedarf der Arbeitsmärkte zu decken.  

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