zum Hauptinhalt
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) spricht nach einer Sitzung des Bundeskabinetts (Archivbild).

© dpa/Sebastian Gollnow

Update

„Islamistische Hetzer haben in unserem Land nichts zu suchen“: Faeser kündigt zeitnah Gesetz für Abschiebungen nach Afghanistan an

Kanzler Scholz hat sich nach dem Messerangriff von Mannheim für Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ausgesprochen. Das Innenressort prüft die Möglichkeiten, sagt Ministerin Faeser.

Stand:

In einer Regierungserklärung hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz zur Wiederaufnahme von Abschiebungen von Schwerstkriminellen nach Afghanistan und Syrien ausgesprochen. „Was der Bundeskanzler heute gesagt hat, setzen wir schnell um“, sagte Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) den Zeitungen der Funke Mediengruppe nur kurz nach der Kanzlerrede am Donnerstag.

„Islamistische Hetzer, die geistig in der Steinzeit leben, haben in unserem Land nichts zu suchen“, wird die Ministerin zitiert. Das Ministerium prüfe „intensiv, wie wir schwere Straftäter und islamistische Gefährder schnellstmöglich auch wieder nach Afghanistan und Syrien abschieben können.“

Die Debatte um Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien war seit dem Wochenende wieder verstärkt geführt worden. Am Freitag hatte ein 25-jähriger Afghane bei einer islamkritischen Kundgebung in Mannheim mehrere Menschen mit einem Messer verletzt, darunter einen 29-jährigen Polizisten, der später an seinen Verletzungen starb.

„Der Tod des Polizeibeamten Rouven Laur durch die islamistische Messerattacke in Mannheim hat uns tief erschüttert“, sagte Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Er war ein Held, der mutig eingeschritten ist, um Leben zu retten.“

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird am Freitag um 11:30 Uhr auf dem Marktplatz von Mannheim an einer Gedenkveranstaltung mit Schweigeminute für Laur teil nehmen. Er kommt gemeinsam mit Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) zu der Veranstaltung und legt auch Blumen nieder. Zudem kommt er im Mannheimer Polizeipräsidium mit Einsatzkräften zusammen.

Auch Verherrlichung terroristischer Straftaten soll zur Abschiebung führen

Neben den Tätern sollen laut Scholz auch Personen, die terroristische Straftaten verherrlichen und feiern, von der neuen Abschieberegelung erfasst werden. „Deshalb werden wir unsere Ausweisungsregelungen so verschärfen, dass aus der Billigung terroristischer Straftaten ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse folgt“, sagte der Kanzler in seiner Rede im Bundestag. „Wer Terrorismus verherrlicht, wendet sich gegen alle unsere Werte und gehört auch abgeschoben.“ 

„Einen Gesetzentwurf hierzu werde ich in Kürze vorlegen“, sagte Nancy Faeser den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Wer keinen deutschen Pass hat und hier terroristische Taten verherrlicht, der muss – wo immer möglich – ausgewiesen werden.“

In seiner Regierungserklärung ließ der Kanzler aus, wie genau er Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan ermöglichen wolle. Das Bundesinnenministerium sei aber bereits im Gespräch mit den Nachbarländern Afghanistans.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

„Wer einen Polizisten tötet, der muss auf das Härteste bestraft werden“, sagte Scholz. „Wir stehen hinter unserer Polizei.“ Der Rechtsstaat werde sich gegen „Terror“ radikaler Islamisten mit allen Mitteln wehren.

Solche Straftäter gehören abgeschoben – auch wenn sie aus Syrien und Afghanistan stammen“, sagte der SPD-Politiker am Donnerstag im Bundestag. „Schwerstkriminelle und terroristische Gefährder haben hier nichts verloren.“

„Jede und jeder muss in unserem Land ohne Furcht vor seinen Mitmenschen leben können“, betonte der SPD-Politiker. „Das ist das zentrale Versprechen unseres Rechtsstaats. Und dieses Versprechen setzen wir mit aller Macht durch.“ Die Regierung werde das Strafrecht gezielt schärfen. Auch wer Politiker oder Politikerinnen etwa auf kommunaler Ebene bedrohe oder beleidige, müsse härter bestraft werden. 

Scholz ging in seiner Rede auch auf die vielen gelungenen Integrationserfahrungen in Deutschland ein. „In Deutschland leben mehr als 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger mit Einwanderungsgeschichte. Sie sind Nachbarn, Arbeitskolleginnen, Schulkameraden und Freunde“, sagte der Bundeskanzler. „Sie sind entsetzt und erschüttert über die Bluttat von Mannheim. Auch sie werden nicht selten Opfer von Hetze und Gewalt, auch sie werden von den Islamisten bedroht und oftmals eingeschüchtert. Vor allem aber: Sie sind Teil unserer Gesellschaft, wir lassen uns nicht spalten.“

Verbrechen wie das in Mannheim dürften nicht dazu missbraucht werden, Menschen mit Migrationshintergrund unter Generalverdacht zu stellen.

Seit 2021 keine Abschiebungen mehr nach Afghanistan

Seit der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban in Kabul im August 2021 schiebt Deutschland niemanden mehr nach Afghanistan ab. Schon in der Zeit davor hatte man sich wegen der damals bereits schwierigen Sicherheitslage darauf verständigt, nur Männer – und bevorzugt Straftäter und sogenannte Terror-Gefährder – unter Zwang nach Kabul zu bringen. Zu den vielen Menschen aus Syrien und Afghanistan, die in den vergangenen zehn Jahren als Asylbewerber nach Deutschland gekommen sind, zählen auch einige, die inzwischen in der Bundesrepublik schwere Straftaten begangen haben oder denen die Polizei zutraut, einen Terroranschlag zu begehen.

Djir-Sarai: Politischer Wille für umfassenden Kampf gegen Islamismus gefragt

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai dringt nun im Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND, Donnerstag) auf ein entschlosseneres Vorgehen gegen ausländische Straftäter und Gefährder: „Wer bei uns schwere Straftaten begeht, der muss auch in Länder wie Afghanistan zurückgeführt werden können.“ Es dürfe keine Denkverbote geben, „sondern nun ist der politische Wille gefragt, den Islamismus in unserem Land umfassend zu bekämpfen“.

CDU-Politiker Throm: Müssen mit Regierung in Kabul über Rückführungen reden

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Abgeordneten im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), forderte von Kanzler Scholz „einen Plan zur ernsthaften Bekämpfung des politischen Islamismus“. „Außerdem bietet die Regierungserklärung für Scholz eine gute Gelegenheit zu erklären, wie er seine seit Langem angekündigte Abschiebeoffensive in Gang setzen will“, sagte Frei dem RND. Der Bundestag stimmt am Donnerstag direkt nach der Regierungserklärung über einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion zur Bekämpfung des politischen Islams ab.

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Alexander Throm (CDU), spricht sich für Gespräche über Rückführungsabkommen mit den radikal-islamistischen Taliban in Afghanistan aus. „Wir müssen mit der faktischen Regierung in Kabul über Rückführungen reden, auch wenn wir dieses Regime nicht mögen“, sagte Throm dem „Handelsblatt“.

Völkerrecht steht Abschiebung nach Afghanistan im Weg

Völkerrechtler und Menschenrechtsexperten haben jedoch Bedenken. „Das sogenannte Non-Refoulement ist ein absolutes Verbot: Das heißt, Asylbewerber oder Flüchtlinge dürfen nicht in ein Land zurückgewiesen werden, in dem ihnen eine menschenrechtswidrige Behandlung droht“, sagte der Heidelberger Völkerrechtler Matthias Hartwig der „Rheinischen Post“. „Umgekehrt heißt das, dass sie hier aufgenommen werden müssen.“ Auch Menschenrechtsexpertin Nele Allenberg verwies in dem Blatt auf die Refoulement-Verbote.

Personen, „die Verbrechen begangen haben oder die ein schwerwiegendes Sicherheitsrisiko für das Land darstellen“, seien zwar vom Schutz der Genfer Flüchtlingskonvention ausgeschlossen, sagte Hartwig, der Professor am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht ist. Allerdings: „Für Deutschland gelten die Regeln der europäischen Menschenrechtskonvention, wo in Artikel 3 das Folterverbot festgeschrieben steht.

Das wird vom europäischen Menschenrechtsgerichtshof dahingehend ausgelegt, dass eine Person, ganz gleich, was sie getan hat, nicht in ein Land ausgeliefert werden darf, wo ihr Folter droht. Zudem verwies Hartwig auf das Legalitätsprinzip. Danach müsse die Staatsanwaltschaft eine in Deutschland begangene Straftat verfolgen. Der Strafanspruch solle nicht durch eine Abschiebung ausgehebelt werden.

Grünen-Fraktionschefin Haßelmann: Abschiebungen nach Afghanistan schwer umsetzbar

Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann hält die Abschiebung von afghanischen Straftätern für schwierig umsetzbar. „Wie soll man das machen?“, fragte Haßelmann am Donnerstag in ihrer Antwort auf die Regierungserklärung von Bundeskanzler Olaf Scholz im Bundestag. Es sei zwar klar: „Menschen, die schwere Straftaten begehen, müssen nach Verbüßung der Strafe abgeschoben werden.“

Doch Haßelmann bezweifelte, dass man mit den in Afghanistan herrschenden islamistischen Taliban über ein Abschiebeabkommen verhandeln könne. „Auch wird zu klären sein und zu prüfen sein, für welches Drittland es attraktiv sein soll, Terroristen oder schwere Straftäter aufzunehmen. Bin gespannt darauf, welche Antworten wir darauf finden“, sagte sie. Einfache Antworten werde es jedenfalls nicht geben.

FDP unterstützt Abschiebungen nach Afghanistan und Syrien

Die FDP unterstützt einen schärferen Kurs bei Abschiebungen als Konsequenz aus antisemitischen Vorfällen und der tödlichen Messerattacke auf einen Polizisten in Mannheim. „Die Abschiebung islamistischer Straftäter nach Afghanistan und Syrien muss ermöglicht werden“, sagte Fraktionschef Christian Dürr am Donnerstag im Bundestag. „Wer hier bei uns islamistisch motivierte Straftaten begeht, von Volksverhetzung und Judenhass bis hin zu schweren Gewalt- und Tötungsdelikten, bedarf offenkundig keines Schutzes vor islamistischen Regimen.“

Dürr sprach sich auch für weitere Beschränkungen bei EU-Asylregelungen aus.

Merz an Scholz: Ihre Regierung muss jetzt handeln

Unionsfraktionschef Friedrich Merz hat von Scholz und dessen Ampel-Regierung nach der für einen Polizisten tödlichen Messerattacke von Mannheim eine schnelle und entschlossene Reaktion verlangt. „Die Zeit des Warnens und des Verurteilens, des Abwiegelns und der Ankündigungen, diese Zeit ist jetzt vorbei“, sagte der CDU-Vorsitzende am Donnerstag im Bundestag in der Antwort auf die Regierungserklärung von Scholz.

„Die Menschen erwarten, dass wir handeln. Sie erwarten Entscheidungen. Sie warten auf eine klare, unmissverständliche Antwort der Politik“, ergänzte Merz. „Das bedeutet konkret: Ihre Regierung, Herr Bundeskanzler, muss jetzt handeln. Sie müssen diese Lage in den Griff bekommen.“ „Es geht um den Kernbestand des Zusammenhalts unserer Gesellschaft, um nicht mehr und nicht weniger“, rief Merz.

Der Mord an dem Polizisten „und die damit einhergehenden weiteren Mordversuche in Mannheim fallen in eine Zeit, in der unsere Gesellschaft ohnehin schon sehr verunsichert ist“. Es gebe Angriffe auf Polizeibeamte, Einsatzkräfte, Menschen, die Hilfe leisten wollen, politisch Andersdenkende und immer häufiger auch auf Kommunalpolitiker. Ausdrücklich wolle er hier auch den Angriff auf einen AfD-Kommunalpolitiker in Mannheim am Dienstagabend nennen. Dies seien Erscheinungsformen einer zunehmenden Verrohung und Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft.

„Und darauf müssen wir jetzt gemeinsam hart und klar reagieren“, verlangte Merz. Der Unionsfraktionschef forderte die Ampel-Regierung zu größeren Anstrengungen auf, um Abschiebungen auch nach Afghanistan und Syrien möglich zu machen. Mit sogenannten technischen Kontakten in Afghanistan werde über die Entwicklungshilfe Deutschlands für das Land gesprochen. Afghanistan habe nach der Machtübernahme durch die radikal-islamistischen Taliban fast 400 Millionen Euro von Deutschland bekommen. „Warum können technische Kontakte nicht auch mal dazu genutzt werden, Rückführungen nach Afghanistan zu ermöglichen?“, fragte Merz.

Friedrich Merz fordert im Bundestag eine entschlossene Reaktion von Scholz.

© dpa/Sabina Crisan

Mit Blick auf die Herausforderungen für die innere und äußere Sicherheit sagte Merz: „Darauf müssen wir gemeinsam und klar reagieren.“ Bei allen Meinungsverschiedenheiten gehe es darum, „dass wir wenigstens einen kleinen gemeinsamen Nenner finden, um zusammen das Richtige für unser Land zu tun“, fügte er an Scholz und an die Ampel-Koalition gewandt hinzu. Weiter sagte der Oppositionsführer: „Ich biete ihnen an, dass wir diesen Weg mit den demokratischen Fraktionen in diesem Haus gemeinsam gehen.“ Das Ziel müsse sein, „dass wir gemeinsam versuchen, die drängenden Probleme unseres Landes zu lösen“. Dazu gehörten auch Kompromisse, aber „jetzt müssen Entscheidungen getroffen werden“. 

Weidel gibt nach Messeranschlag Regierung politische Mitschuld

AfD-Fraktionschefin Alice Weidel hat der Ampel und den Vorgängerregierungen eine politische Mitverantwortung für den tödlichen Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim gegeben. Der Polizistenmörder sei ein Musterbeispiel für das migrationspolitische Versagen dieser Regierung und ihrer CDU-geführten Vorgänger, sagte Weidel am Donnerstag im Bundestag nach der Regierungserklärung von Scholz. 

Ihre Ideologie der offenen Grenzen und der schrankenlosen, unkontrollierten Einwanderung beruht auf Illusionen und Lügen, die Menschenleben kosten“, sagte Weidel. Der Täter von Mannheim sei kein Einzelfall, sondern einer von vielen Attentätern und Gewaltverbrechern, die als vermeintliche Flüchtlinge nach Deutschland gekommen seien. „Aus dem Niedergang der inneren Sicherheit kann es nur eine vernünftige Konsequenz geben und das ist eine grundsätzliche Migrationswende, und zwar sofort“, sagte sie und forderte Grenzschließungen und Abschiebungen auch nach Afghanistan. (dpa/Reuters)

Korrekturhinweis: An einer Stelle im Text wurde Scholz zunächst falsch zitiert. Statt „Bildung terroristischer Straftaten“ sagte er „Billigung terroristischer Straftaten“. Der Fehler wurde korrigiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })