
© dpa/AFP/LUDOVIC MARIN/Archiv
„Kein US-Präsident hat die EU so ernst genommen“: USA-Beauftragter sieht Bidens Rückzug als Zäsur für Deutschland
Michael Link koordiniert für die Regierung die transatlantischen Beziehungen. Unabhängig vom Ausgang der US-Wahl müssten die Europäer nun mutige Beschlüsse fassen, so der FDP-Politiker.
Stand:
Herr Link, Joe Biden ist, speziell nach dem russischen Angriff auf die Ukraine, international der engste Partner von Kanzler Olaf Scholz und der Bundesregierung. Was bedeutet sein Rückzug von der Kandidatur?
Erst einmal ist das ein Schritt, der größten Respekt verdient. Er hat das Wohl seines Landes über das eigene gestellt. Für Deutschland und Europa ist Joe Bidens Rückzug eine tiefe Zäsur. Er ist nicht nur ein besonders enger Partner gewesen, was er auch bis zum Ende seiner Amtszeit bleiben wird.
Sondern es gab wahrscheinlich noch nie einen US-Präsidenten, der aus eigener Verbundenheit heraus die EU-Institutionen und den „alten“ Kontinent insgesamt so ernst genommen hat.
Was heißt das für die Vorbereitungen der Bundesregierung? Wird nun erst recht Donald Trump Präsident? Oder kann die von Biden empfohlene Vizepräsidentin Kamala Harris das Rennen wieder offen gestalten?
Wir bereiten uns als Bundesregierung, aber auch in der deutschen Politik insgesamt, seit vielen Monaten intensiv auf beide Szenarien vor – da ändert Bidens Rückzug erst einmal nichts.
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Wir können und wollen die US-Wahl nicht beeinflussen und werden mit der Person zusammenarbeiten, die nächstes Jahr im Weißen Haus sitzt. Die USA sind völlig unabhängig davon unser politisch, wirtschaftlich, militärisch, wissenschaftlich und freundschaftlich engster Partner außerhalb der EU.
Sie sind derzeit in den USA, haben im Auftrag der Bundesregierung den Parteitag der Republikaner mitverfolgt. Wie besorgt sind Sie seither auch über den Grad der Polarisierung, den die USA mittlerweile erreicht haben?
Die Methode Trumps, seine Kontrahenten möglichst lächerlich zu machen und mit Spott zu überziehen, hat die politische Kultur schon sehr verrohen lassen. Wer auch immer nun von den Demokraten aufgestellt wird, muss mit derselben Behandlung rechnen. Gleiches gilt für uns in Europa, falls Trump gewählt würde. Umso wichtiger ist es, dass wir nicht immer nur auf Trump schauen, sondern uns selbst weniger angreifbar machen.
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Was heißt das konkret für uns Europäer?
Wir müssen dringend daran arbeiten, dass wir wirtschaftlich wettbewerbsfähiger und als EU entscheidungsfähiger werden, zum Beispiel durch die Einführung qualifizierter Mehrheitsabstimmungen. Auch müssen wir den europäischen Pfeiler der Nato stärken, also mehr für unsere eigene Sicherheit tun.
Vieles davon ist längst angestoßen, aber das ist noch nicht genug: Engste europäische Zusammenarbeit ist bei einem Gegenüber, der selbst seine Verbündeten zu spalten versucht, der Schlüssel zum Erfolg. Wir brauchen jetzt den Mut aller Akteure in der EU, eigene Differenzen zurückzustellen – sonst spielt man Trump in die Hände.
Das hört sich so an, als würden Sie jetzt erst recht mit Trump rechnen?
Nein, der Wahlkampf ist und bleibt spannend. Aber der Rückzug Bidens hat eine grundlegend veränderte Dynamik gebracht. Mit einer möglichen US-Präsidentin Kamala Harris oder einem anderen jetzt noch nicht bekannten demokratischen Bewerber befassen wir uns genauso.
Wie schätzen Sie Kamala Harris in Bezug auf Deutschland und Europa ein?
Ihre häufigen Besuche auf der Münchner Sicherheitskonferenz haben unter anderem gezeigt, dass sie wie Präsident Biden selbst eng mit der Nato, der EU und Deutschland verbunden ist. Sie würde aber sicherlich, sollte sie nominiert werden, ihre eigenen Akzente setzen. Außerdem müssen wir abwarten, ob noch andere Vorschläge kommen.
Unabhängig davon, wen die Demokraten jetzt als Kandidaten nominieren und unabhängig davon, wer die Wahl am 5. November gewinnt, werden wir als Deutschland mit beiden politischen Lagern weiter eng zusammenarbeiten.
- Barack Obama
- Bundesregierung
- Die EU
- Donald Trump
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- Friedrich Merz
- Joe Biden
- Kamala Harris
- Nato
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- US-Demokraten
- US-Republikaner
- US-Wahl
- USA
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