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Newsblog zum Nahles-Rücktritt: Laschet gibt Regierungskoalition nur noch wenige Monate
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet glaubt, dass die Groko nur noch bis Herbst dauert. Zerbrechen könnte sie an Sach-, nicht an Personalfragen. Der Newsblog.
- Sven Lemkemeyer
- Marius Mestermann
- Frank Jansen
- Anne Armbrecht
- Ingo Salmen
- Kai Portmann
- Oliver Bilger
Stand:
• Andrea Nahles hat am Sonntag ihren Rücktritt als Partei- und Fraktionschefin erklärt.
• Noch am Samstag hatte Vizekanzler Olaf Scholz sie im Tagesspiegel-Interview gestützt.
• SPD-Wirtschaftspolitiker Harald Christ fordert ein schnelles Ende der Groko
• Die Union will hingegen weiter mit der SPD zusammenarbeiten
• Schwesig, Dreyer und Schäfer-Gümbel werden die SPD kommissarisch leiten
(mit Agenturen)
Übergang ja, Kandidatur nein
Die drei stellvertretenden SPD-Vorsitzenden, die kommissarisch die Leitung der Partei übernehmen, wollen nicht für den Parteivorsitz kandidieren. Das machten die Parteivize Malu Dreyer und Manuela Schwesig am Montag in Berlin deutlich. Vielmehr soll das Trio, zu dem auch Parteivize Thorsten Schäfer-Gümbel gehört, den Übergangsprozess nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles gestalten.Namen für die künftige Parteispitze seien an diesem Montag nicht diskutiert worden, hob Schäfer-Gümbel hervor.
Hofreiter: Groko muss Herausforderungen anpacken
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter warnt die Koalition davor, "in einen mehrmonatigen Selbstfindungsprozess" abzutauchen. "Union und SPD haben die Pflicht, endlich die Herausforderungen anzupacken", sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Für den Fall eines Scheiterns der Koalition lehnte auch Hofreiter einen Regierungseintritt der Grünen ohne vorherige Neuwahlen ab. (AFP)Scholz will Taten sehen
SPD-Vize Olaf Scholz fordert seine Partei zum Handeln auf. Die Sozialdemokraten müssten jetzt mit Taten überzeugen und nicht mit Worten, sagt der Bundesfinanzminister am Montag im ZDF. Die SPD habe nach wir vor das Potenzial, stärkste Kraft in Deutschland zu sein. (Reuters)
Laschet gibt der Groko nur noch Monate
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet hält die Überlebenschancen der großen Koalition offenbar für begrenzt. "Ich glaube, dass sie bis zum Herbst dauert. Bis Weihnachten - das kann keiner sagen", sagt der CDU-Vize laut "Rheinischer Post" am Montag in Düsseldorf.
In einem Punkt sind sich die Mitglieder der Tagesspiegel-Community einig
Merkel beschwört Stabilität
Sie kenne die Mitglieder des kommissarischen SPD-Spitzentrios und habe "nicht das Gefühl, dass damit ein Signal der Instabilität einhergeht", sagte Merkel am Montag in Weimar. Die Personalentscheidungen der SPD sollten die Koalition "nicht daran hindern zu arbeiten".
Die Koalition arbeite "sehr konsequent viele Punkte des Koalitionsvertrags ab", sagte die Kanzlerin nach Beratungen auf der Konferenz der Unionsfraktionsvorsitzenden. "Probleme lösen ist die beste Antwort auf das, was die Menschen von uns erwarten."
Dreyer zu großer Koalition: „Sind vertragstreu“
In der Diskussion über die Zukunft der großen Koalition hat die SPD-Spitze der Union Vertragstreue zugesichert. „Wir haben uns nach einem Mitgliedervotum entschieden, in die große Koalition einzugehen, und wir sind vertragstreu“, sagte die stellvertretende Parteichefin Malu Dreyer am Montag in Berlin. Nach dem Rücktritt von Parteichefin Andrea Nahles führt Dreyer die SPD kommissarisch mit der Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und dem hessischen SPD-Chef Thorsten Schäfer-Gümbel.Die SPD sei immer eine vertragstreue Partei gewesen, sagte Dreyer. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz verwies auf den Koalitionsvertrag und die darin enthaltene Revisionsklausel. Das weitere Verfahren mit Blick auf diese Revisionsklausel solle bei der für den 24. Juni geplanten SPD-Vorstandssitzung besprochen werden. Man wolle sich dort darüber verständigen, was für die SPD die wichtigen Projekte seien und „wie das Verfahren ist bezogen auf die große Koalition“, sagte Dreyer. (dpa)
Unionsfraktionschefs fordern von SPD Umsetzung des Koalitionsvertrags
Die Unionsfraktionschefs von Bund und Ländern haben die SPD aufgefordert, den Koalitionsvertrag im Bund zu erfüllen. „Erst das Land, dann die Partei, dann die Person“, hieß es in einer Weimarer Erklärung, die bei einem Treffen der Fraktionschefs von CDU und CSU am Montag in der thüringischen Stadt beschlossen wurde. Darin ist aufgelistet, welche Vorhaben aus Sicht der Unionsfraktionen noch im Sommer abgearbeitet werden sollten.Außerdem fordern die Fraktionschefs der Union die Umsetzung des Kohleausstieges nach dem Ergebnis der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Zügig sollen laut dem Papier auch fünf Modellregionen für den 5G-Mobilfunkstandard vergeben werden, zwei davon sollen in ostdeutschen Ländern liegen. Zudem sollen zwei weitere Transferzentren für Künstliche Intelligenz in den neuen Bundesländern geschaffen werden. Beim Thema Asylpolitik bekannten sich die Unionsfraktionschefs zum geplanten Asyl- und Migrationspaket. (dpa)
Schwesig und Dreyer schließen Kandidatur für SPD-Vorsitz aus
Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig schließt ihre Kandidatur für den SPD-Vorsitz noch einmal persönlich aus. Ihr Platz sei in Mecklenburg-Vorpommern, sagt die SPD-Vizechefin im Willy-Brandt-Haus. Sie habe Verantwortung für die Menschen und das Land übernommen. Ähnlich äußert sich die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, die eine Kandidatur ebenfalls ausschließt.Klingbeil bestätigt kommissarisches Führungstrio
Baerbock: „Besondere Härten, wenn man weiblich ist“
Grünen-Chefin Annalena Baerbock kennt das Leben als Spitzenpolitikerin – und fühlt mit Andrea Nahles. "Politik ist nicht nur ein hartes Geschäft, sondern ich weiß, dass es da immer nochmal besondere Härten gibt, wenn man weiblich ist", sagte Baerbock am Montag nach Beratungen des Grünen-Vorstands. "Es ist wichtig, dass wir anständig miteinander umgehen." Auf jeden Fall habe sie "großen Respekt" vor der Rücktrittsentscheidung von Nahles.
Baerbock rief SPD und Union dazu auf, sich auf politische Inhalte zu konzentrieren, statt ständig "nur um Strukturfragen und um Personen" zu kreisen. Gefordert seien jetzt vor allem Entscheidungen für den Klimaschutz als "der großen Herausforderung unserer Zeit", sagte Baerbock.
"Die Regierung wurde gewählt, um das Land zu regieren", die sie tragenden Parteien "müssen sich jetzt fragen, ob sie die Kraft haben das anzugehen", sagte die Grünen-Chefin. Ansonsten wäre "die Situation gekommen, wo die Menschen noch einmal neu wählen sollten". (AFP)
Sieben auf einen Streich
Linke: „Groko im Bund ist wirklich am Ende“
Die Linke stellt sich vor dem Hintergrund der Krise in der großen Koalition auf eine Neuwahl ein. „Die Groko im Bund ist wirklich am Ende. Das ist vorbei“, sagte die Linken-Vorsitzende Katja Kipping am Montag nach einer Sitzung des Parteivorstands in Berlin. Ein Vorziehen der Bundestagswahl werde immer wahrscheinlicher. Spätestens ab jetzt gelte für alle in der Partei, „handle stets so, dass Dein Handeln im Fall von Neuwahlen der Partei nützt“.Zum Rücktritt von Andrea Nahles (SPD) von ihren politischen Ämtern sagte Kipping, es handele sich dabei weniger um ein persönliches Scheitern von Nahles, als ein Scheitern des Irrglaubens der SPD, sie könne sich an der Seite der Union erneuern. (dpa)
Apropos Neuwahlen
AKK warnt die SPD
Die CDU-Parteivorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer hat den Koalitionspartner SPD vor einem leichtfertigen Bruch der großen Koalition gewarnt. Angesichts der internationalen Herausforderungen wäre es "alles andere als förderlich, wenn Deutschland jetzt in eine Regierungskrise oder in einen Dauerwahlkampf gehen würde", sagte die CDU-Chefin zum Abschluss der Vorstandsklausur am Montag in Berlin. "Es gibt gute Gründe dafür, nicht leichtfertig eine Regierung zu beenden." Die CDU sei aber auch für einen solchen Fall vorbereitet.Auf die Frage, ob sie bei einem vorzeitigen Bruch der Regierungskoalition auf eine Kanzlerkandidatur vorbereitet wäre, sagte Kramp-Karrenbauer: "Für alles, was kommt und möglicherweise nicht kommt, können Sie davon ausgehen, dass die CDU vorbereitet ist."
Der überraschende Rückzug von SPD-Partei- und Fraktionschefin Andrea Nahles lässt auch die große Koalition mit der Union bedrohlich wackeln. Die SPD sucht nach Personallösungen, in beiden Führungspositionen zeichneten sich zunächst vorübergehende Lösungen ab. So soll der Fraktionsvize Rolf Mützenich kommissarisch die Fraktionsführung übernehmen, an die Parteispitze könnte ein Trio aus den derzeitigen Partei-Vizes Manuela Schwesig, Malu Dreyer und Thorsten Schäfer-Gümbel berufen werden. (AFP)
Theologe nach Nahles-Rücktritt: SPD zerstört sich selbst
Der Bochumer Sozialethiker Joachim Wiemeyer hat die SPD nach dem Rücktritt von Andrea Nahles als Vorsitzende kritisiert. Zum Mindestmaß an Tugenden politischer Akteure gehöre die Loyalität gegenüber den selbst gewählten Amtsträgern, Wahrhaftigkeit und Kompromissfähigkeit, sagte der Theologe am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Bochum.„Es ist bedauerlich, dass gerade zum 70. Jubiläum des Grundgesetzes, das in Deutschland eine stabile politische Kultur der Gemeinwohlorientierung und Verantwortungsbereitschaft hervorgebracht hat, eine Partei, die sich in der deutschen Geschichte viele Verdienste erworben hat, selbst zerstört“, sagte Wiemeyer. Destruktive Machtmächte innerhalb einer Partei könnten Populisten weiteren Auftrieb geben, da Teile der Bevölkerung Politiker und Parteien negativ einschätzten. Wohin mangelnde Gemeinwohlverantwortung in der Politik führe, lasse sich in anderen Ländern wie Großbritannien ablesen, wo „keine konstruktiven Mehrheitsentscheidungen im Parlament mehr zustande kommen“. (KNA)
Beispiel Sachsen-Anhalt: Querelen auf allen SPD-Ebenen
Ernsthaftigkeit, Verantwortungsbewusstsein, Entschlossenheit
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