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Newsblog zum AfD-Bundesparteitag: Zentralrat der Juden sieht AfD auf dem Weg in den Rechtsextremismus
Die Wirtschaftsliberale Alice Weidel und der Rechtsnationale Alexander Gauland sind das Spitzenduo der AfD für die Bundestagswahl. Weidel sieht auch Björn Höcke als Teil des Wahlkampfs. Der Newsblog zum Nachlesen.
Stand:
- Der AfD-Bundesparteitag in Köln hat die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gekürt.
- Zunächst hatte die Partei ihr Wahlprogramm diskutiert und beschlossen.
- Die Parteivorsitzende Frauke Petry war am Samstag mit ihrem "Zukunftsantrag" krachend gescheitert.
- Einen Newsblog zu den Ereignissen vom Samstag können Sie hier lesen.
(Mit Agenturen)
Das letzte Wort hat die Kandidatin ...

Die neue Rechte: Wer ist Alice Weidel?
Jung, gebildet, homosexuell - kurz vor der Bundestagswahl gibt sich die AfD ein neues Gesicht: Alice Weidel. Doch im Kern bleibt die Partei ganz die Alte. Das gefällt vor allem dem Mann, der im Hintergrund die Fäden zog, schreibt Maria Fiedler in ihrer Analyse. Lesen Sie hier ihre Reportage vom Bundesparteitag.
Höcke-Gegner mit Schiedsgericht zufrieden
Das Ergebnis müssen wir noch nachtragen: Die AfD hat auch vier neue Mitglieder in ihr Bundesschiedsgericht gewählt. Es sind der Bochumer Rechtsanwalt Knuth Meyer-Soltau, Germut Bielitz und Ines Oppel aus Bayern sowie der Richter Ralf Bommermann aus Hilden. Mehrere Gegner des Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke zeigten sich zufrieden mit dem Ergebnis. Einer von ihnen sagte: „Das waren fast unsere Wunschkandidaten.“
Das Bundesschiedsgericht war zuletzt von Sympathisanten des rechtsnationalen Flügels dominiert. Es verhinderte die Auflösung des wegen Kontakten ins rechtsextreme Milieu umstrittenen saarländischen Landesverbandes und lehnte eine klare Abgrenzung zum islamfeindlichen Pegida-Bündnis ab. Gegen Höcke läuft ein Parteiausschlussverfahren, über das zunächst das Thüringer Landesschiedsgericht und in einem zweiten Schritt eventuell auch das Bundesschiedsgericht entscheiden muss. (dpa)
AfD zieht mit Weidel und Gauland in den Bundestagswahlkampf
Zentralrat der Juden kritisiert Beschlüsse
Der Zentralrat der Juden in Deutschland kritisiert die Beschlüsse des AfD-Parteitags in Köln. „Gegen nationale und religiöse Minderheiten wird ohne Skrupel und ohne Verantwortungsbewusstsein Stimmung gemacht“, erklärte Präsident Josef Schuster am Sonntag in Berlin. „Die Rechtspopulisten der AfD befinden sich nach meiner Einschätzung ganz klar auf dem Weg in den Rechtsextremismus“, fügte er hinzu. Die AfD strebe sogar Einschränkungen der Religionsfreiheit an, „die jüdisches und muslimisches Leben hierzulande bedrohen“.
Weiter betonte Schuster, die AfD werde unter dem neuen Spitzenteam weiter nach rechts rücken. Die jüdische Gemeinschaft in Deutschland setze auf die übrigen demokratischen Parteien und die Gesellschaft; diese sollten sich der AfD klar entgegenstellen. (KNA)
Polizei mit Verlauf zufrieden
Die befürchteten Ausschreitungen bei den Anti-AfD-Protesten in Köln sind ausgeblieben: Zehntausende Menschen demonstrierten am Samstag friedlich gegen den zweitägigen Bundesparteitag der Rechtspopulisten in Köln. Auseinandersetzungen gab es jedoch zum Auftakt des AfD-Kongresses, als linksgerichtete Demonstranten die Delegierten und Polizeibeamte angriffen. Die insgesamt eingesetzten 4000 Polizisten hatten die Lage aber jederzeit im Griff.
Auch zum Abschluss des Parteitags am Sonntag hielt die Polizei ihre scharfen Sicherheitsvorkehrungen aufrecht. Das Tagungshotel blieb von einem starken Polizeiaufgebot hermetisch abgesperrt, eine benachbarte Rheinbrücke war weiterhin für den Verkehr komplett gesperrt. Allerdings waren für Sonntag nur noch zwei kleinere Demonstrationen angemeldet. Zwischenfälle gab es laut Polizei zunächst nicht. (AFP)
Fazit: Führungsduo gewählt, Petry ins Abseits gestellt
Die AfD zieht mit einem ungleichen Paar in die Bundestagswahl. Der Parteitagin Köln kürte den Vizevorsitzenden Alexander Gauland mit starkem Rückhalt im rechtsnationalen Lager und Vorstandsmitglied Alice Weidel, eine Wirtschaftsliberale, zum Spitzenduo für den Wahlkampf.
Die Vorsitzende Frauke Petry dagegen geht stark geschwächt aus dem Parteitag hervor. Petry scheiterte mit dem Versuch, die Partei mit ihrem "Zukunftsantrag" auf einen „realpolitischen“ Kurs einzuschwören.
Weidel zeigte sich vor den Delegierten zuversichtlich, dass die AfD im Mai in die Landesparlamente in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen einziehen werde und im September in den Bundestag. „Wir sind stärker als je zuvor“, sagte sie.
Weidel gilt zwar als Vertreterin des wirtschaftsliberalen Flügels. In Köln blies sie jedoch in das gleiche Horn wie der Co-Parteivorsitzende Jörg Meuthen, der beklagt, er sehe in den Städten immer weniger Menschen mit deutschen Wurzeln. Weidel sagte, die AfD werde Opposition gegen eine „unverantwortliche Migrationspolitik“ machen und die deutsche Identität bewahren.
Gauland betonte: „Wir wollen das Land behalten, das wir von unseren Müttern und Vätern ererbt haben.“ Und: „Wir sind stolz, Deutsche zu sein.“ In Richtung Petry zeigte sich Gauland versöhnlich: „Wir brauchen Sie in der Partei“, rief er unter großem Applaus der Delegierten.
Die AfD verabschiedete bei dem von Protesten begleiteten Parteitag auch ihr Programm für die Bundestagswahl im September. Darin spricht sich die Partei gegen eine „ungeregelte Massenimmigration in unser Land und in unsere Sozialsysteme“ aus. Integration sei eine Bringschuld der Migranten - diese müssten sich „anpassen“. Deutschland solle den Euro-Raum verlassen. Für die Wiedereinführung der D-Mark müssten rechtzeitig Vorkehrungen getroffen werden. Familien sollten gestärkt werden. (mit dpa)
Pretzell will eigenen Kurs in NRW
Der Ehemann von Frauke Petry und Spitzenkandidat für die Landtagswahl in NRW Marcus Pretzell kündigte am Nachmittag gegenüber dem Sender "Phoenix" an, dass die AfD in NRW künftig einen anderen "realpolitischeren" Kurs als die Bundespartei fahren werde.
Pretzell ist in seinem Landesverband nicht unumstritten und gewann in den vergangenen Monaten mehrere Abstimmungen nur mit knapper Mehrheit. Mehrere AfD-Mitglieder reagierten mit großem Unverständnis, als sie von Pretzells Äußerungen hörten.Weidel hält Wahlkampf mit Höcke für möglich
Alice Weidel und Alexander Gauland geben eine Pressekonferenz. Beide erklären, im Bezug auf Björn Höcke verschiedene Positionen zu haben. Dies sei allerdings auch in Ordnung. Auch ein gemeinsamer Wahlkampf mit Björn Höcke sei möglich erklärte Weidel. Auf die Frage, was sie besser als Frauke Petry könne, erklärte Weidel: "nichts". Petry sei und bleibe Vorsitzende und das sei auch begrüßenswert.
Die Spitzenkandidaten aus den anderen 14 Bundesländern wollen beide eng in den Wahlkampf einbeziehen. Wer in einer AfD-Fraktion im Bundestag Vorsitzender wird, sei überhaupt noch nicht entschieden erklärte Gauland. Das könne Frauke Petry werden oder jeder andere, der der Fraktion angehöre. Erstmal gehe es aber darum einen guten Wahlkampf durchzuführen um in den Bundestag einzuziehen.
Regierungsverantwortung sei erstmal kein Thema so Gauland. Man müsse sich erstmal erfolgreich etablieren, zu viele Parteien seien in der Geschichte der Bundesrepublik schon verschwunden.
Debatten über Schiedsgericht

Gauland versöhnlich: "Partei braucht Frauke Petry"
Alexander Gauland wendet sich direkt an Frauke Petry. "Ich weiß, dass Sie gestern einen schweren Tag hatten, aber wir brauchen Sie in der Partei." Die Delegierten rufen daraufhin lange und laut "Frauke".
Der Wahlkampf werde hart und anstrengend. Alle Kräfte würden dafür gebraucht. Gauland fordert, dass von heute an "alle Auseinandersetzungen in der Partei" aufhören sollten.
Die AfD sei keine rechte Partei, sondern eine realistische, die auf Grundlage des Grundgesetzes agiere, sagte Gauland.
Jetzt gehe es darum "Heimat und Identität" zu bewahren. In der AfD sei man "stolz, Deutscher zu sein". Um das Land "zurückzuerobern" müssten Merkel und Schulz endlich weg.
Alice Weidel hält Siegesrede: "Deutschland rocken"
"Wir haben es allen gezeigt!" Alice Weidel hält ihre Dankesrede. Alle Prognosen seien falsch, die AfD sei "stärker als je zuvor". Der Saal jubelt und ruft im Chor "AfD". Die AfD sei die "einzige Partei für Deutschland in der Bundesrepublik" und habe das beste Programm. Wer Zuwanderung, Strafzinsen und einen "EU-Einheitsstaat" wolle könne die anderen Parteien wählen. Wer dies nicht wolle müsse die AfD wählen.
Weidel sagt unter dem Beifall der Delegierten, die AfD werde sich "nicht den Mund verbieten lassen". Politische Korrektheit gehöre "auf den Müllhaufen der Geschichte".
Der Streit in der Partei sei wichtig gewesen, sagt Weidel, jetzt sei es aber auch "gut" und man werde "zusammen, geeint für Deutschland" kämpfen.
Den meisten Applaus erhält Weidel, als sie sich gegen Erdogan-Anhänger und mit Bezig auf den Anschlag von Berlin gegen Terrorgefahr auf "christlichen Weihnachtsmärkten" ausspricht.
Weidel kündigt an, die AfD werde "Deutschland rocken", nachdem sie in den Bundestag und die Landttage von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eingezogen sei. Den nur sie sei eine echte Oppositionspartei.
Gauland und Weidel von 67,7% gewählt.
Das ging jetzt schnell. In geheimer Abstimmung werden Alexander Gauland und Alice Weidel zum Spitzenteam der Partei gewählt.
Viele Delegierte äußerten darüber zwar Unmut. Aber das Spitzenduo steht. 365 Delegierte sprechen sich für das Duo aus. 152 stimmten dagegen und 22 enthielten sich.
Weidel und Gauland als Spitzenduo?
Der erste konkrete Vorschlag zum Spitzenteam: Wie schon seit Tagen diskutiert wird könnten Alexander Gauland und Alice Weidel die AfD in die Bundestagswahl führen.
Beide erklären, "nur zusammen" zur Verfügung zu stehen. Das Team Gauland/Weidel soll die Spektren der Partei abdecken. Weidel gilt als wirtschaftsliberal, Gauland als nationalkonservativ.
AfD-Wahlprogramm: Zuwanderung bremsen, raus aus dem Euro
Auf ihrem turbulenten Parteitag hat die AfD fünf Monate vor der Bundestagswahl ein vor allem gegen Zuwanderung gerichtetes Wahlprogramm verabschiedet. Die rechtspopulistische Partei will eine „ungeregelte Massenimmigration in unser Land und in unsere Sozialsysteme“ beenden. Integration sei Bringschuld der Migranten - diese müssten sich „anpassen“, betont die AfD in ihrem am Sonntag nach kontroversen Debatten beschlossenen Programm. Eine Stabilisierung der Sozialsysteme sei nur möglich, wenn „unsere begrenzten Mittel“ nicht in „unverantwortliche Zuwanderungspolitik“ gesteckt würden.
Deutschland sollte den Euro-Raum nach AfD-Auffassung verlassen. Für die Wiedereinführung einer neuen nationalen Währung - der D-Mark - müssten rechtzeitig Vorkehrungen getroffen werden. Viel Raum nahm bei den Delegierten auch die Familienpolitik ein: Die Partei hält Maßnahmen zur Erhöhung der Geburtenzahl für erforderlich und will Familien stärker fördern.
Die AfD ist dagegen, dass Steuern und Abgaben „beliebig“ erhöht werden können und fordert eine Umsatzsteuersenkung um sieben Punkte. Die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I solle abhängig gemacht werden von der Dauer der Erwerbstätigkeit zuvor. Wer als Rentner arbeiten wolle, müsse das künftig ohne Abstriche bei den Rentenbezüge tun können. (dpa)
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