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Dietmar Woidke (SPD), Ministerpräsident von Brandenburg, sorgt sich um die Arbeitsplätze in der Lausitz.

© dpa

Ministerpräsident Woidke: "Ein schneller Kohleausstieg stärkt die AfD"

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) warnt: Ein hohes Tempo beim Kohleausstieg stärkt die Rechtspopulisten im Osten weiter.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat davor gewarnt, dass ein hohes Tempo beim Kohleausstieg die Rechtspopulisten im Osten weiter stärken werde. "Ein schneller Ausstieg wäre ein Desaster", sagte Woidke dem Tagesspiegel. Schon bei der Bundestagswahl sei die AfD in allen drei ostdeutschen Braunkohlerevieren "sehr stark" gewesen. "Menschen vergessen es einem Politiker nie, wenn ihre Lebensgrundlagen infrage gestellt werden", fügte der SPD-Politiker hinzu.

Die von der Bundesregierung im Juni eingesetzte Kommission "Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung (WSB)" soll bis Dezember 2018 Vorschläge erarbeiten, wie beim Kohleausstieg die Klimaschutzziele erreicht und in den Kohlevieren trotzdem Wachstum und Beschäftigung gesichert werden können. Woidke sagte, er erwarte, dass die Kommission einen "gangbaren Weg" aufzeichne. Um den Menschen Perspektiven zu geben, sei ein Bundesgesetz analog zum damaligen Bonn-Berlin-Gesetz notwendig. Darin sollten "für jedes Revier unterstützende Maßnahmen des Bundes unverrückbar festgeschrieben werden".

Der Wissenschaftliche Beirat Globale Umweltveränderungen der Bundesregierung (WBGU) hatte am Freitag Vorschläge für einen sozial gerechten Ausstieg aus der Kohle gemacht. Die Studie mit dem Titel „Zeit-gerechte Klimapolitik: Vier Initiativen für Fairness“ befasst sich sich mit dem Rechtsschutz von Menschen, die durch den Klimawandel geschädigt werden, empfiehlt einen Klimapass für menschenwürdige Migration und einen Transformationsfonds für die Anpassung an den Klimawandel in wirtschaftlich schwachen Ländern. Für den Kohleausstieg in Deutschland gilt: Einerseits soll der Strukturwandel schnell genug sein, um die die Auswirkungen der Klimakrise möglichst gering zu halten. Andererseits soll es einen gerechten Ausgleich für diejenigen geben, die von Klimaschutzpolitik betroffen sind. Die Co-Vorsitzende des WBGU, Sabine Schlacke sieht beim Braunkohleausstieg ein doppeltes Gerechtigkeitsproblem: Einerseits wäre die Abschaltung von Kraftwerken ein Eingriff ins Grundrecht auf Eigentum.

Zwar berufen sich Befürworter eines schnellen Kohleausstiegs auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts und interpretieren es so, dass eine Abschaltung auch von Kohleraftwerken nach 25 Jahren Laufzeit entschädigungsfrei möglich sei. Hier könnte es aber auf Einzelfallentscheidungen hinauslaufen, die vom Alter eines Kraftwerks und seiner Amortisation, der Höhe der Emissionen und der Investitionen abhingen, sagte Schlacke.

Zweites Gerechtigkeitsproblem: Die Abschaltung der Braunkohlekraftwerke würde auch die Beschäftigten im Bergbau treffen. Das Politikpapier wirbt dafür, das Thema zügig anzugehen: Verschleppte Umstrukturierungsprozesse, die politisch nicht frühzeitig mit klarer Vision gestaltet werden, würden nicht nur die ökonomischen, sondern auch die sozialen und psychologischen Kosten nach oben treiben, etwa durch Vertrauensverlust und Zukunftsängste. In einem früheren Gutachten zur Urbanisierung hatte der WBGU bereits Vorschläge gemacht, wie ein Strukturwandel gut verlaufen könnte. Unter anderem gehörten Investitionen in Bildung und die Gründung von Universitäten dazu.

Das Interview mit Dietmar Woidke lesen Sie in der Tagesspiegel-Print-Ausgabe am Sonntag oder heute ab 19.30 Uhr im Tagesspiegel-E-Paper.

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