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Zum Festakt im April 2021 in Greifswald (v.l.): Oberbürgermeister Stefan Fassbinder, der russische Botschafter Sergej Netschajew, Oleg Eremenko mit der Gedenktafel für seinen Großvater und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig.

© Christopher Gottschalk

Update

Moskaus Einflussnahme in Deutschland: Manuela Schwesig und der russische Geheimdienstler

Ministerpräsidentin Schwesig traf bei einer Gedenkveranstaltung den Enkel eines sowjetischen Offiziers. Nun wurde bekannt, dass er für den Geheimdienst GRU arbeitete.

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Zwei Fotos zeigen Oleg Eremenko mit bekannten Personen. Auf dem einen ist er 2016 mit Igor Girkin zu sehen, einem Oberst des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Girkin ist kürzlich in den Niederlanden schuldig gesprochen worden, für den Abschuss des Passagierflugzeugs MH17 über der Ostukraine mitverantwortlich gewesen zu sein.

Er war an der Annexion der Krim und der russischen Intervention im Donbass 2014 an führender Stelle beteiligt.

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Ein anderes Foto zeigt Oleg Eremenko 2021 neben Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Durch Recherchen der Nachrichtenagentur Reuters über russische Einflussnahme in Deutschland wurde nun bekannt, dass Eremenko zumindest früher für den Geheimdienst GRU tätig war.

Schwesig nahm im April 2021 an einer Veranstaltung zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Greifswald teil. Eremenko, der Initiator dieses Gedenktermins, überreichte dort eine Tafel zum Gedenken an seinen Großvater Nikolaj Ljaschtschenko, einen Generalmajor der Roten Armee, der später als „Held der Sowjetunion“ ausgezeichnet wurde. In Greifswald hatte dieser in den letzten Wochen des Krieges die kampflose Übergabe der Stadt ausgehandelt.

Ebenfalls anwesend war neben dem Greifswalder Bürgermeister Stefan Fassbinder (Grüne) der russische Botschafter Sergej Netschajew. „Wir sind Russland dankbar für die Befreiung vom Nationalsozialismus und den Moment der Menschlichkeit in Greifswald“, sagte Schwesig bei der Gedenkveranstaltung. Die Ministerpräsidentin war bei einer Reihe von Terminen mit dem russischen Botschafter aufgetreten.

Schwesigs Sprecher Andreas Timm teilte am Mittwochabend auf Anfrage mit, es habe „kein verabredetes Treffen“ zwischen der Ministerpräsidentin und Eremenko gegeben. Sie habe auf Einladung der Stadt Greifswald an der Veranstaltung teilgenommen. „Wir haben uns die Unterlagen zu diesem Termin noch einmal angesehen. In der ursprünglichen Einladung der Hansestadt Greifswald zu der Veranstaltung findet sich überhaupt kein Hinweis auf die Anwesenheit eines Herrn Emerenko (sic).“

Im später zugesandten Ablaufplan sei er schlicht als Enkel des an der Übergabe der Stadt Greifswald beteiligten sowjetischen Kommandeurs aufgeführt worden. „Weitere Informationen lagen uns nicht vor. (...) Wir haben auch keine Erkenntnisse darüber, ob es eine frühere oder aktuelle Geheimdiensttätigkeit von Herrn Emerenko (sic) gibt“, sagte Timm.

An der Veranstaltung in Greifswald hatte es bereits Kritik gegeben, nachdem die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ im vergangenen Jahr berichtet hatte, dass Eremenko in Deutschland für den Verein „Offiziere Russlands“ tätig sei und Geld für die von Russland kontrollierten Gebiete im Donbass gesammelt habe. Doch erst jetzt wird klar, welchen Hintergrund er wirklich hat.

Ich bin jetzt in Deutschland in einem, sagen wir, zivilen Status.

Oleg Eremenko, ehemaliger GRU-Mitarbeiter

Die Tätigkeit für den GRU gab Eremenko selbst zu. „Ich habe gedient, und das ist es“, sagte er Reuters. Er gab an, innerhalb Russlands tätig gewesen zu sein, nannte aber keine Details. „Ich bin jetzt in Deutschland in einem, sagen wir, zivilen Status.“ Eremenko hat nach Tagesspiegel-Informationen einen langjährigen Bezug zu Deutschland, der 45-Jährige wurde in Berlin geboren.

Kampfsporttraining in Deutschland

Er ist Vorstandsmitglied im Verein Desant, in dem sich ehemalige russische Fallschirmjäger, aber auch Angehörige der Sondereinheit Speznas, der Marineinfanterie und der Grenztruppen versammeln. Der Verein bietet in Deutschland für seine Mitglieder Kampfsporttrainings an.

Eremenko, der eine Baufirma in Berlin hat, ist den Reuters-Recherchen zufolge seit längerer Zeit in der Community der Russlanddeutschen aktiv. Kontakte pflegt er aber auch in anderen Bereichen. Im August vergangenen Jahres trat er in Berlin auf einem Fest der DKP auf. In einer Diskussionsrunde über „Frieden mit Russland“ saß er gemeinsam mit dem früheren stellvertretenden Generalstaatsanwalt der DDR, Hans Bauer, auf dem Podium.

Kinder in Deutschland würden mit „Hass“ erzogen, sagte Eremenko dort. In deutschen Kindergärten und Schulen würde ihnen jetzt beigebracht, dass Putin der „böseste Mensch“ sei und „dass die Russen die Schlimmsten sind“. In diesem Zusammenhang warnte er vor einer Rückkehr des Faschismus in Deutschland. Zugleich behauptete er, die Ukrainer hätten ihre Kinder gelehrt, die Russen zu hassen. So etwas gebe es in Russland nicht, dort würde den Kindern beigebracht, ihre Heimat zu lieben.

Der militärische Nachrichtendienst GRU wird neben Spionageaktivitäten auch für Hackerangriffe auf den Bundestag verantwortlich gemacht. Auch der Anschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal und seine Tochter in Großbritannien wurde von GRU-Agenten verübt.

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