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Nach Kritik von Ex-Spitzendiplomat Heusgen: Baerbock verteidigt Nominierung für Top-Posten bei der UN
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) soll die UN-Vollversammlung leiten. Ex-Diplomat Heusgen spricht von „Unverschämtheit“. Baerbock verteidigt dagegen die Entscheidung der Bundesregierung.
Stand:
Der frühere Spitzen-Diplomat Christoph Heusgen hat die Nominierung von Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) als Präsidentin der UN-Vollversammlung heftig kritisiert. Es handele sich um eine „Aktion Abendrot“ zugunsten des „Auslaufsmodells“ Baerbock, sagte Heusgen dem Tagesspiegel exklusiv. Er kritisierte, dass Baerbock die international geschätzte Diplomatin Helga Schmid, die 2024 von der Bundesregierung als Präsidentin der UN-Vollversammlung nominiert worden war, verdrängt.
„Es ist eine Unverschämtheit, die beste und international erfahrenste deutsche Diplomatin durch ein Auslaufmodell zu ersetzen“, sagte Heusgen. Helga Schmid sei Büroleiterin von Joschka Fischer gewesen, Generalsekretärin des Europäischen Auswärtigen Dienstes und habe das iranische Nuklearabkommen verhandelt.

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Als Generalsekretärin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) habe Schmid diese „vor dem Auseinanderfallen geschützt“. Mit Blick auf Baerbocks eigene politische Maxime fragte Heusgen: „Ist das feministische Außenpolitik?“ Die sehr erfahrene und international geschätzte Diplomatin Helga Schmid war bis September 2024 Generalsekretärin OSZE mit Sitz in Wien.
Helga Schmid ist eine großartige Diplomatin. Frau Baerbock kann viel von ihr lernen.
Sigmar Gabriel, SPD, früherer Außenminister
Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) ließ ebenso Kritik am Widerruf der Nominierung Schmids zugunsten von Baerbock erkennen. „Helga Schmid ist eine großartige Diplomatin“, sagte Gabriel dem Tagesspiegel: „Frau Baerbock kann viel von ihr lernen.“
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Regierungssprecher verteidigt Nominierung
Die Bundesregierung verteidigt indessen Baerbocks Benennung: Ministerin Baerbock sei „hoch qualifiziert für den Job und hoch anerkannt“, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit.
Das Kabinett bestätigte am Mittwoch ihre Nominierung. „Die Bundesregierung hat sich auch im Einvernehmen mit der künftigen potenziellen Bundesregierung verständigt, Frau Baerbock zu nominieren“, so Hebestreit.
Baerbock verweist auf Analogien
Auch Baerbock selbst wehrte sich gegen Kritik. Diese Postenvergabe erfolge „analog zu vielen Vorgängern, die ebenfalls ehemalige Außenminister oder ehemalige Premierminister waren“, sagte sie auf einer Pressekonferenz während ihres Besuchs in der libanesischen Hauptstadt Beirut.
Sie wies auf die Bedeutung der Vereinten Nationen hin, „gerade in diesen stürmischen Zeiten“. „Die Generalversammlung hat im Lichte des UN-Sicherheitsrates, der immer wieder blockiert ist, eine wichtige Rolle.“ Deswegen wolle man „der Analogie von vielen, vielen Vorgängern an dieser Stelle“ folgen.
Unterstützung bekam Baerbock von der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge. „Gerade in dieser Zeit, in der außenpolitisch so viel auf dem Spiel steht, sollte man die Stärkste dann auch schicken“, sagte sie im „Spiegel“-„Spitzengespräch“. Sie griff zudem Heusgen für Fehler aus der Vergangenheit an: „Herr Heusgen ist ja derjenige, der die Russlandpolitik der vergangenen CDU-Regierung beraten hat und sehr, sehr viele Fehler mit Blick auf eine naive Russlandpolitik zu verantworten hat.“
Wer wird außenpolitischer Berater von Merz?
In den kommenden Wochen dürfte in der künftigen Bundesregierung über weitere diplomatische Spitzenposten entschieden werden. So ist bisher unklar, wen der mögliche künftige Kanzler Friedrich Merz (CDU) zu seinem außenpolitischen Berater oder seiner Beraterin machen wird. Womöglich wird der Posten zu einem Nationalen Sicherheitsbeauftragten aufgewertet.
Dass Merz an Olaf Scholz’ außenpolitischem Berater Jens Plötner festhalten wird, gilt in Regierungskreisen nach Tagesspiegel-Informationen als eher unwahrscheinlich. Plötner war ein führender Kopf hinter der Russland-Politik des früheren Außenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er war unter Steinmeier unter anderem Sprecher des Auswärtigen Amtes (AA) und Leiter des Ministerbüros.
Von Geyr und Jäger im Gespräch
Als Kandidaten für die Plötner-Nachfolge werden in Berliner Regierungskreisen nach Tagesspiegel-Informationen der deutsche Vertreter bei der Nato, Géza Andreas von Geyr, sowie der deutsche Botschafter in Kiew, Martin Jäger, gehandelt.
Plötner wiederum soll ein Interesse an der Leitung der deutschen Botschaft Washington haben. Gleiches gilt dem Vernehmen nach für Thomas Bagger, bisher AA-Staatssekretär. Der deutsche Botschafter in Washington, Andreas Michaelis, wird im Juli 66 Jahre alt. (mit AFP)
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