
© dpa/Daniel Bockwoldt
Teheran bestellt deutschen Botschafter ein: Innenministerium verbietet Islamisches Zentrum Hamburg – Razzien auch in Berlin und München
Bundesweit werden mehrere Objekte durchsucht – und vier schiitische Moscheen geschlossen. Der Iran reagiert.
Stand:
Nach dem Verbot des Islamischen Zentrums Hamburg (IZH) und seiner Teilorganisationen durch das Bundesinnenministerium hat der Iran den deutschen Botschafter einbestellt. Das teilte das Ministerium am Mittwoch im Onlinedienst X mit. Es warf den deutschen Behörden eine „feindliche Aktion“ vor, die den „fundamentalen Menschenrechtsprinzipien widerspricht“. „Das, was heute in Deutschland geschehen ist, ist ein eindeutiges Beispiel für Islamfeindlichkeit“, erklärte das Ministerium weiter.
Zum Vollzug der Verbotsverfügung, die im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, durchsuchte die Polizei am frühen Morgen zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) mit der Imam Ali Moschee sowie weitere Gebäude in insgesamt acht Bundesländern.
Einem Bericht des „Spiegel“ zufolge hat das Innenministerium das Vermögen des IZH beschlagnahmt, dazu gehört auch das Gebäude der Blauen Moschee. Wenn das Verbot des Vereins bestandskräftig wird, geht die Immobilie in das Bundesvermögen über, heißt es.
Razzien in Zusammenhang mit dem Verbot gab es laut Mitteilung in insgesamt 53 Objekten in Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern.
In Berlin durchsuchte die Polizei das Islamische Zentrum in Tempelhof und drei Wohnungen, wie eine Sprecherin der Innenverwaltung mitteilte. An dem Einsatz waren Dutzende Beamte beteiligt.
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Auch in München wurden Räume durchsucht. Rund 30 Polizisten betraten am Morgen ein Gebäude, in dem auch die Islamische Vereinigung Bayern (IVB) sitzt, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur beobachtete. Das bayerische Innenministerium bestätigte die Durchsuchung. Zudem wurden dem Ministerium zufolge auch Wohnungen des ersten und zweiten Vorsitzenden der IVB durchsucht.

© dpa/Peter Kneffel
Ziel der Durchsuchungen sei – neben der Auflösung – gewesen, Vermögen und weitere Beweismittel sicherzustellen, sagte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Dabei handle es sich vor allem um Datenträger, die jetzt im Detail ausgewertet würden. Insgesamt waren rund 50 Einsatzkräfte an der Aktion beteiligt.
Innenministerin Faeser verweist auf Einfluss des Iran
Das IZH verbreite als direkte Vertretung des iranischen „Revolutionsführers“ in aggressiv-kämpferischer Weise die islamistische, totalitäre Ideologie der sogenannten Islamischen Revolution in Deutschland, hieß es in einer Mitteilung des Bundesinnenministeriums.
Diese Ideologie richte sich gegen die Menschenwürde, gegen Frauenrechte, eine unabhängige Justiz und den demokratischen Staat. Das Verbot bezeichnete Faeser als „weiteren konsequenten Schritt gegen islamistischen Extremismus“.
„Mir ist es dabei sehr wichtig, klar zu unterscheiden: Wir handeln nicht gegen eine Religion“, betonte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die friedliche schiitische Glaubens- und Religionsausübung sei ausdrücklich nicht von dem Verbot berührt.
Ihr Ministerium teilte mit, im Zuge des Verbots würden insgesamt vier schiitische Moscheen geschlossen. In Deutschland existieren schätzungsweise 150 bis 200 schiitische Gemeinden.
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Der Verfassungsschutz stuft den Verein, der die Moschee betreibt, als extremistisch und vom Iran gesteuert ein.
Hamburger Bürgermeister begrüßt Schließung des IZH
Der Hamburger Senat zeigte sich erleichtert über die Schließung des IZH. „Die verfassungsfeindlichen Aktivitäten des Islamischen Zentrums Hamburg wurden heute beendet“, sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD). „Dieser Tag tut Hamburgs Stadtgesellschaft gut.“ Radikaler Islamismus und Antisemitismus hätten keinen Platz in einer weltoffenen, demokratischen und freien Hansestadt.
„Unsere Sicherheitsbehörden haben das IZH seit vielen Jahren intensiv beobachtet, sind konsequent gegen das IZH vorgegangen und haben das Verbotsverfahren des Bundes mit ihren Erkenntnissen wirksam unterstützt“, sagte Tschentscher.
Propagandazentrum des iranischen Regimes
Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) sagte: „Die Schließung dieses Außenpostens des menschenverachtenden iranischen Regimes ist ein echter Wirkungstreffer gegen den islamischen Extremismus.“ Das Verbot mache deutlich: „Wir bekämpfen als Rechtsstaat die Feinde unserer Demokratie sehr hart und sehr wirkungsvoll.“
Das IZH gilt als wichtiges Propagandazentrum des iranischen Regimes in Europa. Der Hamburger Verfassungsschutz beobachtet es schon seit Anfang der 1990er-Jahre.
Bereits im November vergangenen Jahres hatte das Bundesinnenministerium bundesweit 54 Objekte durchsuchen lassen, darunter die Blaue Moschee und Dutzende weitere Räumlichkeiten in der Hansestadt. Razzien gab es damals auch in Niedersachsen, Hessen, Baden-Württemberg, Bayern, Berlin und Nordrhein-Westfalen. Damals war umfangreiches Material beschlagnahmt worden.
Seit Jahren gibt es Forderungen nach einer Schließung. Auch der Bundestag hatte die Bundesregierung aufgefordert, zu prüfen, „ob und wie das Islamische Zentrum Hamburg als Drehscheibe der Operationen des iranischen Regimes in Deutschland geschlossen werden kann“. Die Hamburgische Bürgerschaft forderte ebenso die Schließung des Zentrums.
Laut Hamburger Landesamt für Verfassungsschutz vertritt das IZH die Ziele der islamischen Revolution, die in einem diametralen Gegensatz zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes stünden. In den vergangenen Jahren habe das IZH ein bundesweites Kontaktnetz aufgebaut, über das es Einfluss auf Schiiten unterschiedlicher Nationalität sowie schiitische Moscheen und Vereine ausübe – bis hin zur vollständigen Kontrolle, hieß es.
Bis der Hamburger Senat und die Bundesregierung entschieden haben, wie die „Blaue Moschee“ künftig genutzt wird, sollen Sicherheitskräfte das Gebäude vor Vandalismus schützen. (dpa, AFP, Tsp)
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