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Die Bundesarbeitsministerin: Bärbel Bas (SPD).

© Imago/dts Nachrichtenagentur

Update

„Populistischer Unfug“ : Union lehnt Renten-Plan von SPD-Ministerin Bas kategorisch ab

Die Arbeitsministerin möchte auch Beamte und Selbstständige in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen lassen. Vom Koalitionspartner gibt es eine harsche Absage. Linke und BSW dagegen stimmen zu.

Stand:

Die neue Regierung aus Union und SPD ist erst frisch im Amt, nun gibt es ersten Unmut unter den Koalitionspartnern über den Vorstoß einer Ministerin. Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) hatte am Samstag gesagt, künftig sollten auch Beamte und Selbstständige sowie Abgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen, um mehr Einnahmen zu erzielen. Aus der Union kam dagegen heftiger Widerspruch.

„Die Einbeziehung von Selbstständigen und Beamten in die Rente löst weder die Probleme in der Rentenversicherung, noch ist das vom Koalitionsvertrag gedeckt“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann der „Bild am Sonntag“ („BamS“) einer Vorabmeldung zufolge. „Frau Bas sollte nicht versuchen, der Renten-Kommission alte SPD-Ideen als zukünftiges Ergebnis vorzuschreiben.“

Wirtschaftswende geht anders. Der Kanzler sollte das von Anfang an klarstellen.

Christoph Ahlhaus,  Vorsitzender des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft

Bas hatte gesagt: „Wir müssen mehr Leute an der Finanzierung der Rentenversicherung beteiligen“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Dies würde die Einnahmen der Rentenkassen erhöhen. „In die Rentenversicherung sollten auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige einzahlen.“ Die Ministerin wies darauf hin, dass bereits im kommenden Jahr die Rentenbeiträge demographiebedingt leicht steigen dürften.

Nachdem der Deutsche Beamtenbund der Ministerin am Samstag umgehend widersprochen hatte, empörte sich am Sonntag auch der Vorsitzende des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), Christoph Ahlhaus.

Der CDU-Politiker bezeichnete den Vorschlag von Bas als „populistischen Unfug, der kein einziges Problem der Rente langfristig löst“. Selbstständige brauchten Entlastung, „keine Zwangsmitgliedschaft in einer sturmreifen Staatsrente“, sagte Ahlhaus. „Wirtschaftswende geht anders. Der Kanzler sollte das von Anfang an klarstellen.“

CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann äußerte sich zurückhaltend zu dem Vorstoß von Bas. Er mahnte den Koalitionspartner, sich auf die im Koalitionsvertrag vereinbarten Punkte zu konzentrieren. „Es ist wichtig, dass wir jetzt rasch die Dinge umsetzen, die wir erst vor wenigen Tagen den Menschen zugesagt haben – die Umsetzung der Aktivrente etwa, sodass Rentner 2000 Euro steuerfrei monatlich verdienen dürfen“, sagte Linnemann der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“).

Linnemann weiter: „Daneben muss auch das Bürgergeld abgeschafft werden, so wie wir es in der Koalition vereinbart hatten. Danach können wir gern ergebnisoffen über alle möglichen Ideen sprechen. Ansonsten laufen wir Gefahr, uns zu verzetteln und am Ende gar nichts auf den Weg zu bringen. Wir müssen jetzt ins Machen kommen.“ 

Auch der Parteivize der aktuell nicht im Bundestag vertretenen FDP, Wolfgang Kubicki, lehnte den Renten-Plan der SPD ab. Dies käme seiner Ansicht nach „einem kompletten Systemwechsel bei der Rente“ gleich. Auch verwies der FDP-Politiker dabei auf eine dafür notwendige Änderung Grundgesetzes.

„Finanzierbar wäre der Renten-Hammer auch nicht“, sagte Kubicki weiter. „Was wir stattdessen brauchen, ist eine Kapitaldeckung der gesetzlichen Altersvorsorge durch eine Aktien-Rente.“ Nur so könne die Lücke zwischen immer weniger Rentenbeitragszahlern und immer mehr Rentenempfängern auch tatsächlich geschlossen werden. 

Als PDF-Download: Der schwarz-rote Koalitionsvertrag steht. Worauf sich die Parteien geeinigt haben, können Sie hier nachlesen.

Zustimmung zu dem Vorschlag von Bas hatte es dagegen von der Linkspartei gegeben. Der Vorschlag ist ein erster Schritt zu einem Rentensystem für alle“, sagte Parteichefin Ines Schwerdtner der dpa. Damit könne das gesetzliche Rentenniveau von heute 48 auf 53 Prozent steigen. „Das ist notwendig, damit alle Menschen im Alter in Würde leben können“, sagte Schwerdtner.

Auch die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht begrüßte die Forderung von Bas nach einer breiteren Einzahlungsbasis für die Rentenversicherung. Die gesetzliche Rente sei „über Jahrzehnte kaputtgespart“ worden, sagte sie der „BamS“. Deutschland brauche ein Rentensystem, „in das alle“ einzahlten, auch Politiker, Selbstständige und Beamte.

„Hier hat Bärbel Bas recht und stellt eine richtige Forderung. Das wird aber leider pure Ankündigungspolitik bleiben.“ Denn ein solcher „Systemwechsel“ werde unter der schwarz-roten Regierung nicht kommen.

Zugleich forderte Wagenknecht die neue Regierung auf, in der Debatte selbst mit gutem Beispiel voranzugehen. „Es wäre ein wichtiges Zeichen, wenn die Politik vorangeht und Schwarz-Rot als ersten Schritt die neuen Abgeordneten und Minister in die gesetzliche Rente einzahlen lassen würde“, sagte die BSW-Chefin. „Das könnte man sofort machen, dafür braucht man keine Kommission, die am Sankt Nimmerleinstag Ergebnisse liefert.“

An einer Begrenzung der Ansprüche durch eine längere Arbeitszeit oder eine Begrenzung der Rentenanstiege wird deshalb kein Weg vorbeiführen.

Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrats

Monika Schnitzer, die Vorsitzende des Sachverständigenrats, begrüßte die Renten-Debatte, warnte jedoch vor zu hohen Erwartungen. „Es ist sinnvoll, das Pensionssystem der Beamten schrittweise umzustellen“, sagte sie der „FAZ“. Das grundlegende Problem, dass immer mehr Rentner immer weniger Beitragszahlern gegenüberstehen, werde dadurch aber nicht gelöst. „An einer Begrenzung der Ansprüche durch eine längere Arbeitszeit oder eine Begrenzung der Rentenanstiege wird deshalb kein Weg vorbeiführen“, so Schnitzer. 

Sozialverband stimmt Renten-Plan von Bas zu

Auch der Sozialverband Deutschland (SoVD) begrüßte den Pan von Bas als „ersten richtigen und beherzten Schritt“ zur Solidaritätssicherung und verwies auf das Vorbild Österreich. „Das ist ein absolut richtiger Vorstoß, denn die gesetzliche Rente ist mit ihrer Umlagefinanzierung und ihrem Leistungsspektrum ein gutes System“, sagte SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Mediengruppe Bayern.

„Alle Selbstständigen und Angehörige der freien Berufe sind in die Versicherungspflicht einzubeziehen – eben aber auch Abgeordnete und insbesondere Beamtinnen und Beamte. Dass dieser Ansatz schrittweise möglich ist, machen beispielsweise unsere Nachbarn in Österreich vor.“ Der SoVD sieht durch den Vorstoß ebenfalls die Chance, das Rentenniveau zu erhöhen. Es müsse „bei 48 Prozent verlässlich stabilisiert und perspektivisch auf 53 Prozent angehoben werden“, so Engelmeier.

Caritas-Chefin kritisiert Streit über Rente in der Koalition

Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa befürwortete die angestoßene Debatte über die Zukunft der gesetzlichen Rentenversicherung. „Wir begrüßen es sehr, dass die Bundesarbeitsministerin direkt nach ihrem Amtsantritt das Mega-Thema Rente in Angriff nimmt“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. „Die gesetzliche Rentenversicherung muss dringend weiterentwickelt werden, damit Menschen im Alter verlässlich vor Armut bewahrt werden.“

Welskop-Deffaa wies allerdings darauf hin, dass sich Schwarz-Rot im Koalitionsvertrag in puncto Selbstständige bereits geeinigt hatte. Es sei „unverständlich, warum eine Woche nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrag“ nun über diesen Konsens ein Streit ausbreche.

„Rente ist ein sensibles Thema. Es braucht das Vertrauen der Beitragszahler in die Rente“, fügte die Caritas-Präsidentin hinzu. „Und es braucht das Vertrauen der Bürger in die Verlässlichkeit der Koalition.“

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