
© REUTERS/ANNEGRET HILSE
Die Regierungserklärung von Merz im Überblick : „Menschen sollen schon im Sommer spüren: Es geht voran“
Im Bundestag präsentiert sich erstmals Friedrich Merz mit einer Regierungserklärung. Lesen Sie hier die wichtigsten Aussagen in der Zusammenfassung.
Stand:
Was hat die neue Regierung vor? Zu dieser Frage hat sich Bundeskanzler Friedrich Merz in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag geäußert.
Hier die wichtigsten Aussagen und zentralen Themen aus Friedrich Merz’ Regierungserklärung:
Um 13:21 Uhr tritt Friedrich Merz ans Pult. Er sei überzeugt, dass Deutschland seine vielfältigen Herausforderungen „aus eigener Kraft heraus“ bewältigen kann. Nötig sei dafür „in vielerlei Hinsicht“ aber ein Politikwechsel, sagte Merz. Dieser setze „ein Umdenken und neue Prioritäten an vielen Stellen voraus“.
Merz verwies auf enorme nationale, internationale und auch finanzpolitische Herausforderungen. Ziel müsse es sein, „unser Land aus eigener Kraft heraus wieder voranzubringen“ und „unsere Freiheit entschlossen gegen ihre Feinde zu verteidigen“. Seine schwarz-rote Koalition wolle „regieren, um das Versprechen vom ,Wohlstand für alle’ zu erneuern“ und „Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu stiften“.
„Unser Land ist stark“, betonte Merz. „Wir können aufbauen auf dem Fleiß von Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, auf dem Einfallsreichtum unserer Unternehmerinnen und Unternehmer, auf dem Einsatz, den unzählige Ehrenamtliche tagtäglich für unser Gemeinwesen zeigen, und auf der Kreativität unserer Wissenschaftler und der Kunst- und Kulturschaffenden.“
Merz lobt Scholz: Ukraine-Politik war „wegweisend und historisch“
Olaf Scholz und seine Regierung hätten Deutschland „durch Zeiten außergewöhnlicher Krisen geführt“, erklärt er weiter. Die Reaktion von Scholz auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sei „wegweisend und historisch“ gewesen.
Merz betonte auch, dass der Regierungswechsel von der zuletzt im Amt befindlichen Minderheitskoalition aus SPD und Grünen zu seiner schwarz-roten Koalition „professionell, reibungslos und kollegial“ verlaufen sei. Dies zeuge „von der demokratischen Reife unseres Landes“. Ein solcher friedlicher Wechsel von einer Regierung zur nächsten sei heutzutage leider „nicht mehr selbstverständlich“.
Kanzler Friedrich Merz hat den europäischen Nachbarn außerdem „Verlässlichkeit und Berechenbarkeit“ durch die neue Regierung versprochen. Neben der engen Zusammenarbeit mit Frankreich betont er im Bundestag vor allem die Bedeutung Polens, das für Deutschland eine „ebenso zentrale Rolle in der Europapolitik einnehmen“ werde wie Frankreich. Zugleich werde Deutschland immer auch ein enger Partner und Verbündeter der kleineren und der mittleren Staaten insbesondere in der EU sein.
Merz will Bundeswehr zu „stärkster Armee Europas“ machen
Merz setzt bei den Bemühungen für ein Ende des Ukraine-Kriegs auf eine enge Zusammenarbeit mit US-Präsident Donald Trump. Es sei „von überragender Bedeutung, dass der politische Westen sich nicht spalten lässt“, sagte Merz. Er werde deshalb „alle Anstrengungen unternehmen, um auch weiterhin größtmögliche Einigkeit zwischen den europäischen und den amerikanischen Partnern herzustellen“.
Merz verwies dabei darauf, dass er in den vergangenen Tagen zweimal mit Trump telefoniert habe. „Ich bin dankbar für seine Unterstützung der Initiative zu einer 30-tägigen bedingungslosen Waffenruhe“, sagte der Kanzler. Diese könne „ein Fenster öffnen, in dem Friedensverhandlungen möglich werden“. Er betonte auch, dass Deutschland nicht „Kriegspartei wird“.
Es dürfe kein Zweifel daran aufkommen, dass Deutschland an der Seite der Ukrainer stehe, sagte Merz. Allen Versuchen Russlands, die europäischen Demokratien zu spalten, werde man mit Entschiedenheit, Geschlossenheit und Verteidigungsbereitschaft entgegentreten.
„Wir wollen uns verteidigen können, um uns nicht verteidigen zu müssen“, sagt Friedrich Merz, der Deutschlands Wehrfähigkeit ausbauen will. Stärke schrecke ab, Schwäche lade Aggression ein, sagt er. Daraus folgt laut Merz: „Die Stärkung der Bundeswehr steht bei uns an erster Stelle … Die Bundeswehr soll die konventionell stärkste Armee Europas werden.“

© dpa/Kay Nietfeld
Für die Konjunktur will Merz „erste spürbare Maßnahmen noch vor der Sommerpause“
Merz hat sich optimistisch zu einer baldigen Wiederbelebung der Konjunktur in Deutschland gezeigt. „Wir können aus eigener Kraft heraus wieder zu einer Wachstumslokomotive werden, auf die die Welt mit Bewunderung schaut“, sagte er. Seine neue schwarz-rote Bundesregierung werde „alles daransetzen, Deutschlands Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen“. Dazu gehörten aber Reformen und Investitionen, betonte Merz.
Der CDU-Chef sagte, dass die Regierung „vor allem die Arbeitsplätze in der produzierenden Industrie erhalten“ wolle. Dort wolle sie auch neue Arbeitsplätze „ermöglichen“. Zudem solle ein „Strukturwandel“ hin zu „modernen Technologien mit ressourcenschonender Energieversorgung, mit durchgreifender Digitalisierung, mit Künstlicher Intelligenz und vielen weiteren Chancen“ ermöglicht und gefördert werden. Dafür wolle die Regierung noch vor der Sommerpause „erste spürbare Maßnahmen“ auf den Weg bringen.
Merz zur Reform der Verwaltung: „Beherzter Rückbau der überbordenden Bürokratie“
Merz versprach auch eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung. „Verwaltungsleistungen sollen einfach und digital über eine zentrale Plattform ermöglicht werden – ohne Behördengang“, sagte Merz in seiner ersten Regierungserklärung im Bundestag. „Wir werden die staatliche Verwaltung modernisieren und konsequent digitalisieren.“
Die Digitalisierung sei neben Investitionen etwa in Bildung und die Infrastruktur auch eine Grundvoraussetzung dafür, das Vertrauen der Menschen in die „Leistungsfähigkeit unseres Staates und seiner Institutionen wieder zurückzugewinnen“, sagte Merz. Geld alleine reiche hier nicht aus. „Zu diesen Investitionen gehören Reformen zwingend dazu.“
Es brauche vor allem einen „beherzten Rückbau der überbordenden Bürokratie in unserem Land“, sagte Merz. Dafür sei auch ein Umdenken nötig. „Die unzähligen Dokumentations-, Berichts- und Meldepflichten, die werden wir schnell und spürbar reduzieren.“ Unternehmensgründungen sollen innerhalb von 24 Stunden möglich sein, versprach Merz.
Merz will mit Schuldenpaket „äußerst behutsam und vorsichtig umgehen“
Merz hat trotz des 500-Milliarden-Schuldenpakets für Infrastruktur zu Haushaltsdisziplin gemahnt. Mit den neuen Mitteln müsse die Regierung „äußerst behutsam und vorsichtig umgehen“, sagte er. „Diese Schulden lösen Zinszahlungen aus und müssen auch eines Tages wieder zurückgezahlt werden“, betonte der CDU-Chef.
Die Schulden ließen „sich daher nur rechtfertigen, wenn wir mit diesem Geld dauerhaft und nachhaltig den Wert unserer Infrastruktur steigern und das Leistungsvermögen unseres Landes insgesamt verbessern“, fuhr Merz fort. „Dann lässt es sich rechtfertigen, aber nur dann“.
Vor der Regierungsbildung hatten Union und SPD noch mit den Mehrheiten des alten Bundestags per Grundgesetzänderung ein Finanzpaket für Verteidigung und Infrastruktur verabschiedet. Damit hat die neue schwarz-rote Bundesregierung erheblichen neuen finanziellen Spielraum. Der Bundeshaushalt für dieses und für nächstes Jahr muss in den kommenden Monaten verabschiedet werden.
Merz zum 15-Euro-Mindestlohn: „Werden ihn nicht gesetzlich festschreiben“
Merz hält einen höheren Mindestlohn im kommenden Jahr für möglich – will aber keinen gesetzlichen Eingriff. Er halte „einen Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 angesichts der Tarifentwicklung für erreichbar, für möglich und für wünschbar, aber wir werden ihn nicht gesetzlich festschreiben“, sagte Merz am Mittwoch bei seiner Regierungserklärung im Bundestag.
Die Sozialpartner, die Unternehmen und Gewerkschaften trügen „eine große Verantwortung, auf die wir als Regierung vertrauen, die wir aber auch in Anspruch nehmen“. Merz betonte: „Deshalb haben wir vereinbart, an der unabhängigen Mindestlohnkommission festzuhalten.“
Merz zum Wehrdienst: „Werden einen attraktiven freiwilligen Wehrdienst schaffen“
Merz hat auch den Wehrdienst angesprochen. „Wir werden deshalb zunächst einen neuen, attraktiven freiwilligen Wehrdienst schaffen“, erklärte Merz am Mittwoch im Bundestag. Der personelle Aufwuchs der Bundeswehr müsse dringend verbessert werden. Es gebe viele junge Menschen, die Verantwortung übernehmen wollten für Deutschland, seine Wehrhaftigkeit und Sicherheit. „Das wollen und werden wir fördern“, so der Bundeskanzler.
Im Koalitionsvertrag von Union und SPD heißt es dazu, dass für einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiere, noch in diesem Jahr die Voraussetzungen für die Musterungen geschaffen werden sollen. Vorbild sei Schweden, wo jährlich 18-Jährige angeschrieben und ein Teil von ihnen gemustert werde.
Merz zur Migrationspolitik: „Deutschland ist ein Einwanderungsland – das war so, das ist so, und das bleibt auch so“
Merz hat eine strengere Migrationspolitik angekündigt, aber gleichzeitig die Bedeutung der Einwanderung ausländischer Arbeitskräfte betont. „Deutschland ist ein Einwanderungsland – das war so, das ist so, und das bleibt auch so“, sagt er in seiner Regierungserklärung.
„Wir ordnen Migration – mit mehr Begrenzung, mehr Zurückweisungen, mehr Steuerung, mehr Rückführungen“, sagte Merz am Mittwoch im Bundestag. Er betonte zugleich: „Wir machen dabei keinen nationalen Alleingang“ und „wir verhalten uns im Einklang mit europäischem Recht“.
Der CDU-Politiker will neben der „konsequenten“ Umsetzung der EU-Asylreform „gemeinsam mit unseren europäischen Partnern auch die Voraussetzungen für Asylverfahren in Drittstaaten schaffen“. Die Union forderte die Auslagerung von Asylverfahren in Staaten außerhalb der Europäischen Union bereits in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD. In den Koalitionsvertrag wurde die Forderung aber letztendlich nicht aufgenommen.
Merz zur Wohnungskrise: „Wohnraum muss wieder bezahlbar werden“
Bundeskanzler Friedrich Merz hält bezahlbares Wohnen für eine der wichtigsten sozialen Fragen. „Wohnraum muss bezahlbar bleiben“, betonte er in seiner Regierungserklärung im Bundestag. „Dort, wo die Preise bereits zu weit gestiegen sind, muss er wieder bezahlbar werden.“ Das will der CDU-Chef aber weniger durch Vorschriften als durch mehr Wohnungsbau erreichen. Er kündigte unter anderem Steuerentlastungen für die Eigentumsbildung, eine Entbürokratisierung und mehr sozialen Wohnungsbau an.
Merz zu Israel: „Hungersnot in Gaza muss schnellstmöglich abgewendet werden“
Gegen Ende seiner Erklärung geht Merz auch auf das Verhältnis zu Israel ein. Und nennt die Beziehung der beiden Staaten „ein Wunder“. Er wiederholt, dass Existenz und Sicherheit Israels Deutschlands Staatsräson blieben.
Man erwarte von der israelischen Regierung aber eine bessere humanitäre Versorgung der Menschen im Gazastreifen. Mit Blick auf Berichte über eine drohende akute Hungersnot in Gaza betonte der Bundeskanzler, es sei eine humanitäre Verpflichtung aller Beteiligten, „dass eine Hungersnot in der Region schnellstmöglich abgewendet wird“.
Der Bundeskanzler kündigte zugleich einen entschlossenen Kampf gegen den Antisemitismus in Deutschland an, der sich im alten und neuen Gewand in der Öffentlichkeit bis hinein in den Raum von Kunst und Wissenschaft wieder zeige. „Das beschämt uns alle. In Verantwortung vor unserer Gesellschaft: Deutschland muss ein Schutzraum für Jüdinnen und Juden sein und bleiben.“
Um 14:18 Uhr beendet Merz seine Regierungserklärung. Er betont, „dass er aus Deutschland kein ideologisches Großprojekt machen will“, sondern die Voraussetzungen schaffen will, dass sich das Land wieder entwickelt. Er wolle, dass Bürgerinnen und Bürger „schon im Sommer spüren: Hier verändert sich langsam etwas zum Besseren, es geht voran“, sagte Merz. (mit Agenturen)
- Bundeswehr
- CDU
- Deutscher Bundestag
- Donald Trump
- Frankreich
- Friedrich Merz
- Mindestlohn
- Olaf Scholz
- Russland
- Ukraine
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: