
© dpa/Christoph Soeder
Bundeskanzler erklärt sich bei Caren Miosga: Scholz ist bereit zu Vertrauensfrage vor Weihnachten
Am Sonntagabend kam es zum Fernduell: Erst trat Christian Lindner in der ARD auf, später Olaf Scholz. Sie tauschten Unfreundlichkeiten aus – und der Kanzler hatte eine Neuigkeit mitgebracht.
Stand:
Vor einigen Tagen haben sie noch gemeinsam regiert. Nun haben sie einander noch immer jede Menge zu sagen. Aber das tun sie nicht mehr im persönlichen Gespräch, und der Tonfall, den sie beide seit dem Koalitionsbruch anschlagen, wäre dafür auch größtenteils schlecht geeignet.
Am Sonntag kam eine neue Chance für Christian Lindner (FDP) und Olaf Scholz (SPD), ins Fernduell zu gehen. Um 18 Uhr war der Ex-Finanzminister zum rund zehnminütigen Interview in die ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“ geladen, ab 21.45 Uhr war dann eine ganze Stunde Sendezeit vis-à-vis mit ARD-Talkerin Caren Miosga für den Bundeskanzler reserviert.
Olaf Scholz sieht überall Notlagen, für die er Schulden machen kann. Aber die eigentliche Notlage sieht er nicht.
Christian Lindner, Ex-Finanzminister
Der Liberale also legte vor. Er machte deutlich, erleichtert über das Ende der Koalition zu sein: „Viele Menschen fühlen sich vielleicht genauso wie ich im Ergebnis befreit, dass die Ampel zu Ende gekommen ist. Weil es nämlich eine Regierung ist, die für unser Land nichts mehr bewirkt hat, die sich selbst blockiert hat.“
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Lindner will Schwarz-Gelb
Er schloss eine direkte Attacke auf den Bundeskanzler an: „Olaf Scholz sieht überall Notlagen, für die er Schulden machen kann. Aber die eigentliche Notlage sieht er nicht, nämlich die Notlage bei der irregulären Einwanderung und die Notlage unserer Wirtschaft.“
Zur Frage, welche Gesetze noch vor der Wahl verabschiedet werden sollten, sagte Lindner, es solle keine Gespräche im Bundestag geben, bevor nicht ein Neuwahltermin bestehe. Scholz dürfe nicht „aus Furcht vor den Wählerinnen und Wählern dem Land Zeit rauben“.
Der Wahlkampf habe de facto schon begonnen. Lindner machte deutlich, wo es seiner Meinung nach für das Land hingehen sollte.
Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sei die nächste Regierung CDU-geführt. Die Frage sei, mit welchem Koalitionspartner. „Sowohl Schwarz-Rot als auch Schwarz-Grün wären Ampel light. (...) Das wäre nicht der Aufbruch, den das Land braucht – und ich bin Experte für SPD und Grüne.“
Lindners Wahlziel in Zahlen
Die FDP gehe eigenständig in den Wahlkampf, aber auch mit einem klaren Ziel. Deutlich wurde, dass Lindner die Neuauflage eines schwarz-gelben Bündnisses meinte, sowie seine eigene Rückkehr ins Amt des Finanzministers. „Ich möchte weiter auf das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler aufpassen“, sagte er. Seine Partei gehe in die Wahl „mit einem neuen Momentum und mehr Unterstützung, die ich spüre“.
Zum Koalitionsbruch als solchem wies Lindner alle Schuld von sich: „Wir hätten uns in der Sache einigen können, die FDP hat die Gespräche nicht abgebrochen.“ Lindner nannte auch das Ziel seiner Partei für die Wahl: „Zweistellig. Mehr als zehn.“
Noch am Abend, an dem die Ampel scheiterte, hatte Lindner in seinem Statement auch auf den Kanzler als Person abgezielt. „Olaf Scholz hat leider gezeigt, dass er nicht die Kraft hat, unserem Land einen neuen Aufbruch zu ermöglichen“.
Am Sonntag hingegen machte er deutlich, nicht – oder besser gesagt: nicht mehr – persönlich gegen Scholz austeilen zu wollen. „Ich beteilige mich daran ausdrücklich nicht, und die Bürgerinnen und Bürger können beurteilen, wie sie es finden, dass in der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt der Regierungschef offenbar so über frühere Regierungspartner spricht.“
Ich habe es ertragen, dass ich für den Kompromiss und die Kooperation immer wieder gute Miene zu einem ziemlich bösen Spiel gemacht habe.
Olaf Scholz, Bundeskanzler
Das können sie, und zwar zum Beispiel anhand des Miosga-Talks, der nur wenig später auf Sendung ging. In den ersten zwanzig Minuten drehte sich sehr viel um Christian Lindner. Fast konsterniert sagte Miosga schließlich: „Durchgehend habe ich den Eindruck, daran ist eigentlich ausschließlich Christian Lindner schuld.“
Der Kanzler breitet seinen Ärger noch einmal aus
Der Kanzler nämlich machte auch bei dieser Gelegenheit klar, wie frustriert und verärgert er über den Ex-Regierungspartner ist. „Ich habe es ertragen, dass ich für den Kompromiss und die Kooperation immer wieder gute Miene zu einem ziemlich bösen Spiel gemacht habe“, sagte er.
Die Worte des Kanzlers am Abend des Koalitionsbruchs waren ungewöhnlich harsch. „Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen“, hatte er gesagt.
Bei Miosga verteidigte er sich gegen den Vorwurf, das sei unanständig gewesen: „Es war anständig, klar und deutlich und für alle Bürgerinnen und Bürger sehr verstehbar.“ Von elend langen Haushaltsverhandlungen, die er persönlich habe führen müssen, bis zu Indiskretionen aus Lindners Umfeld breitete Scholz noch einmal aus, was ihn verärgert hat.
Dann aber ging es auch noch um Themen, die in die Zukunft weisen, darunter ausführlich um den Wahlsieg Donald Trumps. In der Frage, wann er denn nun die Vertrauensfrage stellt, zeigte sich Scholz flexibel. Das sei schon im Dezember möglich, wenn sich die demokratischen Fraktionen darauf einigen würden. Ein Zugeständnis des Kanzlers am Ende einer turbulenten Woche.
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