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Wer Bürgergeld bezieht, soll eng mit dem Jobcenter zusammenarbeiten.

© dpa/Jens Kalaene

Exklusiv

„Wer betrügt, fliegt viel zu selten auf“: SPD-Politiker fordern Reform des Bürgergelds

Das Bürgergeld war ein Vorzeigeprojekt der SPD, jetzt häuft sich die Kritik. Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger beklagt Betrug, Abgeordnete sehen Schwachstellen.

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In der SPD werden knapp zwei Monate vor der Bundestagswahl Rufe nach einer Reform des Bürgergeldes laut. Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger fordert ein Bürgergeld, das „treffsicherer“ ist als bisher. „Die Leute sehen doch, dass wer mit Schwarzarbeit und Bürgergeld betrügt, viel zu selten auffliegt. Das müssen wir ändern“, sagte Rehlinger am Samstag dem Tagesspiegel.

„Wer hart arbeitet und sich an die Regeln hält, darf in Deutschland niemals den Eindruck haben, dass er der Dumme ist“, sagte Rehlinger. Das Bürgergeld müsse besser vor Missbrauch geschützt werden, damit es für diejenigen da sei, die wirklich Unterstützung bräuchten. Kanzler Olaf Scholz (SPD) habe „zu Recht gesagt, das Bürgergeld muss treffsicherer werden“, sagte Rehlinger. Den Mitarbeitern in den Job-Centern könne man auf verschiedene Weise „den Rücken stärken und so vieles auch ohne große Gesetzespakete verbessern“.

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Zuvor hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich gesagt, er wolle im Fall einer erneuten Regierungsbeteiligung seiner Partei Missbrauch beim Bürgergeld effektiver bekämpfen. „Unsere Grundidee war und ist, dass Menschen nach ihren Stärken gefördert werden und wieder auf den ersten Arbeitsmarkt kommen. Das soll auch so bleiben“, sagte Mützenich dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

„Aber ich finde es richtig, nicht durchgehen zu lassen, wenn jemand das System ausnutzt. Sollten wir Gelegenheit dazu haben, würden wir in einer neuen Regierung nachsteuern.“

Mützenich: Einige Ukrainer haben „Mehrwert abgeschöpft“

Mützenich kam damit jenen Kritikern aus anderen Parteien einen Schritt entgegen, die das Bürgergeld reformieren oder in seiner derzeitigen Form sogar abschaffen wollen. Er fügte hinzu: „Vielleicht halten sich manche Menschen zu lange im Bürgergeldsystem auf. Und ein Teil der Flüchtlinge aus der Ukraine hat offenbar einen Mehrwert abgeschöpft, der nicht gerechtfertigt ist.“

Mit der Einführung des Bürgergelds war 2023 die zuvor Hartz IV genannte Grundsicherung abgelöst worden. Auch die Union trug das sozialpolitische Prestigeprojekt der Ampel mit, nachdem sie in einem Vermittlungsverfahren von Bundestag und Bundesrat Verschärfungen durchsetzen konnte. Doch bald kam das Bürgergeld bei vielen in Verruf. Kritik zielt darauf ab, dass die Jobcenter zu viel fördern und zu wenig fordern würden.

„Schwachstellen erkennen und lösen“

Reformen beim Bürgergeld mahnten auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Axel Schäfer und der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Matthias Machnig, ein. „Das Bürgergeld hat in seiner jetzigen Form keine Ewigkeitsgarantie“, sagte Schäfer dem Tagesspiegel: „Die SPD ist immer gut beraten, existierende Schwachstellen zu erkennen und zu lösen. Das ist unsere Aufgabe für 2025.“

Es ist ein Unding, dass Bürgergeld-Bezieher auf Einladungen der Jobcenter nicht reagieren.

Axel Schäfer, SPD-Bundestagsabgeordneter

„Es ist ein Unding, dass Bürgergeld-Bezieher auf Einladungen der Jobcenter nicht reagieren“, sagte Schäfer. Der langjährige SPD-Abgeordnete aus Bochum verwies auf Besuche in einer Arbeitsagentur oder einem Jobcenter. Diese Termine zeigten, dass „die oft sehr guten Mitarbeiter dort zu wenig Möglichkeiten haben, Bürgergeld-Bezieher zu fordern.“ Schäfer sagte, kluge Politik bestehe aus „Fordern und Fördern“, das Fordern aber habe in den letzten Jahren „zu wenig bewirkt“.

Der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Machnig, sagte dem Tagesspiegel: „Arbeit muss Vorfahrt vor Sozialtransfers haben. Der Sozialstaat ist keine Einbahnstraße.“ Wer sich mutwillig der Arbeitsaufnahme verweigere, müsse mit Sanktionen rechnen.

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