
© dpa/Ukrainian Presidential Press Off
Spezialkräfte, Spürhunde, Sonderschichten: Die Berliner Polizei ist für Selenskyjs Besuch im Großeinsatz
Kommt er nach Berlin oder kommt er nicht? Die Polizei in der Hauptstadt, Brandenburg und Aachen hat ein Großaufgebot vorbereitet, um den Besuch des ukrainischen Präsidenten abzusichern.
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Für die Berliner Polizei ist es eine besondere Herausforderung. Am Freitagvormittag kamen die Spitzen der Behörde erneut zu einer Einsatzbesprechung zusammen, um die letzten Details für einen möglichen Staatsbesuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Berlin zu besprechen.
Die Sicherheitsstufe dürfte so hoch sein wie bei Besuchen von US-Präsidenten oder Regierungschefs aus Israel. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz. Nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden ist der ukrainische Präsident international eines der gefährdetsten Staatsoberhäupter. Im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist er ein zentrales Ziel für die Machthaber in Moskau.
Nach dem Drohnenangriff auf den Kreml hatte der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew bereits Rache angekündigt: Es gebe „keine andere Variante als die physische Eliminierung Selenskyjs und seiner Clique“, schrieb Medwedew auf Telegram. Die Berliner Polizei steht vor der Aufgabe, den ukrainischen Präsidenten vor jedweden Angriffen zu schützen, jedes Risiko muss ausgeschlossen werden. Die Routen, auf denen er unterwegs sein könnte, seine Unterkunft, seine Besuchsorte müssen weiträumig abgesichert werden.
Konkret bedeutet das: Die Polizei wird mit einem massiven Aufgebot unterwegs sein, Straßen werden abgesperrt, es wird Personenkontrollen geben, Beamte werden mit Sprengstoffhunden im Einsatz sein, Scharfschützen der Spezialkräfte werden den Besuch von den Dächern absichern. Ebenso werden Beamte in Zivil die Lage beobachten. Mit Polizeihubschraubern verschaffen sich die Einsatzleiter dann meist einen Eindruck vom Einsatzgebiet aus der Luft.
Nach dem Vorfall in Berlin haben wir noch einmal verschärft auf unser Aachener Sicherheitskonzept schauen müssen.
Jürgen Linden, Vorsitzender des Karlspreiskomitees
Am Sonntag wird das Regierungsviertel komplett abgeriegelt und rundum für den Verkehr gesperrt, ebenso die Spree für den Schiffsverkehr in Höhe des Kanzleramts. Mitarbeiter und Anwohner kommen nur mit Ausweis in den Bereich. Die Anordnung der Polizei wird nicht veröffentlicht, sie ist nur in einem Revier einsehbar.
Auch die Brandenburger Polizei ist im Einsatz mit Spezialkräften und einer größeren Anzahl von Beamten. Denn wenn Selenskyj auf dem militärischen Teil des BER landen würde, wäre er zunächst in Brandenburg. In der vergangenen Woche waren erste Details über den Ablauf und die Pläne der Berliner Polizei durchgesickert, die Verstimmungen waren deshalb groß. Kiew reagierte entrüstet, die Bundesebene war erzürnt: Was geheim bleiben sollte, um Selenskyjs Besuch abzusichern, soll ausgerechnet von Quellen in der Hauptstadtpolizei durchgestochen worden sein. Ein Debakel.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sah sich genötigt, ein Verfahren wegen Geheimnisverrats zu veranlassen. Denn das Ansehen der Polizei Berlin sei „national und international beschädigt“ worden. Zwischenzeitlich war sogar offen, ob es überhaupt bei Selenskyjs Besuch in Berlin bleiben kann.
Auch in Aachen herrscht Zurückhaltung, wo Selenskyi am Sonntag stellvertretend für das ukrainische Volk mit dem Karlspreis geehrt wird. Es sei noch völlig offen, ob der Präsident persönlich kommt oder nur per Videoschalte teilnimmt, hieß es. Das alles entscheide sich erst kurzfristig und sei abhängig von der Lage in der Ukraine.
Nur wenige Verantwortliche in Aachen werden zuvor informiert, ob Selenskyj kommt. Bewusst versuchen alle Seiten nun, alles im Vagen zu halten – auch wegen der Indiskretionen in Berlin. Jedoch wird ein Besuch in Deutschland immer wahrscheinlicher. Am Sonnabend trifft er den italienischen Staatspräsidenten Sergio Mattarella, wie der Präsidentenpalast am Freitag mitteilte.
Danach könnte Selenskyi weiter nach Berlin fliegen. Nach einem möglichen Empfang durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) wäre am Sonntag Aachen die nächste Station. Die Kanaldeckel in der Innenstadt werden dort jedenfalls schon mal zugeschweißt. „Nach dem Vorfall in Berlin haben wir aber noch einmal verschärft auf unser Aachener Sicherheitskonzept schauen müssen“, sagte der Vorsitzende des Karlspreiskomitees, Jürgen Linden, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Der ukrainische Präsident hatte unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zuletzt bereits westeuropäische Städte besucht, etwa Anfang Mai Helsinki und Den Haag in den Niederlanden, wo der Internationale Strafgerichtshof seinen Sitz hat. Auch in London, Paris, Brüssel und zuvor in Washington war er bereits.
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