Deutschland auf Verbrecherjagd? Oder wieder nur eine Medien-Hysterie?
Nato
Verteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hat am Sonnabend einen zweitägigen Truppenbesuch bei den in Bosnien und im Kosovo stationierten Bundeswehr-Soldaten begonnen. Bei den Gesprächen mit den Soldaten dürfte er auch die Debatte um den Einsatz uranhaltiger Geschosse eine Rolle spielen, die die USA bei den Nato-Einsätzen auf dem Balkan abgefeuert hatten.
Die Nato hat offiziell bestätigt, dass die umstrittene Uran-Munition auch geringe Mengen hochgiftigen Plutoniums enthält. "Es ist schon lange bekannt, dass es Spuren von Uran-236 und Plutonium in abgereichertem Uran geben kann", hieß es in einer Erklärung des Bündnisses in Brüssel.
Bei der Nato in Brüssel will man die Aufregung nicht verstehen. Es sei doch bekannt, so eine Sprecherin, dass in Waffen mit abgereichertem Uran auch winzige Spuren von Plutonium vorhanden seien.
Die Chefmediziner der 19 Nato-Länder sehen keinen Zusammenhang zwischen dem Einsatz von Uranmunition auf dem Balkan und Leukämie oder anderen Krebsfällen. Das erklärten sie am Dienstag nach einer Sondersitzung des Gesundheitsausschusses der Allianz in Brüssel.
Die auf dem Balkan tätigen deutschen Hilfsorganisationen sind trotz eines entsprechenden Schreibens vom Bundesverteidigungsministerium nicht gezielt über das Risiko durch giftiges (toxisches) Uran aufgeklärt worden. Recherchen bei Hilfsorganisationen ergaben, dass es im Wesentlichen vom Engagement der Helfer in Bosnien und im Kosovo abhing, ob sie Informationen über gesundheitliche Schäden durch uranhaltige Munition erhielten.
Der Schauplatz und die Umstände waren fast die gleichen wie vor gut zwanzig Jahren, als eine Passagiermaschine vom Typ DC 9 mitten in ein Kriegsmanöver der Amerikaner, Briten und Franzosen mit libyschen Maschinen hineinflog und dabei so beschädigt wurde, dass sie abstürzte - alle 81 Menschen an Bord kamen damals ums Leben. Das Unglück von Ustica wurde damals gezielt von Nato, USA und italienischer Regierung vertuscht.
Im Belgrader "Hotel Park" sind drei Herren aus England abgestiegen. David Seymour, Peter Hiscocks und Guy Adams sind als "Demokratie-Trainer" angereist.
Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) hält das Strahlenrisiko durch uranhaltige Munition auf dem Balkan für eine zu vernachlässigende Größe. Sämtliche Untersuchungen von Bundeswehrsoldaten hätten keine auffälligenden Ergebnisse erbracht, sagte Scharping am Mittwoch in Berlin.
Die Nato will auch in Zukunft nicht auf den Einsatz uranhaltiger Munition verzichten. Nato-Generalsekretär George Robertson sagte am Mittwoch im Anschluss an die Sitzung des Nato-Rates, die wissenschaftlichen Untersuchungen über die Gesundheitsgefährdung für Soldaten und Zivilbevölkerung sollten jedoch fortgesetzt werden.
Der Minister strotzte vor Selbstsicherheit, als er die Wissenschaftler mit schon süffisantem Lächeln in die Runde bat, seine Positionen zu stützen. Ja, Verteidigungsminister Rudolf Scharping wollte es allen Kritikern zeigen, dass sein Haus keine Probleme mit uranhaltiger Munition auf dem Balkan oder in Deutschland hat.
Am 1. Juli 1999, knapp einen Monat nach Beendigung der militärischen Eskalation in der Kosovo-Krise, informierte die Nato zum ersten Mal darüber, dass sie bei ihren Luftangriffen auf Jugoslawien uranabgereicherte Munition (DU) eingesetzt hat.
Die Nato hat dem von Italien und Deutschland geforderten Verbot uranhaltiger Munition vorerst ein Absage erteilt. An diesem Mittwoch befasst sich der Nato-Rat mit dem Thema.
DU-Munition (DU steht für depleted Uranium, deutsch: abgereichertes Uran) ist nach Angaben der Nato im Rahmen der Lufteinsätze gegen Jugoslawien zum Einsatz gekommen. Demnach sollen durch US-Kampfflugzeuge vom Typ A 10 in etwa 100 Kampfeinsätzen etwa 31 000 Schuss dieser Munition verschossen worden sein.
Stell dir vor, es ist Krieg und keiner stirbt. Eine absurde Vorstellung?
Das Bundesverteidigungsministerium sieht keinen Anlass, auf dem Balkan dienende Bundeswehrsoldaten auf mögliche gesundheitliche Beeinträchtigungen wegen des Kontakts mit Uranmunition untersuchen zu lassen. "Es würde zu einer Massenhysterie führen, wenn wir Zehntausende Soldaten dazu auffordern würden", sagte der parlamentarische Staatssekretär Walter Kolbow dem Tagesspiegel.
Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) hat eine "rückhaltlose Aufklärung" des Einsatzes von Uran-Munition auf dem Balkan gefordert. Mit Blick auf die Nato-Tagung an diesem Dienstag in Brüssel setzte sich der Kanzler dafür ein, dass "alle Fakten auf den Tisch kommen", weil Zweifel bestünden, ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen den Erkrankungen von Soldaten und uranhaltiger Munition gebe.
Mit dem ersten Leukämie-Fall eines deutschen Soldaten nach einem Balkan-Einsatz haben alle Parteien den politischen Druck auf Verteidigungsminister Scharping (SPD) verstärkt. Der Minister müsse lückenlos über die von der Nato im Frühsommer 1999 eingesetzte radioaktive Uran-Munition berichten.
Moskau brauchte Zeit, um sich von dem Schreck zu berappeln: Schon am Dienstag hatte die "Washington Times", unter Berufung auf Geheimdienste berichtet, Russland habe in seiner Ostsee-Exklave Kaliningrad, die schon Michail Gorbatschow zur atomwaffenfreien Zone erklärt hatte, erneut taktische Kernwaffen stationiert, um auf die Nato Druck auszuüben. Dabei soll es sich um Kurzstreckenraketen mit einer Reichweite von etwa 70 Kilometern handeln.
Sechs italienische Soldaten, die im Kosovo Friedensdienst taten, sind gestorben - an Leukämie. Ebenso ein tschechischer.
Italiens Staatspräsident, Regierungschef und Verteidigungsminister sind zufrieden - ihr kräftiges Auftreten bei der Nato nach Bekanntwerden des so genannten "Balkan-Syndroms" scheint Erfolge zu zeitigen. Die Ankündigung aus Brüssel, Licht in die Affäre um die Uran-Patronen zu bringen, habe gezeigt, "dass unsere Besorgnis ernst genommen wird", so Ministerpräsident Giuliano Amato.
Der Regierungswechsel in den USA macht den Europäern Sorgen. Schon munkeln Sicherheitsberater, wie sehr die USA an der Nato hängen.
Der künftige amerikanische Verteidigungsminister Donald Rumsfeld kehrt Anfang nächsten Jahres in ein Ministerium zurück, das er aus der schwierigen Zeit nach dem Vietnamkrieg kennt. Der heute 68-Jährige war von 1975 bis 1977 unter Präsident Gerald Ford der jüngste Verteidigungsminister der US-Geschichte.
An diesem Freitag gibt es nur eine als Demonstration angemeldete Veranstaltung in Berlin. Um 18 Uhr wird wie an jedem Freitag am Breitscheidplatz die Auflösung der Nato gefordert.
Seitdem es kalt geworden ist in Prizren - und die Winter im Kosovo werden hier sehr kalt - arbeiten die Frauen in der Wäscherei in gefütterten Stiefeln. Auf dem Fliesenboden der Wäscherei im Kellergeschoss des Krankenhauses gefriert der Wasserdampf.
Allmählich wird es ernst. Nicht im Sinne jenes Falles, für den sich die Nato ein halbes Jahrhundert rüstete.
Die Pläne der Europäischen Union (EU) für eine eigene Eingreiftruppe haben beim Treffen der Nato-Außenminister für heftige Differenzen gesorgt. Trotz mehrerer Interventionen der USA lehnte die Türkei am Freitag bei der Herbsttagung der Nato-Außenminister in Brüssel weiter eine Regelung zur Zusammenarbeit der Nato mit der EU ab.
Die Nato-Außenminister haben am Donnerstag versucht, die politische Blockade der Türkei aufzubrechen, die gegen die fest geregelte Zusammenarbeit von EU und Nato gerichtet ist. Gleichzeitig hat US-Präsident Bill Clinton in einem Brief den türkischen Ministerpräsidenten aufgefordert, seinen Widerstand aufzugeben und der geplanten Vereinbarungen zwischen der Europäischen Union und der Atlantischen Allianz zuzustimmen.
Der gemäßigte Albaner-Führer Ibrahim Rugova hat die Einladung des neuen jugoslawischen Präsidenten Vojislav Kostunica zu Verhandlungen über die Zukunft des Kosovo vorerst ausgeschlagen. In einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" betonte der Führer der Demokratischen Liga des Kosovo (LDK), die bei der Kommunalwahl 58 Prozent der abgegebenen Stimmen erringen konnte: "Verhandlungen erscheinen mir sinnlos und unnötig".
Die Kosovo-Friedenstruppe Kfor will eine weitere Eskalation der Gewalt albanischer Rebellen im Grenzgebiet zu Südserbien mit einer Truppenverstärkung verhindern. Etwa 200 britische Soldaten seien mit Panzern und Geländewagen verlegt worden, "um aufständische Aktivitäten zu verhindern und zu unterbrechen", sagte Kfor-Sprecher Mark Whitty am Freitag in Pristina.
Für die Auflösung der Nato wird wie jeden Freitag um 18 Uhr auf dem Breitscheidplatz demonstriert. - Etwa fünf "Tierschützer" protestieren vor einem Kaufhaus in der Joachimstaler Straße gegen Pelzverkauf.
Es sind nervöse Zeiten. Frankreich und Deutschland sind erbost über kranke EU-Kühe, der Kontinent ist angespannt wegen der Auszehrung des Euro - und die Engländer?
"Gegen Imperialismus und Kolonialkriege - Für die Auflösung der Nato" wird heute von 18 Uhr an auf dem Breitscheidplatz in Charlottenburg demonstriert. Der Veranstalter rechnet nach Auskunft der Polizei mit etwa 50 Mitstreitern.
Genug ist genug: nie mehr unter der Regie Belgrads. Montenegros Präsident Milo Djukanovic kann sich mit der orthopädischen Halskrause kaum rühren, aber beim Thema Unabhängigkeit für sein Land rückt er energisch vor auf die Stuhlkante.
Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Michail Gorbatschows Satz - eine Ikone.
Bundeskanzler Gerhard Schröder und Nato-Generalsekretär George Robertson sehen in eigenen Streitkräften der Europäischen Union eine Stärkung des atlantischen Bündnisses. Vor der parlamentarischen Versammlung der Nato in Berlin betonten Schröder und Robertson am Dienstag, der Aufbau EU-eigener Kapazitäten liege "in der Logik der europäischen Einigung".
"Auftrag erfüllt!" werden die Außen- und Verteidigungsminister der Europäischen Union nach ihrem Treffen am heutigen Montag melden.
Im Frühjahr 1999 verabschiedete die Nato ihr neues Grundsatzpapier. Fünfzig Jahre lang hatte sie sich als Verteidigungsgemeinschaft verstanden, nun definierte sich das Bündnis in eine "globale Interventionsmacht" um.
Wahlen in den USA beeinflussen die ganze Welt. Die "unverzichtbare Nation" (Madeleine Albright), die "letzte verbliebene Supermacht" (Bill Clinton), wählt auch den Mann, der über Krieg oder Frieden fast überall mit entscheidet.
Auf dem Balkan werden nach Serbien auch in Kosovo die Karten neu gemischt. In Belgrad musste Milosevic gehen, in Pristina feiert der moderate Ibrahim Rugova ein Comeback.