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US-Präsident Donald Trump bei der Pressekonferenz zum Abschluss des Nato-Gipfels.

© Geert Vanden Wijngaert/dpa

Update

US-Präsident und Nato-Partner: Trump sichert Nato-Partnern Bündnistreue zu

Hin und her in Brüssel: Zuerst droht US-Präsident der Nato offenbar mit einem Alleingang bei der Verteidigung. Dann verspricht er, weiter zum Bündnis zu stehen. Im Streit mit Deutschland lässt Trump nicht locker.

US-Präsident Donald Trump hat zugesichert, weiter zur Nato zu stehen. Die Vereinigten Staaten blieben dem Bündnis sehr stark verpflichtet, sagte Trump am Donnerstag bei einer Pressekonferenz nach einer Krisensitzung beim Nato-Gipfel in Brüssel.

Zuvor hatte Trump hat der Nato nach Angaben von Diplomaten offen mit einem amerikanischen Alleingang in Verteidigungsfragen gedroht. Wenn die Bündnispartner nicht bis Januar 2019 zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgäben, würden die Amerikaner ihr eigenes Ding machen, sagte Trump demnach am Donnerstag beim Gipfeltreffen in Brüssel, wie die Deutsche Presse-Agentur aus mehreren Quellen erfuhr. Die bisherige Beschlusslage sieht lediglich eine Annäherung an diese Zielmarke bis 2024 vor.

Merkel: „Sehr ernste Diskussion“

Trump habe nach Angaben der litauischen Präsidentin zufolge aber nicht mit einem Austritt aus der Nato gedroht. Er habe darauf gedrungen, dass die Ausgabenziele schneller erreicht würden, sagt Dalia Grybauskaite. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bestätigte, Trump habe nicht mit einem Rückzug der USA aus dem Bündnis gedroht.

Nach Trumps Äußerungen kamen die 29 Bündnispartner zu einer Sondersitzung zusammen. Öffentlich wollte Trump seine Drohung nach dem Krisentreffen nicht mehr wiederholen. Er lobte stattdessen die bislang von den Bündnispartnern angekündigten Erhöhungen ihrer Verteidigungshaushalte und bezog dabei sogar Deutschland mit ein. Bei der Krisensitzung habe ein großartiger kollegialer Geist geherrscht, sagte er. Was in der Runde genau diskutiert wurde, blieb zunächst unklar.

Trump sprach auf der anschließenden Pressekonferenz von einem "enormen Fortschritt" bei den Verteidigungsausgaben der Verbündeten der westlichen Militärallianz. "Ich glaube an die Nato", sagte der US-Präsident. Der Präsident erklärte, er habe den Nato-Partnern deutlich gemacht, dass er sehr unglücklich gewesen sei. Die Partner hätten sich zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben über das Ziel von zwei Prozent der Wirtschaftsleistung hinaus verpflichtet. Die Nato sei nun stärker als noch vor zwei Tagen, sagte Trump.

Weitere Erhöhung der Verteidigungsausgaben möglich

Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete die Beratungen in der Nato über die Lastenteilung als „sehr ernste Diskussion“. Ob Trump in einer Krisensitzung am Donnerstag mit einem Austritt aus dem Bündnis gedroht hat, sagte sie nicht eindeutig. Auf eine entsprechende Frage antwortete sie: „Ich kann nur zusammenfassen, was das Ergebnis ist: Klares Bekenntnis aller zur Nato und eine deutliche Bereitschaft aller, angesichts veränderter Sicherheitslagen einen Beitrag zu leisten.

Trump habe gefordert, dass die Lastenteilung sich verändern müsse, berichtete die Kanzlerin. „Ich habe für mich deutlich gemacht, andere haben das auch deutlich gemacht, dass wir auf diesem Weg sind.“

Merkel stellte eine weitere Erhöhung ihrer Zusagen bei den Verteidigungsausgaben in Aussicht. Auf die Frage, ob sie ihr bisheriges Versprechen von 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts noch einmal aufstocken werde, sagte die CDU-Chefin am Donnerstag nach der Krisensitzung in Brüssel: „Wir werden darüber reden müssen, inwieweit wir mehr in die Ausrüstung - ich sage deutlich Ausrüstung und nicht Aufrüstung - geben.“

Bei der Pressekonferenz erklärte Trump nach den Äußerungen Merkels, Deutschland habe zugesagt, das Zwei-Prozent-Ziel bis 2028 oder 2030 zu erreichen. Ein Regierungssprecher wollte das nicht kommentieren. Es gelte das, was Merkel öffentlich gesagt habe.

Trump ließ zunächst auch im erbitterten Streit mit Deutschland nicht locker. Nach dem Eklat um deutsche Erdgasimporte aus Russland zum Auftakt des Nato-Gipfels kritisierte Trump am Donnerstag die Bundesregierung erneut scharf. Mit einer neuen Twitterserie nahm Trump seine Verbalattacken gegen Deutschland wieder auf, obwohl er am Mittwochnachmittag nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Merkel Signale der Entspannung zu senden schien. Er hatte das Verhältnis zu Deutschland hervorragend genannt und Merkel auch persönlich gelobt.

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„Präsidenten haben jahrelang erfolglos versucht, Deutschland und andere reiche Nato-Staaten dazu zu bewegen, mehr für ihren eigenen Schutz vor Russland zu zahlen“, schrieb Trump. „Sie bezahlen nur einen Bruchteil ihrer Kosten.“ Die USA hingegen zahlten zweistellige Milliardenbeträge zuviel, um Europa zu subventionieren.

„Und als wäre das nicht genug, hat Deutschland gerade angefangen, Russland, dem Land, vor dem sie beschützt werden wollen, Milliarden Dollar für ihren Energiebedarf zu zahlen, der aus einer Pipeline aus Russland kommt“, fügte er in einem weiteren Tweet hinzu. „Nicht akzeptabel! Alle Nato-Staaten müssen ihr Zwei-Prozent-Verpflichtung erfüllen, und sie müssen letztlich auf vier Prozent gehen.“ Gemeint ist seine Forderung, zwei beziehungsweise vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Deutschland liegt derzeit bei 1,24 Prozent.

Auf der Pressekonferenz sagte Trump später: „Ich habe große Achtung vor Deutschland.“ Er verwies darauf, dass seine Vorfahren teils aus Deutschland komme. Er wiederholte auch, er habe "eine sehr gute Beziehung zu Angela Merkel".

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US-Demokraten kritisieren Attacken gegen Deutschland

Die Opposition in den USA kritisierte die wütenden Attacken von US-Präsident Donald Trump gegen Deutschland als peinlich und politisch falsch. Die demokratischen Fraktionschefs im Senat und im Repräsentantenhaus, Chuck Schumer und Nancy Pelosi, distanzierten sich in einer gemeinsamen Erklärung: Trumps "unverschämte Beleidigungen sowie die Verunglimpfung eines der standhaftesten Verbündeten von Amerika" seien eine "Peinlichkeit", erklärten sie am Mittwoch.

Das Verhalten des Präsidenten sei ein weiteres "tief verstörendes Signal" dafür, dass er gegenüber dem russischen Staatschef Wladimir Putin loyaler sei als gegenüber den Nato-Partnern, merkten die beiden Oppositionschefs zudem an.

Trumps rüder Umgang mit den Nato-Partnern rief auch in seiner eigenen Partei Kritik hervor. Der republikanische Senator Jeff Flake sah sich nach Trumps Tiraden zu einer Freundschaftsbeteuerung an die Nato-Partner veranlasst: "Ich hoffe, sie wissen, wie sehr wir ihr Engagement und ihre Freundschaft schätzen", schrieb Flake auf Twitter. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 seien die Nato-Partner "uns zur Hilfe geeilt, und sie sind seitdem standhaft geblieben".

Der republikanische Sebator Bob Corker erklärte: "Eine Schwächung des Bündnisses ist nicht im Interesse der USA." Dies gelte umso mehr, als das "Aggressions-Niveau Russlands so hoch ist wie nie zuvor seit dem Kalten Krieg".

Ukraine hofft auf Stopp von Nord Stream 2

Russland hat US-Präsident Trump nach seiner Kritik an der Gaspipeline Nord Stream 2 "unlauteren Wettbewerb" vorgeworfen. Die russische Regierung habe schon früher gesagt, dass sie solche Attacken für unlauteren Wettbewerb halte, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin wertete Trumps Kritik als Versuch, europäische Kunden dazu zu bringen, "teureres" Gas aus anderen Ländern zu kaufen. Trump hatte Deutschland am Mittwoch beim Nato-Gipfel in Brüssel wegen der Abhängigkeit bei Gaslieferungen als "Gefangenen Russlands" bezeichnet. Er kritisierte dabei auch die Pläne für die Gaspipeline Nord Stream 2. Am Donnerstag bekräftigte er seine Kritik an Deutschland und bezog sich dabei erneut auf die "neue Pipeline aus Russland".

Sein Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin dürfte das einfachste seiner Europa-Reise werden, bekräftigte Trump am Donnerstag. Putin sei ein Konkurrent, nicht sein Feind. Er kenne Putin nicht gut genug, um ihn als einen Freund zu bezeichnen, aber dazu könne er irgendwann werden. Bei dem Treffen am Montag in Helsinki mit Putin wolle er über ein Ende von US-Manövern im Baltikum sprechen. Er wolle nicht, dass Putin ein Sicherheitsrisiko für Europa sei. Deswegen gebe es die Nato.

Nach der heftigen Kritik von US-Präsident Trump an Nord Stream 2 hofft die Ukraine derweil auf einen Stopp des deutsch-russischen Pipeline-Projekts. „Ich halte die Daumen, dass wir Nord Stream 2 stoppen können - in einer gemeinsamen und wirksamen Aktion“, sagte Präsident Petro Poroschenko am Donnerstag in Brüssel.

Die Ukraine lehnt das Leitungsprojekt durch die Ostsee von Russland nach Deutschland seit jeher ab, weil damit weniger russisches Erdgas über ukrainische Pipelines nach Westeuropa fließen dürfte und das Land Einnahmen verliert.

Poroschenko sagte: „Das ist kein Wirtschaftsprojekt. Nord Stream 2 ist absolut politisch motiviert, ein geopolitischer Affront Russlands. Und in dieser Situation ist das völlig inakzeptabel.“ Poroschenko und Trump wollten sich am Rande des Brüsseler Gipfels am Donnerstag treffen.

Grünen-Chef kritisiert Pipeline

Grünen-Chef Robert Habeck hat die Gaspipeline Nord Stream 2 kritisiert. Die Pipeline von Russland nach Deutschland sei "Symbol für eine inkonsequente, unsolidarische Haltung der Bundesregierung" in der Energiefrage, sagte Habeck der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vom Donnerstag. "Für unsere Nachbarländer, die Stabilität der Ukraine und die ganze EU hat North Stream 2 insgesamt Nachteile."

"Dieser US-Präsident ist kein verlässlicher Partner, sondern ein echtes Sicherheitsrisiko für Deutschland, Europa und die Welt", kritisierte SPD-Fraktionsvize Achim Post. "Seine jüngsten Tiraden gegen Deutschland sind ein trauriger Tiefpunkt im deutsch-amerikanischen Verhältnis", sagt er zu Reuters. "Es ist wichtiger denn je, dass die aufrechten Demokraten und Republikaner diesem US-Präsidenten Grenzen aufzeigen." Trump sei dabei, "mit Absicht und ohne Rücksicht" die internationale Ordnung zu zerstören, die gerade die USA und Europa über Jahrzehnte aufgebaut hätten. (dpa, AFP, Reuters, Tsp)

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