
© IMAGO//Florian Gaertner
Union nimmt erstmals AfD-Stimmen in Kauf: Deutschland laut Umfrage gespalten – Scholz gewinnt gegenüber Merz
Das neue Politbarometer zeigt: Friedrich Merz’ Entscheidung, in der Migrationspolitik auch Mehrheiten von der AfD zu akzeptieren, hat ihm nicht geholfen. Auch in der K-Frage legt Olaf Scholz deutlich zu.
Stand:
Im Deutschen Bundestag wurde am Mittwoch erstmals ein CDU/CSU-Antrag für eine härtere Migrationspolitik auch mit Stimmen der AfD angenommen. SPD und Grüne sehen die Brandmauer gefallen. Selbst Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bedauerte diese Mehrheit nach eigener Aussage. Gleichzeitig hatte der CDU-Chef schon am vergangenen Freitag angekündigt, diese in Kauf nehmen zu wollen, nachdem in Aschaffenburg zwei Menschen getötet wurden.
Die Bevölkerung in Deutschland ist in der Frage gespalten: Eine hauchdünne relative Mehrheit von 48 Prozent lehnt Merz’ Vorgehen ab, einen Antrag für schärfere Maßnahmen auch mit der AfD durchzubekommen. 47 Prozent sind dafür. Unter den Unionsanhängern sehen das zwei Drittel unproblematisch. Das geht aus dem neuen Politbarometer für ZDF und Tagesspiegel hervor.
Der Zeitpunkt der Befragungen ist dieses Mal entscheidend: Die Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen hat seine Umfrage von Montag, 27.1., bis einschließlich Mittwoch, 29.1., durchgeführt. Auf Tagesspiegel-Anfrage teilte eine Sprecherin mit, man habe Wahlberechtigte auch noch am Mittwochnachmittag telefonisch befragt. Die Tatsache, dass Merz’ Fünf-Punkte-Plan am Abend dann tatsächlich mit AfD-Stimmen angenommen wurde, war für den Großteil der Befragten noch nicht Gewissheit.
Große Mehrheit gegen Kooperation mit AfD
Eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD lehnt mit zwei Drittel weiter der Großteil der Befragten ab: Der Anteil stieg sogar leicht (plus ein Prozentpunkt) im Vergleich zur Vorwoche.
Während die Deutschen bei der Frage, ob die Union beim Thema Migration gemeinsame Sache mit der AfD machen sollte, gespalten sind, spricht sich eine klare Mehrheit für härtere Maßnahmen aus: Zwei Drittel sind für Zurückweisungen von Asylsuchenden ohne Einreisedokumente. Auch über die Hälfte will dauerhafte Grenzkontrollen. Beides steht so auch in dem angenommenen Entschließungsantrag der Union.
Dass sich dadurch die aktuellen Probleme im Bereich Migration spürbar verringern, glauben allerdings mehrheitlich nur Anhänger von AfD (80 Prozent), CDU/CSU (69 Prozent), FDP (75 Prozent) sowie des BSW (54 Prozent). Das spiegelt sich auch im Abstimmungsverhalten von Mittwoch wider. Der Erschließungsantrag der Union wurde mit den Stimmen dieser Parteien, im Fall BSW durch Enthaltung, angenommen. Laut Politbarometer glauben dazu fast 60 Prozent der unter 35-Jährigen, dass sich durch solche Verschärfungen nichts ändert. Bei älteren ist es weniger als die Hälfte.
Insgesamt scheint das Thema Migration in Politik und Medien gerade deutlich überrepräsentiert im Vergleich dazu, was für Wahlberechtigte tatsächlich entscheidend ist: Nur für 27 Prozent der Befragten ist es das Wichtigste für die Wahl am 23. Februar. Relevanter sind dagegen die Bereiche Frieden/Asyl (48 Prozent), Wirtschaft (41 Prozent) sowie soziale Gerechtigkeit (40 Prozent).
Scholz legt bei Kanzlerfrage spürbar zu
In der K-Frage hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Vergleich zur letzten Befragung Anfang Januar mit vier Prozentpunkten deutlich an Zustimmung hinzugewonnen. Zwar liegt Friedrich Merz bei der Frage, wen man am ehesten als Kanzler oder Kanzlerin hätte, weiter an erster Stelle (30 Prozent) – gefolgt von Robert Habeck (Grüne) mit 24 Prozent und Olaf Scholz mit 20 Prozent.
Im direkten Duell Scholz/Merz liegen die beiden nun gleichauf (Scholz +3, Merz -1). Auch der Vorsprung des CDU-Chefs gegenüber Robert Habeck ist geschmolzen: Hier liegt Merz mit 47 Prozent (-3) knapp vor Habeck mit 41 Prozent (+4).
Kaum Auswirkungen auf Sonntagsfrage
Auf die Sonntagsfrage hat sich Merz’ Ankündigung, auch AfD-Stimmen für eine Mehrheit in Kauf zu nehmen, nur marginal ausgewirkt. Bewegungen liegen hier innerhalb des Fehlerbereichs. Die Union verliert im Vergleich zur letzten Umfrage einen Prozentpunkt auf 29 Prozent. Das BSW legt einen Punkt zu auf vier Prozent. Sonst ergeben sich keine Veränderungen.
Wenn schon am Sonntag gewählt würde, käme die AfD auf 21 Prozent, die SPD auf 15 Prozent und die Grünen auf 14 Prozent. Die Linke wäre mit fünf Prozent weiter im Bundestag vertreten; die FDP mit vier Prozent nicht.
Bei den Zahlen ist zu beachten: Wahlumfragen sind immer mit Unsicherheiten behaftet. Unter anderem erschweren nachlassende Parteibindungen und immer kurzfristigere Wahlentscheidungen den Meinungsforschungsinstituten die Gewichtung der erhobenen Daten.
Grundsätzlich spiegeln Umfragen nur das Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang.
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