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Freches Bürschchen? Nun, auf jeden Fall der Regierungschef eines EU-Staates: Alexis Tspiras.

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Update

Griechenland: Volker Kauder nennt Premier Alexis Tspiras "freches Bürschchen"

Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnt eindringlich vor einem Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone. Derweil mokiert sich Unionsfraktionschef Volker Kauder über den griechischen Regierungschef Tsipras.

Ein Ausscheiden Griechenlands aus der Eurozone gefährdet nach Ansicht von Außenminister Frank-Walter Steinmeier das Ansehen Europas in der Welt. „Wir müssen alles verantwortbare unternehmen, um Griechenland in der Eurozone zu behalten“, sagte Steinmeier am Samstag auf einem SPD-Landesparteitag in Berlin. „Unterschätzt bitte nicht, was es für Europa bedeutet, wenn uns das nicht gelingt.“ Europa könne weltpolitisch nur eine Rolle spielen, wenn es zusammenfinde. „Meine Sorge ist, dass wir bei vielen Themen nicht mehr ernst genommen werden“, sagte Steinmeier. Es gehe nicht nur um Griechenland, sondern um die Frage, ob der europäische Gedanke trage. „Und deswegen hoffe ich, dass wir nicht scheitern mit den Verhandlungen.“

Volker Kauder: "Das sollte sich das freche Bürschchen Tsipras mal hinter die  Ohren schreiben"

Auch der Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Volker Kauder sprach sich für einen Verbleib Griechenlands in der Eurozone aus. Sollte der Internationale Währungsfonds allerdings feststellen, dass das Land die vereinbarten Bedingungen für weitere Hilfsgelder nicht erfülle, dann könne auch seine Bundestagsfraktion nicht mehr für die Hilfen stimmen, sagte er am Samstag beim CDU-Landesparteitag in Berlin. „Es würde Europa schwer schaden, wenn wir erklären dass Vereinbarungen beliebig verändert werden können.“

Kauder mahnte an, dass es noch in diesem Monat Entscheidungen zu Griechenlands Verbleiben in der Eurozone geben muss. Zunächste müsse sich Griechenland positionieren, dann stehe auch eine Befassung im Bundestag an. "Dieses Europa ist mehr als Euro und Cent, sondern eine Werte- und Schicksalsgemeinschaft", sagte Kauder. Deswegen müsse man sehr genau überlegen, ob ein Land darauf aus der Eurozone ausschere. Denn dies gefährde die Stabilität und die Verlässlichkeit Europas. Aber gleichzeitig müssten auch Regeln und Bedingungen bei einem Verbleib in der Eurozone eingehalten werden. Wenn dies nicht der Fall sein, werde "Europa schwer gefährdet", sagte Kauder. "Das sollte sich das freche Bürschchen Tsipras mal hinter die  Ohren schreiben. Rotzfrech auftreten und dabei die Hausaufgaben nicht machen, das geht gar nicht."

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker warnte vor „verheerenden Folgen“ eines griechischen Austritts aus der Euro-Währungsunion. Dies wisse auch der griechische Regierungschef Alexis Tsipras, sagte Juncker am Samstag in Schengen (Luxemburg) der Deutschen Presse-Agentur. „Er weiß, dass die Lage sich zuspitzt. Ich habe ihm das in allen Farben und in mehreren Sprachen nahegebracht.“ Juncker sagte, er verfüge „eigentlich über einen guten Draht“ zu Tsipras, auch wenn es manchmal Schwierigkeiten gebe: „Er weiß, dass die Lage sehr ernst ist.“

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker: Wichtige Gespräche am Sonntag

Juncker sagte der dpa, wichtige Gespräche mit griechischen Regierungsvertretern über neue Reformvorschläge fänden auf „einer höheren technischen Ebene“ am (morgigen) Sonntag statt. Am Samstag gebe es lediglich Gespräche auf einer „kleinen technischen Ebene“. Juncker hatte zuvor bei einer Feierstunde zum Beschluss über die Schaffung des Schengen-Raumes ohne Grenzkontrollen gesagt, die Einführung einer einheitlichen Währung sei „ein großer Erfolg der EU“ gewesen - „trotz der widerwärtigen Auseinandersetzung, die sich zur Zeit intensiv austobt“.

Ratlos in Athen und Brüssel. Die Vorschläge der Regierung in Athen – hier Finanzminister Yanis Varoufakis – reichen den Gläubigern bisher nicht.
Ratlos in Athen und Brüssel. Die Vorschläge der Regierung in Athen – hier Finanzminister Yanis Varoufakis – reichen den Gläubigern bisher nicht.

© dpa

EU-Ratschef Donald Tusk hatte am Donnerstag in Brüssel gesagt, es könne demnächst heißen: „Das Spiel ist vorbei“ – wenn es bei den Griechenland-Verhandlungen in den nächsten Tagen keinen Durchbruch gäbe.

Manche hielten am Freitag diesen Zeitpunkt bereits für gekommen, als die „Bild“-Zeitung berichtete, dass sich die Bundesregierung bereits auf einen Staatsbankrott Griechenlands vorbereite. Als Grund nannte das Blatt das mangelnde Entgegenkommen des griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras, das zuletzt beim Treffen mit Kanzlerin Merkel und dem französischen Staatschef François Hollande in der Nacht zum Donnerstag in der belgischen Hauptstadt deutlich geworden sei.

Dass Tusk und viele andere, die sich derzeit in Sachen Griechenland äußern, im Konjunktiv sprechen, hat damit zu tun, dass kaum etwas klar ist. Weder lässt sich prognostizieren, ob es tatsächlich, wie in Berlin erhofft, vor dem Euro-Finanzministertreffen am kommenden Donnerstag in Luxemburg zu einem Durchbruch kommt.

Noch ist durchschaubar, auf welcher Ebene nun eigentlich verhandelt wird. Die Regierung in Athen scheint überzeugt davon zu sein, dass sich das Endspiel um Griechenland auf der höchsten politischen Ebene – also unter Beteiligung von Merkel und Tsipras – abspielen wird.

Die griechische Regierung wird am Samstag eine hochrangige Delegation zu Gesprächen mit den Geldgebern nach Brüssel entsenden. Das teilten Regierungskreise am Freitagabend in Athen mit. „Die griechische Seite ist bereit, Gegenvorschläge vorzulegen, damit die übriggebliebenen Unterschiede überbrückt werden“, hieß es. Die Regierungsvertreter würden am Samstagmorgen in Brüssel erwartet. Alle Reformvorschläge aus Griechenland wurden von den Gläubigern bislang als unzureichend zurückgewiesen.

Noch keine Einigung bei Verhandlungen in Sicht

Zu den Punkten, die nach wie vor strittig sind, gehören die Mehrwertsteuer- und die Rentenreform. Tsipras muss einen Aufstand der Parteilinken innerhalb der Syriza befürchten, wenn er hier den Geldgebern allzu weit entgegenkommt. Deshalb hieß es am Freitag auch wieder aus Regierungskreisen in Athen, dass man Renten- und Lohnkürzungen nicht akzeptieren werde.

Von einer Einigung sind beide Seiten also nach wie vor weit entfernt. Dass der Internationale Währungsfonds (IWF) am Donnerstag sein Verhandlungsteam aus Brüssel abzog, lässt mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu. Einerseits will der IWF mit dem öffentlichkeitswirksamen Schritt der griechischen Verhandlungsseite wohl vor Augen führen, dass es jetzt endgültig Zeit zum Einlenken ist: Da das Hilfsprogramm für Griechenland am 30. Juni ausläuft, müsste realistischerweise in der kommenden Woche eine Verhandlungslösung gefunden werden, um alle parlamentarischen Fristen vor einer Auszahlung der von Hellas dringend benötigten Tranche von 7,2 Milliarden Euro einzuhalten.

Andererseits könnte der Abzug der IWF-Verhandler aber auch das Startsignal für den offiziell bis dato in Abrede gestellten „Plan B“ bedeuten: Griechenland geht wegen des fehlenden Deals mit den Gläubigern pleite, die Regierung muss anschließend Schuldscheine als Parallelwährung zum Euro für die Bezahlung von Lieferanten, Beamten und Rentnern ausgeben sowie Kapitalverkehrskontrollen einführen, um eine Räumung der Konten zu verhindern.

Mehrere Nachrichtenagenturen berichteten am Freitag, dass die Staatssekretäre aus den Finanzministerien der Euro-Länder bei ihrem Treffen im slowakischen Bratislava am Donnerstag erstmals in formeller Runde über die Auswirkungen einer griechischen Staatspleite diskutiert hätten. Die griechische Zeitung „Kathimerini“ berichtete, dass die Gläubiger Athens Regierung eine weitere Frist bis zum späten Freitagabend gegeben hätten, um die bisherigen Verhandlungsvorschläge nachzubessern. Ausgang offen. (mit dpa)

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