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Polizeibeamte begleiten 2019 einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug.

© dpa/Michael Kappeler

Vor allem Türken und Georgier: Zahl der Abschiebungen 2024 um mehr als 22 Prozent gestiegen

Die Tat von Aschaffenburg befeuert die Debatte um Rückführungen. Nun gibt es Zahlen für das gesamte Jahr 2024: Demnach wurden 20.084 Menschen abgeschoben – deutlich mehr als 2023, aber weniger als 2016.

Stand:

Wieder sterben bei einer Attacke in Deutschland unschuldige Menschen und wieder stellt sich die Frage, warum der mutmaßliche Täter sich überhaupt noch in der Bundesrepublik aufhielt. Der 28-jährige Afghane, der wegen der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg mit zwei Toten und drei Schwerverletzten festgenommen wurde, war ausreisepflichtig, wie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bestätigte.

Sein Asylverfahren war beendet worden, weil er Anfang Dezember den Behörden selbst mitgeteilt hatte, dass er freiwillig nach Afghanistan zurückkehren wolle.

Unklar ist unter anderem, ob es eine Frist gab, in der er Deutschlandland hätte verlassen müssen und ob eventuell eine andauernde psychiatrische Behandlung des Täters eine Rolle dabei spielte, dass er sich noch im Land aufhalten konnte, aber: Die Tat befeuert kurz vor den Bundestagswahlen die Debatte über Abschiebungen.

Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.

Olaf Scholz, Bundeskanzler (SPD) im Oktober 2023

„Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“, stand am 20. Oktober 2023 als Zitat über einem Interview des „Spiegel“ mit Olaf Scholz (SPD). Das Aufenthaltsrecht und damit auch Abschiebungen fallen in die Zuständigkeit der Länder, die dabei vom Bund unterstützt werden – unter anderem durch den Einsatz der Bundespolizei.

Den nun vorliegenden Gesamtzahlen zufolge wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im gesamten Jahr 2024 aus Deutschland 20.084 Menschen abgeschoben, wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums (BMI) auf eine Anfrage des Tagesspiegel am Donnerstag mitteilte. Dies entspricht einem Anstieg von 22,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Im gesamten Jahr 2023 wurden demnach 16.430 Abschiebungen vorgenommen.

Allerdings lag die Zahl der Rückführungen 2016 Regierungsangaben zufolge noch deutlich höher. 2020, im ersten Jahr der Corona-Pandemie, brachen die Zahlen ein. Seitdem stieg diese Zahl jedes Jahr an.

Die Zahl der Asylanträge in Deutschland war im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. 2024 seien 229.751 Erstanträge eingegangen, der Großteil von Menschen aus Syrien, Afghanistan und der Türkei, teilte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) am 9. Januar mit. Damit stellten fast 100.000 Menschen weniger einen Asylantrag in Deutschland als noch im Jahr 2023 – ein Rückgang um 30,2 Prozent.

Abschiebungen aus Deutschland (Quellen: Deutscher Bundestag, BMI):

  • 2014: 10.884
  • 2015: 20.888
  • 2016: 25.375
  • 2017: 23.966
  • 2018: 23.617
  • 2019: 22.097
  • 2020: 10.800
  • 2021: 11.982
  • 2022: 12.945
  • 2023: 16.430
  • 2024: 20.084

Unter den Hauptherkunftsländern der Menschen, die im vergangenen Jahr abgeschoben wurden, steht die Türkei auf dem ersten Platz. 1.720 türkische Staatsbürger mussten Deutschland 2024 auf diesem Weg verlassen.

An zweiter Stelle standen demnach die Georgierinnen und Georgier mit 1.678 Abschiebungen, gefolgt von Menschen aus Syrien und Afghanistan. Nach Angaben des BMI wurden im vergangenen Jahr 1361 afghanische Staatsbürger aus Deutschland abgeschoben. Die Zahlen zu den Herkunftsländern beziehen sich auf die Monate von Januar 2024 bis Ende November 2024. Georgien war von Deutschland Ende 2023 als sicherer Herkunftsstaat eingestuft worden.

Sichere Herkunftsstaaten sind solche, bei denen davon ausgegangen wird, dass es dort in der Regel weder Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung gibt und dem betroffenen Ausländer damit in seiner Heimat kein ernsthafter Schaden droht. Damit kann ein Asylantrag leichter abgelehnt werden.

Scholz nannte den Anstieg im Jahr 2024 im „Stern“ einen „echten Fortschritt“. „Obwohl Rückführungen eigentlich Sache der Länder sind, habe ich vor zwei Jahren sehr konkrete Vorschläge gemacht, wie man sie erleichtern kann und mit den Ländern Vereinbarungen getroffen“, sagte Scholz.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wertete die Zahlen als „Verdienst der Länder“. „Aber es hätte noch weit mehr sein können, wenn der Bund seine Aufgaben wahrgenommen hätte“, sagte er dem Sender „Welt“.

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