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Polizeibeamte begleiten einen Afghanen auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Charterflugzeug.

© picture alliance/Michael Kappeler

Widerstand gegen erleichterte Abschiebungen: Rückführungsgesetz könnte an Grünen scheitern

Einem Bericht zufolge gibt es in der Grünen Bundestagsfraktion Zweifel an der Rechtmäßigkeit des geplanten Rückführungsgesetzes. Winfried Kretschmann spricht sich für eine Begrenzung irregulärer Migration aus.

| Update:

Die Bundestagsfraktion der Grünen wird dem Gesetz über erleichterte Abschiebungen im Bundestag möglicherweise nicht zustimmen.

Das berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Sonntag unter Berufung auf führende Parteikreise. Ein Vertreter des Parteirates sagte dem RND, eine Mehrheit sei derzeit nicht gesichert.

Rechtsexperten bezweifeln, ob der Gesetzentwurf wegen unverhältnismäßiger Grundrechtseingriffe mit dem Grundgesetz vereinbar ist. In Teilen der Bundestagsfraktion werden diese Bedenken geteilt. Die Abgeordneten Filiz Polat und Julian Pahlke haben sich bereits entsprechend geäußert.

Kuhle warnt die Grünen

Der Vize-Fraktionsvorsitzende der FDP, Konstantin Kuhle, hat die Grünen davor gewarnt, die geplanten neuen Abschieberegelungen im Bundestag abzulehnen. „Die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz sowie die aktuellen Vorhaben der Bundesregierung für leichtere Abschiebungen haben das Zeug zum Befreiungsschlag für mehr Ordnung und Kontrolle in der Migrationspolitik“, sagte Kuhle dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Eine zügige Umsetzung darf nicht an den Grünen scheitern.“ Die geplanten Vorhaben müssten noch in diesem Jahr ins Bundesgesetzblatt. „Wer nötige Reformen zur Reduzierung der irregulären Migration auf die lange Bank schiebt, setzt das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates aufs Spiel“, sagte Kuhle.

Das Bundeskabinett hatte im Oktober einen Gesetzentwurf für verbesserte Rückführungen beschlossen, die derzeit in vielen Fällen scheitern. Durch die Pläne soll die Polizei deutlich ausgeweitete Befugnisse bei Durchsuchungen und der Identitätsfeststellung von Betroffenen bekommen. Beamte sollen in Sammelunterkünften nicht nur die Zimmer der Betroffenen betreten dürfen, sondern auch andere Räume der Unterkunft, wenn der Verdacht besteht, dass Betroffene sich dort verstecken.

Zudem wird die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams von zehn auf 28 Tage verlängert, um den Behörden mehr Zeit für Abschiebungen zu geben. Ziel ist auch eine forcierte Abschiebung von Schleusern, Straftätern und Gefährdern.

Parteivorsitzende Lang kritisiert „Überbietungswettbewerb“ in der Migrationsdebatte

Grünen-Chefin Ricarda Lang hat einen „Überbietungswettbewerb“ bei der Aufstellung von Forderungen in der Migrationsdebatte kritisiert. „Ich würde sagen, wir fokussieren uns jetzt mal in der Debatte auf das, was am meisten bringt, vor allem für die Kommunen, die vor Ort umsetzen müssen − und nicht auf das, was am härtesten klingt“, sagte sie am Montag im Deutschlandfunk.

„Ich finde, dass wir manchmal eine Verschiebung innerhalb dieser Debatte erlebt haben, dass plötzlich das, was am allerhärtesten klingt, als am realistischsten ausgemacht wird, obwohl es eigentlich mit der Realität überhaupt nichts zu tun hat“, kritisierte sie.

„Ein Beispiel dafür ist die Obergrenzendebatte, die wir jetzt geführt haben über Wochen hinweg. Ich könnte hier zahlreiche andere nennen.“ Der grüne Kurs in der Migrationspolitik bestehe darin, Scheinlösungen zu benennen und bei pragmatischen Lösungen mitzugehen.

Ich glaube, uns als Grünen muss niemand erklären nach diesen letzten zwei Jahren, dass zur Politik der Kompromiss dazugehört, dass zur Demokratie der Kompromiss dazugehört.

Ricarda Lang, Parteivorsitzende von Bündnis 90/Grüne

Lang wies den Vorwurf aus der Union zurück, die Grünen seien nicht kompromissbereit genug. „Ich glaube, uns als Grünen muss niemand erklären nach diesen letzten zwei Jahren, dass zur Politik der Kompromiss dazugehört, dass zur Demokratie der Kompromiss dazugehört“, sagte sie.

„Wir haben in den letzten Jahren an vielen Stellen Entscheidungen getroffen. Ich möchte an die Waffenlieferungen an die Ukraine erinnern. Ich möchte an das schnelle Ausbauen der LNG-Terminals erinnern, wo wir über unseren eigenen Schatten gesprungen sind, weil die Realität es notwendig gemacht hat.“

CDU-Chef Friedrich Merz hatte am Wochenende im Deutschlandfunk gesagt: „Die Grünen müssen an die Wirklichkeit anschlussfähig bleiben.“ Sie müssten akzeptieren, dass sie Kompromisse machen müssten. Wenn sie dazu nicht bereit seien, habe die Union andere Optionen. Hintergrund ist die Entscheidung der hessischen CDU, mit der SPD statt mit ihrem langjährigen grünen Koalitionspartner Verhandlungen über eine Regierungsbildung aufzunehmen.

Kretschmann möchte irreguläre Migration eindämmen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat vor einer Aushöhlung des Asylrechts gewarnt, sollte die irreguläre Migration nicht eingedämmt werden.

Kretschmann möchte irreguläre Migration eindämmen

Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat vor einer Aushöhlung des Asylrechts gewarnt, sollte die irreguläre Migration nicht eingedämmt werden. „Man braucht doch kein Asylrecht, wenn jeder kommen und bleiben kann, wie er möchte. Wir müssen die irreguläre Migration begrenzen, sonst kommt das Asylrecht unter die Räder“, sagte der Grünen-Politiker der „taz“ (Montag). Dass die Grünen in Hessen aus der Regierung flögen, müsse seine Partei wachrütteln.

„Der Kurs in der Migrationspolitik ist da ganz entscheidend: runter von der Bremse bei der Eindämmung der irregulären Migration.“ Das Asylrecht dürfe nicht ausgehöhlt werden, sagte Kretschmann. „Humanität kann es nur in der Ordnung geben. Asyl heißt: Wer verfolgt wird, kann herkommen. Das heißt aber doch auch: Wer nicht verfolgt wird, kann eben über das Asylrecht nicht kommen.“

Wenn die Grüne Jugend jetzt eine Abschottung befürchte, könne man nur fragen: „Wo leben die denn? Wir haben gerade eine Million ukrainische Flüchtlinge aufgenommen, allein Baden-Württemberg hat doppelt so viele ukrainische Geflüchtete aufgenommen als Frankreich. Das ist das Gegenteil von Abschottung.“

Wenn der Staat nichts mache in der Migrationsfrage, entstehe der Eindruck, dass der Staat handlungsunfähig sei. „Das ist die allergefährlichste Botschaft überhaupt! Das treibt die Menschen zu den Rechten“, sagte Kretschmann. (AFP/dpa/Tsp)

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