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„Wieder führende Mittelmacht werden“: Merz strebt im Falle seiner Kanzlerschaft Deals mit Trump an
Der Kandidat der Union würde dem designierten US-Präsidenten „mit aufrechtem Gang und Klarheit begegnen“, sagt er. Der FDP macht er wie Söder wenig Hoffnung auf Unterstützung im Wahlkampf.
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Die Rückkehr des Republikaners Donald Trump ins Weiße Haus in Washington hat auch bei vielen im politischen Berlin Unbehagen ausgelöst, nicht wenige erwarten eine Zeitenwende im transatlantischen Verhältnis durch den Wahlsieg. Der Kanzlerkandidat der Union, Friedrich Merz, hat nun die Bundesregierung für ihren Umgang mit der US-Wahl scharf kritisiert.
Die Bundesregierung hätte sich auf Trumps Wiederwahl einstellen müssen. Stattdessen habe das Auswärtige Amt einseitig Partei für die Demokratin Kamala Harris bezogen. „Trump hat ein gutes Gedächtnis. Die gegenwärtige Bundesregierung wird bei der neuen Administration kein Gehör mehr finden. Scholz ist jetzt auch international eine lame duck“, sagte der CDU-Chef, dem „Stern“.
Der Unionsfraktionschef kündigte an, dem designierten US-Präsidenten auf Augenhöhe begegnen zu wollen und deutsche Interessen stärker zu vertreten, wenn er nach Neuwahlen Kanzler werde. „Wir müssen von einer schlafenden Mittelmacht wieder zu einer führenden Mittelmacht werden“, sagte Merz.
Es wird keine Zweistimmen-Hilfe von uns für die FDP geben.
Friedrich Merz, Kanzlerkandidat der Union und CDU-Chef
„Wir haben in Deutschland bisher nie wirklich unsere Interessen gut genug artikuliert und durchgesetzt, und das müssen wir ändern. Die Amerikaner sind da viel offensiver. Es soll ja nicht darauf hinauslaufen, dass nur eine Seite profitiert, sondern dass wir gute Verabredungen für beide Seiten treffen. Trump würde es einen Deal nennen.“
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Als Beispiel nannte Merz die Lieferungen von US-Kampfflugzeugen: „Machen wir es einmal konkret: Wir kaufen notgedrungen bei den Amerikanern F-35-Kampfjets, aber dann sollten sie bei uns gewartet werden und wir bekommen dafür auch die nötigen Werke. Das wäre für beide Seiten ein gutes Geschäft. Ich beobachte Trump, spreche mit vielen Leuten, die ihn sehr gut kennen. Die sagen mir: Du musst ihm mit aufrechtem Gang und Klarheit begegnen.“
Der CDU-Chef machte gleichzeitig deutlich, dass die FDP im anstehenden Bundestagswahlkampf nicht mit Schützenhilfe der Union rechnen könne. „Es wird keine Zweistimmen-Hilfe von uns für die FDP geben. Insbesondere bei dem gegenwärtigen Wahlrecht haben wir nichts zu verschenken“, sagte Merz.
Sollten die Liberalen – wie aktuell der Fall – nur bei vier Prozent liegen, wären es aus Sicht von Merz „vier Prozent zu viel für die FDP und verschenkte Stimmen“, die am Ende der Union fehlten. „Die FDP ist unser politischer Wettbewerber, wie alle anderen auch im demokratischen Spektrum der Mitte“, betonte Merz.
Das Parteiensystem ist nach den Worten des CDU-Chefs stark in Bewegung. Rein rechnerisch könnten schon 42 oder 43 Prozent der Wählerstimmen für eine absolute Mehrheit der Mandate reichen. „Aber davon sind wir noch ein gehöriges Stück weit entfernt“, sagte Merz.
Auch von Merz‘ Partner von der Schwesterpartei aus Bayern kommt Kritik an der FDP und vor allem ihrem Chef Christian Lindner. Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder kritisierte die Äußerungen Lindners, wonach er auch in einer neuen Bundesregierung wieder Bundesfinanzminister werden wolle.
Die einzige im Moment realistische Chance ist mit der SPD ohne Olaf Scholz.
Markus Söder, CSU-Chef und bayerischer Ministerpräsident
„Ich schätze Christian Lindner. Aber auch er hat in dieser Ampel viele Fehler gemacht“, sagte Söder der „Bild am Sonntag“. Er könne nur allen raten: Abstand nehmen, Zeit nehmen, Pause einlegen. „Eine Rückkehr ist nie ausgeschlossen. Aber einfach weitermachen – da bin ich skeptisch.“
Als möglichen Koalitionspartner nach einer vorgezogenen Bundestagswahl sehe er nur die SPD, sagte Söder weiter. „Die einzige im Moment realistische Chance ist mit der SPD ohne Olaf Scholz.“
Wie Merz pochte Söder darauf, dass der amtierende Kanzler in Kürze die Vertrauensfrage im Bundestag stellen müsse. „Wenn eine Regierung gescheitert ist, dann muss der Weg für Neuwahlen sofort freigemacht werden. Sonst entsteht der Eindruck, dass man aus dem Kanzleramt eine Wahlkampfzentrale bauen will.“ Das wäre für eine Demokratie unangemessen, sagte Söder.
Merz hatte dem Magazin gesagt, Scholz müsse nun die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. „Seine Regierungserklärung am Mittwoch wäre dafür eine gute Gelegenheit.“ Jeder Tag mit einer rot-grünen Minderheitsregierung sei „ein verlorener Tag für den notwendigen politischen Neuanfang“.
Scholz hatte am Mittwoch kurz nach Bekanntgabe der Entlassung von Bundesfinanzminister Lindner angekündigt, die Vertrauensfrage am 15. Januar stellen zu wollen. Angesichts der Forderungen aus der Union, dies bereits viel früher zu tun, hatte sich Scholz mit Blick auf den Termin dann aber gesprächsbereit gezeigt. Der Union bot er an, die Gespräche über den Termin mit der Einigung über noch zu verabschiedende Vorhaben zu verknüpfen.
Merz sagte dazu: „Darüber können wir sprechen, sobald Olaf Scholz im Deutschen Bundestag die Vertrauensfrage gestellt hat.“ Die Wahlen könnten „problemlos Ende Januar stattfinden“, im anstehenden Wahlkampf werde die Union die „Weihnachtsruhe“ einhalten.
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