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Theodor Weimer ist seit Januar 2018 Chef der Deutschen Börsen – und für seine deutlichen Meinungsäußerungen bekannt.

© Imago/Sven Simon

„Wir sind zum Ramschladen geworden“ : Börsenchef Weimer geißelt Wirtschaftspolitik – und geht Habeck an

Mit drastischen Worten äußert sich der Vorstandsvorsitzende über den Kurs der Regierung. Zum Vizekanzler sagt er: „Es ist eine schiere Katastrophe.“ Von Rechten bekommt Weimer viel Lob.

Stand:

Theodor Weimer ist seit Januar 2018 Chef der Deutschen Börse in Frankfurt am Main – und für seine deutlichen Meinungsäußerungen bekannt, wenn es um die Probleme der Wirtschaft im Land geht. Sein Auftritt bei einer Veranstaltung des Wirtschaftsrats Bayern, der bereits am 17. April stattfand, aber erst jetzt über die sozialen Medien große Wellen schlägt, ist auch für einen Mann seiner Position eher ungewöhnlich.

Weimer hielt dort eine Wutrede gegen die deutsche Wirtschaftspolitik – und nahm insbesondere Bundesminister Robert Habeck (Grüne) ins Visier.

Wir sind, ökonomisch gesprochen, auf dem Weg zum Entwicklungsland.

Theodor Weimer, Chef der Deutschen Börse Frankfurt am Main

Weimer sagte, er sei über Habeck anfangs noch „voller Begeisterung“ gewesen, dieser habe super zugehört. Nach seiner 18. Begegnung mit dem Vizekanzler könne er jedoch nur noch sagen: „Es ist eine schiere Katastrophe.“

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Weimer weiter: „Wir sind, ökonomisch gesprochen, auf dem Weg zum Entwicklungsland.“ Als Börsenchef sei er international viel unterwegs. Eines sei klar: „So schlecht wie jetzt war unser Ansehen in der Welt noch nie, noch nie.“

Er kenne mehr als die Hälfte der Dax-Chefs persönlich „und auf der Vornamensbasis“. Er wisse genau, was internationale Investoren über Deutschland sagten. Die Gespräche mit Investoren hätten „fatalistischen Charakter“, sie sagten: Wenn Deutschland so weitermache, werde man das Land „noch weiter meiden“.

Die Investoren würden in Gesprächen mit ihm nur noch den Kopf schütteln und ihn fragen: „Wo sind denn eigentlich, lieber Theodor, die deutschen Tugenden geblieben? Wir wissen nicht mehr, wie wir euch in Deutschland lesen sollen.“ Investiert würde in Deutschland nur noch, weil es so günstig sei. „Wir sind zum Ramschladen geworden.“

Die momentan hohen Dax-Werte seien nicht getrieben von Fundamentaldaten, sondern rein opportunistisch getrieben, weil so viel Geld da sei und die Leute sagten: Okay, in Deutschland legen wir auch noch an. „Fundamental sage ich: Was ihr macht, ist einfach bekloppt.“ Politisch werde überhaupt keine Führungsstärke mehr gezeigt. In der EU sei Deutschland der Verhinderer.

Unsere Migrationspolitik, ich will nicht zu politisch werden, wird allseits als vollkommen falsch empfunden.

Theodor Weimer, Chef der Deutschen Börse Frankfurt am Main

Der 64-Jährige beschränkte sich allerdings nicht auf reine Wirtschaftsthemen. „Unsere Migrationspolitik, ich will nicht zu politisch werden, wird allseits als vollkommen falsch empfunden“, sagte Weimer, der zum Jahresende als Vorstandsvorsitzender der Börse in Frankfurt am Main abtritt. Die Ausrichtung Deutschlands am „Gutmenschentum“ werde nirgendwo geteilt.

Weimer rügt Verteidigungsinvestitionen und Digitalisierung

Weimer geißelte zudem die deutschen Investitionen in die Verteidigung. „Verteidigung haben wir in einer Art verschlafen, das ist jetzt noch unglaublich.“ Zum 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr sagte er: „Wir wissen ja gar nicht, wie wir das Geld ausgeben sollen, jetzt geben wir es wieder falsch aus.“

Weimer polterte weiter: „Bei der Digitalisierung haben wir gar nichts hingekriegt.“ Er verwies zum Vergleich auf zum Beispiel Estland, wo man seine Steuererklärung in drei bis fünf Minuten online machen könne.

Ein Video der gesamten Veranstaltung „Wie holen wir mehr Investitionen nach Deutschland und Bayern?“ steht schon seit Mai bei Youtube, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Am Freitag wurde dann ein Clip nur mit der Rede Weimers online gestellt.

AfD zeigt sich erfreut über Weimers Auftritt

In den sozialen Medien erhält Weimer seitdem viel Zuspruch, andere kritisieren seinen Auftritt und vor allem seine Wortwahl. Der Börsenchef betreibe Alarmismus, heißt es unter anderem. Gerügt wird auch, dass Weimer pauschal den Standort Deutschland und die Politik allgemein attackiere.

Aber vor allem in Kreisen der AfD zeigt man sich erfreut. Beatrix von Storch, stellvertretende AfD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, schreibt auf der Plattform X: Weimer spreche die Dinge an, die schiefliefen.

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Der AfD-Politiker Manfred Schiller vom AfD-Kreisverband Weiden-Neustadt-Tirschenreuth schreibt auf X, Weimer bestätige mit seiner Rede „die Einschätzung und die Warnungen“ der AfD. Auch die AfD Sachsen postete einen Ausschnitt der Rede und ruft zum Teilen auf.

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Der „Spiegel“ weist darauf hin, dass sich Weimer noch im Februar in einem Interview mit der „Financial Times“ äußerst besorgt über die Stärke der in Teilen als rechtsextremistisch eingestuften Partei geäußert hatte.

„Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem die Frage, ob man hier willkommen ist oder nicht, davon abhängt, wo die Großeltern geboren wurden“, sagte der Börsen-CEO demnach damals. Auch Geschäftsleute wie er hätten die Aufgabe, „Freiheit und Demokratie zu verteidigen“. Der Erfolg einer Partei wie der AfD sei für Deutschland und Europa als Finanzplatz fatal.

Bei der Veranstaltung in Bayern gab es zu diesem Punkt eine Frage aus dem Publikum. Zuletzt habe er immer wieder gehört, dass einer der Gründe für die Investitionsverdrossenheit von Unternehmern der Aufstieg der Rechtspopulisten sei, so der Gast. „Die Frage ist: Sehen Sie das wirklich als Problem?“

Weimer antwortete: „Ganz klare Antwort: Dass es da Rechtspopulisten gibt, ist momentan für uns Profis kein Thema, weshalb wir nicht investieren. Wir gucken da tiefer.“

Wie das Magazin schreibt, soll es sich bei dem Fragesteller um den AfD-Landespolitiker Jurij Kofner handeln. Auf seiner Homepage präsentiert sich der Mann aus Bayern als Ökonom und Referent für Wirtschaft, Energie und Digitales. Sein Facebook-Profil zeuge von Verbindungen nach Russland. Im Herbst nahm er demnach an einem Treffen des Valdai-Clubs in Sotschi teil, wo er sich unter anderem mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ablichten ließ.

Weimers Auftritt kommentierte der Rechtspopulist auf Youtube, so der Bericht weiter. Der Aufstieg der AfD sei für Dax-Konzerne und ausländische Investoren kein Standortrisiko. Das habe ihm schließlich der Börsenchef persönlich „klipp und klar“ bestätigt.

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