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Frankreichs Präsident Macron beim EU-Bürgerdialog in den Vogesen Mitte des vergangenen Monats.

© REUTERS

Zukunft der EU: Berliner Pflichtübung

Für den französischen Präsidenten Macron spielt der Austausch mit den Bürgern eine entscheidende Rolle für seine Erneuerungsbewegung. Die Bundesregierung geht die EU-Bürgerdialoge eine Nummer kleiner an.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron prescht in der Europapolitik voran, während Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) irgendwie zu folgen versucht. Was für die großen EU-Themen wie die Reform der Euro-Zone gilt, wird auch im Kleinen sichtbar – bei den so genannten EU-Bürgerdialogen.

Macron hatte bereits im September des vergangenen Jahres bei einer Rede in Athen angeregt, dass in „demokratischen Konventen“ europaweit die Bürger ihre Meinung zum Zustand der EU kundtun sollen. Die Ergebnisse der Konsultationen sollen anschließend nach der Vorstellung Macrons in die politische Praxis einfließen. Schon im vergangenen Herbst begegnete die Bundesregierung dem Erneuerungselan des französischen Staatschefs eher zurückhaltend. So erklärte der damalige Außenminister Sigmar Gabriel (SPD), dass Deutschland eigentlich keinen Nachholbedarf habe, wenn es um den direkten Austausch zwischen Politikern und Bürgern über die EU geht.

Merkel: Die EU darf kein Elitenprojekt sein

Macron ließ sich aber davon nicht beirren. Der 40-Jährige eröffnete im vergangenen Monat die französischen Bürgerdialoge zu Europa. Auch in Deutschland will die Bundesregierung nun nachziehen. Wie Vizeregierungssprecherin Martina Fietz am Freitag ankündigte, sind im Bundesgebiet bis zum Herbst Dialogveranstaltungen geplant, die sich mit der EU befassen. Zum Auftakt will die Kanzlerin am kommenden Montag das Gespräch mit Schülern in einem Berliner Oberstufenzentrum suchen. Die EU dürfe „kein Elitenprojekt“ sein, hatte Merkel bei ihrem letzten Treffen mit Macron in Berlin vor zwei Wochen erklärt.

Grünen-Politikerin Brantner spricht von einer "Pflichtübung"

Die europapolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Franziska Brantner, ist allerdings der Auffassung, dass die Bundesregierung mit der Umsetzung der von Macron angestoßenen EU-Bürgerdialoge lediglich eine „Pflichtübung“ erfülle. „Die Dialoge werden organisiert, weil die Bundesregierung Macron nicht alles abschlagen will“, sagte sie dem Tagesspiegel. Dies könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Berlin angesichts der europapolitischen Reformwünsche des französischen Staatschefs „auf der Bremse“ stehe.

Laudatio für Macron - aber kein längeres Vier-Augen-Gespräch

Am kommenden Donnerstag wird Macron wegen seiner europäischen Verdienste in Aachen mit dem Karlspreis gewürdigt. Merkel wird die Laudatio halten. Ein längeres Vier-Augen-Gespräch der beiden ist aber nicht vorgesehen.

Die Kanzlerin und der französische Staatschef verfolgen indes unterschiedliche Ansätze, wenn sie im Gespräch mit den Bürgern herausfinden wollen, wo diese bei der EU der Schuh drückt. Während die Bundesregierung die Bürgerdialoge mit dem ohnehin schon bekannten Format des alljährlich bundesweit in Schulen stattfindenden EU-Projekttages einleitet, betritt Macron neues politisches Terrain. Für den Auftakt der Dialoge suchte er sich die Stadt Epinal in den Vogesen aus. Dort schnitt der rechtsextreme Front National bei der Präsidentschaftswahl vor einem Jahr stark ab.

Zudem versucht Macron mit seiner Werbetour für Europa die Methode des Straßenwahlkampfs wiederzubeleben, mit der seine Bewegung „En Marche“ erfolgreich war. Vor einigen Wochen startete die Regierungspartei „La République en Marche“ in Frankreich einen „großen Marsch für Europa“. Mitte Mai soll die Kampagne der Macron-Anhänger beendet sein. Nach Angaben der Regierungspartei haben die Aktivisten bei ihrem Europa-Marsch bislang mehrere zehntausend Haustürgespräche über das Für und Wider der EU geführt.

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