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Brandenburg: 269 Euro für ganze 10 Kilometer

Betrügerische Taxifahrer in Berlin vor Gericht

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Berlin - Als die unverschämten Summen aufgelistet wurden, ging ein Raunen durch die Reihen der Zuhörer. 196 Euro statt 22 Euro, 96 Euro für eine 16-Euro-Fahrt in die Innenstadt, schließlich 269 Euro für eine Fahrt von 10 Kilometern, obendrein Schwindeleien mit dem Wechselgeld, Bedrohungen von Fahrgästen, sogar Raub. Es geht um eine mutmaßliche Serie von Abzocke am Flughafen Tegel. Dort soll Taxifahrer Talip M. abseits der offiziellen Haltestellen gelauert und ahnungslose Fahrgäste ausgenommen haben.

22 Vorfälle zwischen März 2012 und Mai 2013 werden dem Mann aus Wedding zur Last gelegt – und vor dem Amtsgericht ist die Welt zu Gast. Aus Mexiko, Argentinien, Finnland, Frankreich, Spanien und der Schweiz stammen Opfer, manche auch aus Berlin. M. empfing sie freundlich. Doch er habe auf Betrug gesetzt, so die Anklage. Einem Mexikaner, der sich mit deutschen Preisen nicht auskannte, soll er gar 400 Euro für etwa zehn Kilometer abgeknöpft haben. Der Mann blieb mit einer Quittung über 2,69 Euro zurück.

Talip M., ein türkischstämmiger Mann von 48 Jahren, verbarg sein Gesicht hinter einer Akte, als er vorbei an mehreren Kameras in den Saal lief. Als Beruf gab er Taxifahrer an. „Im Moment arbeitslos“, schob der dreifache Familienvater nach. Wovon er derzeit lebt, verriet er nicht. Als die erste Zeugin kam, sah er zur Seite. Die 83-Jährige büßte 200 Euro ein. „In bester Selbstbedienung griff er nach meinem Portemonnaie“, sagte die Dame aus Charlottenburg. Ein Verwirrspiel habe der Taxifahrer angezettelt: Er wollte 34 Euro, sie gab einen 50-Euro-Schein. „Das ist zu wenig“, konterte er und log, es sei nur ein 10-Euro-Schein gewesen. Sie regte sich auf. Er blaffte: „Sind Sie krank?“ Irgendwie, so die Zeugin, habe er ihr noch einen Hunderter aus der Tasche gezogen. Rasant sei er verschwunden – mit offener Kofferraumklappe. So war das Kennzeichen verdeckt.

Es verwundert, dass ein Mann wie M. überhaupt eine Taxi-Lizenz hat. Immerhin muss man für diesen Schein ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. M. war seit den 1990er-Jahren mehrfach bestraft worden, zuletzt 2010 wegen versuchter Körperverletzung und Betrugs.

Vermehrt gingen Beschwerden über Abzocke am Flughafen Tegel ein. Auch Petra M. aus Hamburg hatte Anzeige erstattet. Satte 67 Euro für eine Fahrt in die Bleibtreustraße sollte sie zahlen. Die Ärztin gab einen Fünfziger. Der Taxifahrer aber: „Das war ein 5-Euro-Schein.“ Wie in anderen angeklagten Fällen gab es ein Hin und Her. 120 Euro war die Ärztin am Ende los.

Weitere Opfer berichteten davon, dass sie in einer dunklen Straße abgesetzt worden seien. Wer nicht zahlen wollte, habe sein Gepäck nicht erhalten. Der Prozess geht Freitag weiter. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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