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Ärztemangel und Pflegenotstand: Wie Brandenburgs Parteien die Gesundheitsversorgung sichern wollen
Bald werden in der Mark 10.000 Pflegekräfte fehlen. Besonders auf dem Land gibt es schon heute viel zu wenige Ärzte. Was Parteien in ihren Programmen zur Landtagswahl dagegen setzen.
Stand:
Rund 185.000 Pflegebedürftige gab es Ende 2021 in Brandenburg, Tendenz steigend. Bis 2030 fehlen mindestens 10.000 Pflegekräfte. Das Land gibt jährlich 20 Millionen Euro für den Pakt für Pflege aus. Land und Bund investieren knapp vier Milliarden Euro bis 2038 in die neue Medizinische Universität Lausitz in Cottbus. Die Medizinische Hochschule Brandenburg (MHB) als nicht staatliche Hochschule wird jährlich mit 6,6 Millionen Euro gefördert.
Es fehlen Hebammen, Kreißsäle müssen temporär schließen. Das Land gibt jährlich 110 Millionen Euro für Investitionen an Krankenhäuser – plus jüngst 95 Millionen Euro aus dem Brandenburg-Paket. Etliche Kliniken kämpfen gegen finanzielle Engpässe. Landarztpraxen finden keine Nachfolger. Helfen soll das eingeführte Landärztestipendium.
SPD
Die SPD will Krankenhäuser jährlich mit 200 Millionen Euro fördern und Kommunen bei der hausärztlichen Versorgung helfen. Gegen den Ärztemangel will die SPD das Gemeindeschwester-Programm für alle Versicherten ausbauen und Abschlüsse ausländischer Mediziner schneller anerkennen – letzteres wollen auch CDU, Grüne, FDP und die Freien Wähler. Alle Parteien wollen die Brandenburger Krankenhäuser erhalten und das Landärztestipendium fortführen.
Der Pakt für Pflege soll fortgeführt, in Pflege- und Gesundheitsschulen mehr investiert sowie die Nachbarschaftshilfe unter Zahlung eines Entlastungsbetrags ausgebaut werden. Bei den Pflegeplatzkosten will die SPD neben der Reform der Pflegeversicherung auf Bundesebene „die Eigenbeteiligung der Gepflegten senken, indem wir einen höheren Anteil an den Investitionskosten als Land übernehmen“.
CDU
Dem Ärztemangel will die CDU mit einem auf Zahnmedizin ausgeweiteten Landärztestipendium, neuen akademisierten Berufsfeldern wie Advanced Practice Nurse, Gemeindeschwestern und den neuen Studiengängen Pharmazie und Zahnmedizin begegnen. Die CDU fordert ein kommunales Zuschussprogramm, um Gemeindeland für Praxen bereitstellen oder Medizingeräte anschaffen zu können.
Neben dem Pakt für Pflege sollen die Digitalisierung vorangetrieben, pflegende Angehörige mehr unterstützt, Pflegeausbildungen frühzeitig beworben und Pflege- und Therapiewissenschaften an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gestärkt werden.
Bündnis 90 / Die Grünen
Die Grünen setzen sich für psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und mehr ambulante Psychotherapie ein. Sie wollen die Privatisierung von Krankenhäusern stoppen, Krankenhausbetreiber zur Investition von Gewinnen verpflichten, die Investitionspauschale auf 200 Millionen Euro pro Jahr erhöhen und das Programm „Green Care and Hospital“ für Klimaanpassungsmaßnahmen fortsetzen.
In die Pflege setzen die Grünen auf weniger Wochenarbeitsstunden, kostenfreie Fortbildungen für pflegende Angehörige und mehr Kurzzeitpflegeplätze. Defibrillatoren sollen flächendeckend gefördert werden.
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AfD
Die AfD fordert mehr Plätze für Landärztestipendien, höhere Zuschüsse für Niederlassungen auf dem Lande und eine „genaue Prüfung“ ausländischer Medizinabschlüsse. Rettungsdienste sollen durch Privatunternehmen unterstützt werden und eine Neupatientenregelung Zugang zu Arztpraxen sichern. „Mit uns wird es keine Impfpflicht geben.“
Jede Schwangere soll einen Kreißsaal in 40 Minuten erreichen können, vor Abtreibungen soll besser beraten werden. Dem Pflegekräftemangel entgegenwirken sollen Stipendien für Absolventen sowie Lohnersatzzahlungen für pflegende Angehörige. Die AfD will „der deutschen Sprache mächtige Pflegekräfte“ einsetzen und Risikogruppen wie Schwangere und Kinder vor veganer Ernährung warnen.
Linke
Die Linken wollen regionale Klinik-Verbünde mittels Landeskrankenhausgesellschaft in die öffentliche Hand zurückholen. Sie setzen sich für Hebammen geleitete Kreißsäle, mehr Psychotherapieplätze, das Landarztstipendium, eine rollende Arztpraxis sowie flächendeckend Gemeindeschwestern ein. Es soll nur noch eine Kranken- und Pflegeversicherung geben, in die alle einzahlen. Die Linken wollen einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag für Pflege-, Gesundheits- und Sozialberufe.
BVB/Freie Wähler
BVB/Freie Wähler wollen das Landärztestipendium intensivieren, Förderung zu Praxisneugründungen oder -übernahmen im ländlichen Raum fortsetzen, die medizinische Ausbildung vom Schulgeld befreien und den Studiengang Pharmazie in Cottbus etablieren. Gemeindeschwestern sollen die medizinische Grundversorgung sichern. BVB/ Freie Wähler fordern in der Kindergesundheit mehr Zahnarztkontrollen und mehr Aufklärung über Tabak-, Alkohol- und Drogenkonsum.
Bündnis Sahra Wagenknecht
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) fordert „ein Verbot (…), Gewinne aus Gesundheitsversorgung zu erzielen“ und eine kommunale Trägerschaft oder Trägerschaft der Freien Wohlfahrtspflege für Krankenhäuser, medizinische Versorgungszentren und für Pflegeeinrichtungen. Das BSW wirbt für Gemeindeschwestern und Polikliniken, für eine tarifliche Bezahlung im Gesundheitswesen und ein gemeinsames Terminverwaltungssystem von Haus- und Fachärzten.
„Der Eigenanteil der Heimbewohner darf die Brandenburger Durchschnittsrente nicht übersteigen.“ Die neue Partei will „eine solidarische Pflegevollversicherung als ersten Teil einer Bürgerversicherung, in die alle Bürger einzahlen“.
FDP
Die FDP setzt sich für digitale Hilfsmittel in der Pflege sowie mehr Kassensitze für Psychotherapeuten ein. Brandenburg soll zur „Modellregion für psycholytische Therapie mit den Substanzen LSD, MDMA, Psilocybin und Meskalin für medizinische und therapeutische Zwecke“ werden. Die Partei fordert Darlehen für Medizinstudierende, die für in Brandenburg Tätige teils oder ganz erlassen werden. In der Pflege will die FDP pflegende Angehörige unterstützen und Anreize für den Wechsel von Teil- in Vollzeit.
Was Akteure vor Ort zu Ärztemangel und Pflegenotstand in Brandenburg sagen, lesen Sie in dieser Reportage.
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